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Das Totenhaus

Das Totenhaus

Titel: Das Totenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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neben Skips Großvater setzte. »Eins zu null für die Banton Boys, Blondie. Ich wette, er ist noch ganz der Alte.«
    »Worüber hat Lola mit Ihnen geredet? Können Sie mir das sagen?«
    Er sprach im Präsens. »Wir müssen nicht auf sie warten. Sie kennt die meisten meiner Geschichten. Sie mag es, wenn ich von der Insel erzähle.«
    Das Telefon klingelte, und Skip stand auf, um in die Küche zu gehen. »Rufen Sie mich bitte, wenn Sie etwas trinken oder essen wollen. Opa, alles in Ordnung? Ich muss telefonieren.«
    Orlyn hatte einfach weitererzählt. »Die größten Gauner in New York, und sie regierten das Gefängnis - von innen. Es fing mit Boss Tweed an, noch bevor ich auf die Welt kam. Sie wissen, dass er der Stadt Millionen gestohlen hat, und als man ihn endlich geschnappt hatte, hat man ihn zu zwölf Jahren auf Blackwell's Island verurteilt. Wollen Sie wissen, wie man ihn behandelt hat? Tweed bekam ein möbliertes Apartment im Gefängnis. Es war nie abgesperrt. Er hatte seine eigene Bibliothek und sogar eine Privatsekretärin, die ihm bei der Arbeit half. Er trug seine eigenen Anzüge und schicke Klamotten, und er bekam sogar Damenbesuch. Er starb dort, bevor er seine Strafe abgesessen hatte.«
    »Wie kam es, dass Sie damit zu tun hatten?«
    »Ich hatte in  der Abteilung für organisiertes Verbrechen gearbeitet und versucht, die Banden zu zerschlagen, die die Stadt übernahmen. Sagten Sie, dass Sie Kriminalbeamter sind, junger Mann?«
    Mike erklärte Lockhart seine Stellung. Währenddessen versuchte ich, mich daran zu erinnern, was mir mein Vater über die Arbeitsweise von Neuronen und die Degeneration des Gehirngewebes erzählt hatte - dass man sich an manche aktuelleren Geschehnisse überhaupt nicht erinnern kann, aber dass lange zurückliegende Ereignisse so glasklar im Gedächtnis bleiben, als ob sie sich erst gestern ereignet hätten.
    »Sie haben vielleicht Geschichten über die Insel zu meiner Zeit gehört?«, fragte er.
    »Nicht wirklich.«
    »Das Erste, was man um die Jahrhundertwende machte, war, ihr einen neuen Namen zu geben. Nicht Roosevelt, wohlgemerkt. Das passierte erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Für kurze Zeit nannte man sie Welfare Island, Wohlfahrtsinsel. Die meisten Leute dachten, dass auf Blackwell's ein Fluch lag. Die Stadt schloss fast alle Krankenhäuser und verlegte die Kranken und Verrückten in angenehmere Häuser. Alles wurde geschlossen, bis auf das Zuchthaus. Haben Sie jemals von Dutch Schultz gehört?«
    »Sicher«, antwortete Mike. »Arthur Flegenheimer. Legendärer Mafioso. Er kontrollierte viele Geschäfte in der Stadt.«
    Orlyn Lockhart blendete mich aus. Er hatte in Mike einen aufmerksamen Zuhörer gefunden und konzentrierte sich ganz auf ihn. »Ich habe seinen wichtigsten Mann ins Gefängnis gebracht.« Er tippte sich mit dem Zeigefinger auf die Brust. »Ich habe den Fall selbst vor Gericht verhandelt. Joseph Reggio. Kennen Sie den auch?«
    »Ein Ganove aus Harlem. Damals wahrscheinlich die Nummer zwei in der Mafia.«
    »Ich überführte ihn der Erpressung; er kontrollierte das Bier- und Sodawassergeschäft. In der Staatsanwaltschaft kam uns zu Ohren, dass Reggio im Gefängnis wie ein Fürst lebte. Er hatte die Oberen bestochen, die Patienten aus der Gefängnisklinik rauszuschmeißen und sie unter die anderen Insassen zu verteilen. Reggio übernahm das Regiment und machte die Krankenstation zu seinem Zuhause. Er lief in Seidengewändern herum und benutzte Lavendelwasser. Er hatte einen eigenen Garten, eine eigene Milchkuh, und er ließ sich in seinen Räumen die besten Steaks und erlesensten Weine schmecken.«
    »Im Gefängnis?«
    »Es waren zwei, die das Gefängniskrankenhaus übernahmen. Reggio und seine Männer, und die irischen Ganoven wurden von einem Kerl namens Edward Cleary angeführt. Das ist derjenige, der einen Schäferhund in seinem Zimmer hatte. Nannte ihn Screw Hater, Schuckerhasser. >Schucker< nannten sie damals die Gefängniswärter. Beide Bosse hielten Brieftauben. Sie hatten ganze Taubenschläge voll mit Vögeln, die Briefe - und wahrscheinlich auch Drogen - rein und raus schmuggelten. Diese beiden Gangsterbosse ließen sich von den einfachen Gaunern wie von Sklaven bedienen. Das Traurige ist, dass diejenigen, die wirklich ärztliche Hilfe brauchten, wieder zu den gesunden Häftlingen gesteckt wurden. All die Jungs mit gesellschaftlichen Krankheiten - wie wir das damals nannten - mischten sich unter die Gesunden. Der ganze Ort war ein einziges Jammertal,

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