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Das Tor ins Nichts

Titel: Das Tor ins Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Mal gesehen hatte, damals in der Halle des Hotels, und jener seltsame Schauer, der mich überlief, als ich sie berührte, hätte mir die Augen öffnen müssen. Sie war wie ich. Wir waren uns ähnlich, vielleicht sogar ähnlicher, als selbst DeVries ahnte. Pri trug in sich die gleiche Macht wie ich, nur wußte sie selbst noch nichts davon. Sie war ein medial begabter Mensch, eine Hexe, so wie ich ein Magier war.
    DeVries mußte sie zu sich genommen haben, als sie noch ein kleines Kind gewesen war. Er hatte darauf geachtet, daß sie bis auf den heutigen Tag nichts von ihrer wahren Abstammung und ihrer unheimlichen Begabung erfahren hatte, aber er hatte auch gleichzeitig geschickt dafür Sorge getragen, ihre Kräfte zu schulen, um sie im richtigen Moment für seine Zwecke einzusetzen: Er ließ sie an der Miskatonic Universität in Arkham studieren, dem vielleicht einzigen Ort auf der Welt, an dem ihre außergewöhnlichen Kräfte nicht beschnitten, sondern im Gegenteil behutsam gehegt und gepflegt wurden, freilich ohne daß sie selbst davon auch nur etwas ahnte. Es war so, wie mein alter Freund H. P. einmal zu mir gesagt hatte: Alle Magie und alles verbotene Wissen nutzten nichts ohne das mächtigste magische Werkzeug: den menschlichen Geist. Priscillas Geist.
    All das hatte ich Pri bei unserem vereinbarten Treffen am nächsten Tag erzählen wollen, hatte sie warnen wollen, damit sie sich und uns nicht blind ins Unglück stürzt, aber nun war es zu spät. Ich war sicher, daß DeVries mich töten würde.
    Schließlich hatte er es oft genug versucht.
    Ich schätzte, daß eine halbe Stunde vergangen war, ehe sich die Tür meines Gefängnisses öffnete und eine Gestalt hereinkam, die ich gegen das ungewohnte grelle Licht nur als Schattenriß erkennen konnte. Der Mann machte sich eine Weile an meinen Hand und Fußgelenken zu schaffen, etwas klickte, und die dünnen Metallketten fielen zu Boden. Grob wurde ich auf die Füße gezerrt und aus dem Zimmer gestoßen.
    Draußen warteten DeVries und zwei seiner Männer auf mich.
    Sie waren jetzt unbewaffnet, aber ich versuchte trotzdem nicht, mich zu wehren. Immerhin waren die Templer zu dritt, und unter ihren weitgeschnittenen schwarzen Gewändern konnten sie noch immer genug Mordinstrumente bereithalten, um mit einem aufsässigen kleinen Gefangenen fertig zu werden.
    DeVries lächelte mir zu, als ich taumelnd vor ihm zum Stehen kam. »Ich hoffe, Sie haben sich gut erholt, Mister Craven«, sagte er freundlich. »Sie werden all Ihre geistigen Kräfte brauchen, wissen Sie?« Er lachte glucksend und machte eine auffordernde Handbewegung. »Kommen Sie, Mister Craven.
    Ich möchte Ihnen etwas zeigen.«
    »Ich will es nicht sehen«, antwortete ich. Aber ich folgte ihm trotzdem welche andere Wahl hatte ich schon?
    Wir gingen den Gang entlang und betraten einen schmalen, muffig riechenden Treppenschacht, der in engen Spiralen wie ein versteinertes Schneckenhaus nach unten führte. Die Fackeln, mit denen uns die zwei Templer leuchteten, warfen bizarre schwarze Schatten auf die niedrige Decke, und der Anzahl der Stufen, die wir hinabstiegen, nach zu schließen, mußten wir uns tief in den Kellergeschossen des Tempels befinden, als die Treppe schließlich vor einer massiven, aus schweren Eichenbohlen gefertigten Tür endete.
    DeVries hob die Hand und murmelte ein einzelnes, düster klingendes Wort, und die Tür schwang lautlos auf. Nicht, daß mich dieses Kunststück in irgendeiner Weise beeindruckte
    aber es zeigte mir mit schmerzhafter Deutlichkeit, daß DeVries wirklich eine Menge über Magie gelernt hatte. Viel mehr als ich.
    »Bitte, mein Freund«, sagte DeVries, indem er sich zu mir umwandte. »Treten Sie ein.«
    Ich war ein wenig überrascht, als ich bemerkte, daß seine beiden Begleiter hinter uns zurückblieben. DeVries schien sich ziemlich sicher zu fühlen, obgleich ich keine Sekunde lang daran zweifelte, diesen schmal gebauten alten Mann überwältigen zu können. Trotzdem machte er keinerlei Anstalten, seine Wächter nachzuholen, sondern trat an mir vorbei und schloß die Tür, so daß wir allein im Raum waren. Dann hob er die Arme und klatschte dreimal hintereinander rasch in die Hände, und in der gleichen Sekunde glomm ein mattes, grünes Licht auf.
    Ich war so überrascht, daß ich für ein paar Sekunden sogar zu atmen vergaß.
    Der Raum war gewaltig. Es war ein riesiges, sicherlich zehn Yard hohes Gewölbe, das sich unter dem gesamten Gebäude hinziehen mußte. Auf dem Boden,

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