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Das Totenhaus

Das Totenhaus

Titel: Das Totenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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der uns die Tür öffnete, sah nicht älter aus als Mike. Er hatte fein gemeißelte Gesichtszüge und einen athletischen Körperbau. »Ich bin Skip Lockhart. Kommen Sie doch herein und wärmen Sie sich auf.«
    Das große Wohnzimmer war voller antiker Möbel und sehr förmlich eingerichtet. Überall standen Fotos, die ich mir anzusehen versuchte, während er uns in ein Arbeitszimmer führte.
    »Danke, dass Sie hier heraufgekommen sind. Ich sitze hier mehr oder weniger noch eine Woche fest.«
    »Wir dachten, dass Sie hier wohnen.«
    »Es ist das Haus meiner Eltern. Sie sind nach Scottsdale geflogen, um meine Schwester zu besuchen, und ich hatte ihnen versprochen, mich nach den Feiertagen um meinen Großvater zu kümmern, der hier bei ihnen wohnt. Er ist neunzig, und obwohl er der Meinung ist, dass er auch allein zurechtkommen kann, müssen wir ein Auge auf ihn haben. Ich war mit Lola befreundet. Wenn ich Ihnen irgendwie helfen kann, würde ich das gern tun.«
    »Wo wohnen Sie?«
    »In der Stadt.«
    »In der Nähe des Campus? In der Nähe von Lolas Wohnung?«
    »Ein paar Blocks entfernt.«
    Lockhart sagte uns, dass er achtunddreißig Jahre alt war, Single und Assistenzprofessor für Amerikanische Geschichte am King's College. Er hatte Lola seit fünf, sechs Jahren gekannt, aber sie hatten nie etwas miteinander gehabt. Er gab zu, mit einigen Studentinnen ausgegangen zu sein, obwohl das gegen die universitären Richtlinien verstieß. Aber Charlotte Voight hatte er nicht gekannt, und er hatte sich nie über ihr Verschwinden Gedanken gemacht.
    »Wie viel Zeit haben Sie mit Dakota verbracht, an der Uni und privat?«
    »Sehr wenig, bis sie mich in das Blackwell's IslandProjekt eingebunden hat.«
    »Wofür haben Sie sich dabei interessiert?«
    »Für zweierlei«, antwortete Lockhart, während er sich in seinem Ledersessel zurücklehnte und die Beine übereinander schlug. »Als Historiker kenne ich mich natürlich sehr gut mit der Geschichte der Insel aus. Überraschend viele bekannte Leute haben dort einige Zeit verbracht, und als gesellschaftliches Phänomen ist die Insel eine großartige Quelle, um Studenten nahe zu bringen, wie unsere Gesellschaft in der Vergangenheit mit den Ausgestoßenen umgegangen ist.«
    Er räusperte sich mehrere Male, während er sprach. Ich hatte den Eindruck, als ob er uns erst einzuschätzen versuchte, bevor er sich entschied, ob er sich entspannen konnte.
    »Aber ich habe auch immer schon einen persönlichen Grund gehabt, von diesem kleinen Streifen Land fasziniert zu sein. Sie müssen wissen, dass mein Großvater mal auf der Insel gearbeitet hat.«
    Mike war jetzt ganz Ohr, zum einen wegen der Ermittlungen, aber auch auf Grund seiner eigenen Vorliebe für geschichtliche Details. »Was meinen Sie damit?«
    »Sie wissen wahrscheinlich, dass die Insel einmal übersät war mit Krankenhäusern, Asyleinrichtungen, Strafanstalten. Und auf ihr stand das New Yorker Zuchthaus.«
    »Wir waren gestern drüben. Dieses Gebäude existiert nicht mehr, richtig? Nur ein Haufen Geröll und Steine.«
    »Richtig. Es stand direkt nördlich von der Pockenklinik, aber es wurde vor dem Zweiten Weltkrieg abgerissen. Es war der trostloseste Ort auf der Insel, was etwas heißen will. Wenn man sich nicht, so wie ich, wissenschaftlich damit beschäftigt, gibt es keinen Grund, über den schrecklichen Skandal Bescheid zu wissen, den es dort kurz vor der Schließung gab.«
    »Was für einen Skandal?«
    »In den Tagen der Tammany Hall war das Gefängnis ein Hort der Korruption und Bestechung. Es befand sich in den Händen der Mafia, von denen dort einige Mafiosi einsaßen. Sie müssten die Fotos sehen, damit Sie glauben, wie die lebten.«
    »Sie meinen, wie schrecklich es war?«
    »Nicht für die Bosse. Sie hatten einen ziemlich luxuriösen Lebensstil, mit Haustieren und Privatgärten, Essen und Alkohol, der für sie ins Gefängnis geschmuggelt wurde. Einige haben sogar im Gefängnis mit Drogen gehandelt.«
    »Daran hat sich bis heute nicht viel geändert«, sagte Chapman.
    »Als schließlich Fiorello La Guardia zum Bürgermeister gewählt wurde und die Tammany Hall auseinander brach, ernannte er einen neuen Leiter der Strafvollzugsbehörde. Einen Gentleman namens Austin MacCormick. Mein Großvater war damals ein junger Anwalt in Ihrer Behörde, Miss Cooper.«
    Lockhart beugte sich vor und reichte mir eine der alten Fotografien vom Beistelltischchen. »Er war noch nicht einmal dreißig Jahre alt. MacCormick heuerte ihn an, damit

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