Das Tor zur Ewigkeit: Historischer Roman (German Edition)
schwankte. Konnte sie denn niemandem in ihrem Haus mehr vertrauen? »Was hast du getan?«, fragte sie mit ersterbender Stimme.
»Ich war es, der Euren Freund Quickhands verriet und an den Galgen brachte«, gab Randal mit gesenktem Kopf zu.
»Du hast Nigel …?« Randals Eingeständnis entzog ihr endgültig den Boden unter den Füßen. »Warum? Was hat er dir getan?« Sie sank auf die Bank am Tisch und stützte den Kopf in die Hand.
»Er … er hat die Werkstatt von Merildas Vater gekauft und sie nicht mir verpachtet, sondern Euch überlassen. Als ich erfuhr, dass er der Mann war, der den König beraubt hatte, hoffte ich, sie zurückzubekommen. Da der Besitz eines Verurteilten an den König fällt und eine Belohnung auf Quickhands’ Kopf ausgesetzt war, hoffte ich, man werde mir die Gießerei überlassen. So hätte sich mein Traum endlich erfüllt.« Er sah Catlin an, als müsse sie ihn verstehen. »Ich konnte doch nicht wissen, dass Euer Freund Haus und Werkstatt auf Euren Namen gekauft hatte und somit alles vergeblich war.«
»Du hättest uns auf die Straße werfen lassen.«
»So wie man uns auf die Straße geworfen hat, ja!«
»Gib zu, dass du auch John auf dem Gewissen hast«, sagte Catlin matt.
»Nein, Meisterin! Niemals hätte ich die Hand gegen ihn erhoben! Trotzdem fühle ich mich schuldig …« Er schüttelte beschämt den Kopf. »Ich habe Flint unterschätzt.«
»Flint?« Catlin sah ihn geringschätzig an. »Schon wieder Flint! Aber der hat John nicht getötet. Er kann es nicht gewesen sein, denn er war hier bei mir!«, fuhr Catlin ihn aufgebracht an.
»Einen Mörder hat er gedungen, um John aus dem Weg zu schaffen. Der Mann wollte auf diese Weise seine Spielschulden tilgen. Ihm war nichts geblieben, womit er Flint hätte zufriedenstellen können. Um mit Weib und Kind nicht am Bettelstab in der Gosse zu enden, hat er eingewilligt, John auf dem Weg nach Cambridge zu überfallen, auszurauben und zu erschlagen.«
»Wenn du das wusstest, dann hättest du es verhindern müssen!«, schrie Catlin ihn an. »Das ist, als hättest du ihn selbst getötet!«
»Nein!«, rief Randal verzweifelt. »So war es nicht. Ich habe erst Wochen nach Johns Tod davon erfahren. Nur durch Zufall habe ich Flint mit dem Mörder reden hören. Mit dem Galgen hat Flint ihm gedroht und ihm das Geld abgenommen, das er John gestohlen hatte. ›Um dein Gewissen zu erleichtern‹, hat er höhnisch behauptet.« Randal ballte die Hände zu Fäusten. »Glaubt mir, Meisterin, ich hätte John niemals ein Leid antun können. Ich habe ihn mehr geliebt als meinen Vater.«
»Ich hätte John niemals heiraten dürfen«, murmelte Catlin niedergeschlagen.
»Nein, Meisterin! Das dürft Ihr nicht sagen. Die Glocke für Canterbury wird etwas Besonderes. Ich fühle es bei jedem Strich über den Lehm des Glockenkernes. Ihr seid mutig und vom Herrn mit der wunderbaren Gabe beschenkt, die Glocken nicht nur in ihrem Wesen zu erkennen, sondern auch ihre Klangfülle zu verstehen wie kaum ein anderer. Meister John hat das gewusst, er wäre stolz auf Euch gewesen.«
Catlin schluckte gerührt und lächelte. »Mag sein«, gab sie zu. »Warum bist du wiedergekommen, obwohl ich dich hinausgeworfen habe?«, fragte sie nach einer Weile.
»Ich bin es Euch schuldig«, erklärte Randal leise. »Für all das Leid, das Ihr erfahren habt.«
»Es war nicht deine Schuld«, erwiderte Catlin. »Der Herr hat’s gegeben, und der Herr hat’s genommen.«
»Als Ihr plötzlich vor meinen Augen zusammengebrochen seid und im Blut Eures Kindes dalagt, da musste ich an Merilda denken. Sie starb bei der Geburt unserer kleinen Tochter – und auch die ging, kaum dass sie auf der Welt war. Ich kam zu spät, weil ich immer nur die Werkstatt im Kopf hatte. Ich bin fortgelaufen, aus Angst, aus Scham und vor lauter Traurigkeit, weil ich bereit gewesen war, meine Liebe zu verraten. Ich bin kein schlechter Mensch, Meisterin, und Merilda hat das gewusst. Sie hat mir geglaubt und mir vertraut. Wenn Ihr erlaubt, möchte ich die Glocke mit Euch gießen, bevor ich alsdann auf Wanderschaft gehe. Irgendwo gibt es gewiss eine Werkstatt für mich. Für mich und meine Kinder. Und das, ohne dass ich jemanden vertreiben muss.«
Als Catlin nur schweigend nickte, erhob er sich und verließ die Küche.
In die Erd’ ist’s aufgenommen,
Glücklich ist die Form gefüllt;
Wird’s auch schön zu Tage kommen,
Dass es Fleiß und Kunst vergilt?
Wenn der Guss misslang?
Wenn die Form zersprang?
Ach!
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