Das Tor nach Andoran (German Edition)
töten, wir haben ihnen doch nichts getan.« Leise, fast unverständlich antwortete Sevina. »Diese Kreaturen sind die Helfer des schwarzen Barons, welcher sich der uns innewohnenden Magie bemächtigen will. Er wird nicht eher ruhen, bis er auch das Letzte von uns getötet hat, oder was noch schlimmer ist, in seiner Festung gefangen gehalten wird. Warum glaubst du lässt er uns von seinen Leuten so hetzen? Ein erschöpftes Einhorn kann seine Magie nicht mehr einsetzen, weil es sie sonst umbringen würde.«
Riana bebte am ganzen Körper bei der Vorstellung an das Schicksal, das ihrer Herde drohte. Währenddessen sprach Servina weiter, um Riana vom schwarzen Baron zu berichten.
»Der Baron ist eine grausame machtbesessene Kreatur. Vor langer Zeit war er einer von uns, daher kennt er jede unserer Stärken, aber leider auch unsere Schwächen. Doch ich werde nicht zulassen, dass er dich in seine Fänge bekommt.«
Servinas Stimme vibrierte, als sie fortfuhr.
»Kisho wurde in unserer Herde geboren, doch sein pechschwarzes Fell machte ihn zu einem Außenseiter. Selbst sein Vater Alron brachte ihm keine Liebe entgegen, weil Welina seine Mutter bei seiner Geburt ins jenseitige Reich einging. Sein schwarzes Fell gab immer wieder Anlass zu Reibereien unter den Jungtieren, die ihn ständig deswegen hänselten.
Eines Tages geriet Kisho so in Wut, dass er ein Mitglied der Herde tötete. Nach langer Beratung mit den Ältesten sprach der Anführer das Urteil über Kisho, der wegen seiner abscheulichen Tat aus der Herde ausgestoßen wurde. Bevor Kisho jedoch die Herde verließ, sprach er eine tödliche Drohung aus in der er ankündigte, alle Einhörner zu vernichten.« Servina machte eine kurze Pause um ihre Worte auf Riana wirken zu lassen, dann beschrieb sie die vergangenen Ereignisse weiter.
»Kisho ging in die Welt der Menschen hinaus und nahm deren Gestalt an. Einhörner können für einen bestimmten Zeitraum jede beliebige Gestalt annehmen, je nach ihrer magischen Stärke. Doch irgendwann müssen sie wieder ihre wahre Form annehmen. Kisho Stärke scheint sehr groß zu sein, denn er nahm auf Dauer das Aussehen eines Menschen an.«
Servina stupste Riana sachte in die Flanke. »Steh auf Tochter uns bleibt nicht mehr viel Zeit,« befahl sie eindringlich und Riana erhob sich mit zitternden Beinen.
Riana folgte Servina, die sich an den Rand der kleinen Senke begab. Dort stieß ihre Mutter einen lang gezogenen Pfiff aus, der die ruhenden Einhörner aufschreckte. Die Mitglieder der Herde hoben ihre Köpfe und sahen ihre Führerin an. »Brüder, Schwestern bündeln wir die uns verbliebene Kraft, um Riana vor diesen Kreaturen zu retten,« rief sie ihnen zu.
Mühsam erhoben sich die Einhörner und näherten sich Mutter und Tochter.
»Was hast du vor Mutter,« fragte Riana ängstlich, die bemerkte, wie die Mitglieder der Herde einen Kreis um sie zu bilden begannen.
»Ich bringe dich an einen Ort, wo du vor den Jägern des Barons sicher bist. An diesem Ort gibt es Menschen, in deren Legenden wir vorkommen. Sei vorsichtig im Umgang mit ihnen und halte dich nach Möglichkeit fern von ihnen. Auch unter ihnen gibt es welche, die nach magischem Wissen hecheln, wie die Hunde der Jäger nach ihrer Beute. Aber die größte Gefahr droht dir von den Suchern des Barons. Sie könnten dir dorthin folgen. Die Sucher sind Kishos beste Männer, was das Auffinden und Verfolgen betrifft. Sie werden nicht eher ruhen, bis sie dich aufgespürt und in Fesseln vor Kisho zerren können. Aber keine Angst meine kleine Riana, ich sorge dafür, dass dich nicht jeder gleich erkennt.«
Über Riana bildete sich ein kuppelförmiger Lichtbogen, der sich auf das junge Einhorn herabzusenken begann. Riana von einer rätselhaften Beklemmnis befallen sträubte sich gegen die Entscheidung, die ihre Mutter zu treffen im Begriff war und Riana rief flehend Servina zu.
»Mutter ich will bei dir bleiben.«
Die Antwort Servinas kam als leises Flüstern durch die heller erstrahlende Erscheinung, die nun den Boden berührte.
»Du bist alles was wir noch haben, unsere letzte Hoffnung, und ich sorge dafür, dass du überlebst. Selbst wenn ich sterbe, werde ich immer bei dir sein und über dich wachen. Kehre erst zurück, wenn der schwarze Baron dir nicht mehr schaden kann. Sei stark meine Tochter.«
Verzweifelt versuchte Riana den Lichtbogen verlassen, doch ihre Beine ließen sich nicht bewegen. Sie schien auf der Stelle festzukleben. Riana erfasste ein ungeheuer Sog, der
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