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Das Tor ins Nichts

Titel: Das Tor ins Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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halbe Handbreit tief in seinen Schädel hinein, traf auf Widerstand und bog sich durch, als ich noch einmal mit aller Macht nachstieß.
    Ein heller, peitschender Laut erscholl. Blaue Funken sprühten aus dem Riß in Eisenzahns Schädel, und plötzlich lief ein hauchdünner blauweißer Blitz in einem rasenden Zickzack über die Klinge meines improvisierten Degens und verschwand in meiner Hand.
    Ein gräßlicher Schmerz zuckte durch meinen Arm. Ich spürte, wie der elektrische Schlag mein Herz zu lahmen drohte, prallte zurück und versuchte, den Eisendraht loszulassen, aber es ging nicht. Ich bekam keine Luft mehr. Meine Finger klebten unverrückbar an dem rostigen Drahtbügel fest, und aus Eisenzahns Schädel zuckten noch immer dünne, fein verästelte Blitze aus blauweißem Feuer. Ich taumelte, fiel auf die Knie und sank wie in einer grotesken Verbeugung vor dem Maschinenmenschen zu Boden. Erst dann gelang es mir endlich, meine Hand loszureißen.
    Es war vorbei, ehe ich zu Boden stürzte. Ein letzter, grellblauer Blitz zuckte aus Eisenzahns Schädel, dann verstummte das schrille Wimmern, und aus seinen Ohren, dem Mund und der Nase kräuselte sich dünner, graublauer Rauch. Das mörderische Feuer in seinem unversehrt gebliebenen Auge erlosch.
    Langsam, wie eine stürzende Eiche, die tausend Jahre lang Wind und Sturm getrotzt hatte und sich jetzt mit aller Macht gegen das Ende wehrte, kippte Eisenzahn nach hinten, schien einen Moment lang schwerelos, wie von unsichtbaren Fäden gehalten, dazustehen und fiel schließlich mit einem Krachen zu Boden, das noch drei Blocks weiter zu hören sein mußte.
    Eine grellblaue Funkenexplosion zerfetzte seinen Schädel.
    Kleine, orangerote Flammen züngelten aus seiner Brust und erloschen wieder.
    »Bravo«, sagte eine Stimme hinter mir. »Sehr beeindrukkend, wirklich.« Ein leises KlippKlapp erscholl, ein Geräusch, als klatsche jemand Beifall.
    Und genau das war es auch, wie ich erkannte, als ich mich langsam herumdrehte. Mijnheer DeVries stand am Ende der Gasse, jetzt nicht mehr in ein albernes Kreuzrittergewand, sondern einen schwarzen Maßanzug gekleidet, und applaudierte mir spöttisch lächelnd.
    Ich kann allerdings nicht behaupten, daß ich mich dadurch sehr geschmeichelt gefühlt hätte. Ich war im Moment viel zu sehr damit beschäftigt, mir in Gedanken auszurechnen, welche Chancen ich wohl mit meinem Kleiderbügel gegen die beiden Gestalten hätte, die rechts und links von DeVries standen und mit handlichen kleinen Maschinenpistolen auf mich zielten …

    DeVries’ Wagen parkte auf der anderen Seite der Gracht, fast genau an der Stelle, an der der Taxifahrer mich abgesetzt hatte, aber außerhalb des trüben Lichtkreises, den die einsame Straßenlaterne warf. Trotzdem erkannte ich ihn natürlich wieder: Es war die schwarze MercedesLimousine, die auch Pri am Tage zuvor benutzt hatte. Der eingedrückte Kotflügel war repariert worden, und auch den zerbrochenen Scheinwerfer hatte man bereits ausgetauscht. Selbst der Lack glänzte wie neu.
    DeVries bemerkte meinen prüfenden Blick und lächelte.
    »Keine Angst ich trage Ihnen die paar Kratzer nicht nach«, sagte er. »Wie Sie sehen, habe ich den Schaden bereits behoben. Ich verstehe mich ein wenig auf technische Dinge, müssen Sie wissen.«
    »Das habe ich bemerkt«, antwortete ich mit einem säuerlichen Blick über die Schulter zurück. Zwei von DeVries’
    Männern waren dabei, das zusammenzulesen, was von Eisenzahn übriggeblieben war; ein dritter stützte Frans, der zwar bei Bewußtsein war, aber kaum in der Lage zu sein schien, aus eigener Kraft zu gehen.
    Der vierte und letzte Templer folgte DeVries und mir in zwei Schritten Abstand. Ich mußte mich nicht herumdrehen, um zu wissen, daß die Maschinenpistole in seiner Hand noch immer auf meinen Rücken zielte. Aller Schwarzen Magie zum Trotz schien DeVries nicht auf die Errungenschaften der modernen Waffentechnik verzichten zu wollen.
    DeVries öffnete den Wagenschlag und machte eine auffordernde Geste. »Ich sollte Ihnen eigentlich böse sein, mein Freund«, sagte er spöttisch. »Sie haben einen meiner zuverlässigsten Mitarbeiter eliminiert, wissen Sie das?« Er seufzte.
    »Aber andererseits haben Sie mir dafür einen wirklich dramatischen Kampf geliefert. Und so schlimm ist es nun auch wieder nicht. Ich bin jederzeit in der Lage, mir weitere solcher Diener zu konstruieren.«
    »So?« sagte ich böse. »Aus welchem Forschungslaboratorium haben Sie die Pläne

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