Das Totenhaus
Ehestreit war, der außer Kontrolle geriet und der nichts mit der Uni zu tun hat, sodass hier niemand anderer in Gefahr ist«, sagte Chapman und rieb sich die Hände, so als ob er das Problem wegwischen würde. »Die schlimmste Sichtweise ist, dass sich jemand hier im Viertel rumtreibt und eine Bedrohung für all die lieben Wissenschaftler und zukünftigen Retter der Gesellschaft darstellt. Und was genau tun Sie beide, um für die Sicherheit der kleinen Jennifer und des kleinen Jason hier am College zu sorgen?«
»Glauben Sie mir, Detective, das ist ein völlig neues Problem für uns.«
»Sie müssen total verrückt sein, wenn Sie meinen, dass ich Ihnen das abkaufe. Wir reden hier nicht über Animal House und Studentenstreiche. Dieses College befindet sich mitten in einem Viertel, das einmal die höchste Anzahl an Morden in der Stadt hatte. Sehen Sie nur nebenan zur Columbia - dort sind Studenten in ihren Wohnheimen und Wohnungen ermordet, bestohlen und vergewaltigt worden, von Mitstudenten und von Fremden von der Straße.« Recantati öffnete den Mund, aber Chapman ließ sich nicht unterbrechen. »In einigen dieser Hallen werden mehr Drogen genommen, als Keith Richards und Puff Daddy zusammen je zu Gesicht bekommen haben. Jetzt ist nicht der Zeitpunkt, um sich im Talar zu verstecken, Kumpel.«
Foote sprang dem Präsidenten bei. Sie war nicht gerade glücklich über Chapmans Direktheit. »Alex, da Sie und Lola persönlichen Kontakt hatten - können wir nicht die Sache erst mal unter vier Augen besprechen? Es besteht doch kein Grund, die Polizei einzuschalten, bis wir offiziell die Bestätigung haben, dass es kein Unfall war. Immerhin gehen wir noch immer von Letzterem aus.«
Chapman stand auf und ging zum Telefon, das auf Footes Schreibtisch stand. »Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich im Leichenschauhaus anrufe? Es wäre mir schrecklich unangenehm, Ihnen Ihre kostbare Zeit zu stehlen, wenn die Mediziner genauso gut mitten im Zerteilen von Lolas Leiche innehalten und Ihnen versichern können, dass sie nur ausgerutscht und hingefallen ist.«
Recantati sah bestürzt zwischen Chapmans Gesicht und Footes Hand, mit der sie den Telefonhörer auf die Gabel gepresst hielt, hin und her. Er wirkte verschreckt und machte den Eindruck, als ob er am liebsten wieder in der Bibliothek wäre. »Haben Sie und Ms. Cooper schon mal bei so etwas zusammengearbeitet?«
Chapman lachte. »Siebzig Jahre.«
Recantati legte die Stirn in noch tiefere Falten. »Aber -?«
»Ich zähle in Hundejahren. Jedes Jahr, das ich mit Coop verbringe, fühlt sich wie sieben an.«
Recantati reagierte, wie es Sylvia Foote nie tun würde, nämlich so, als ob er hoffte, die Polizei würde ihm die ganze Sache abnehmen und ihm aus der Patsche helfen. »Also, was brauchen Sie von uns?«
Foote räusperte sich. »Nicht, dass wir Ihnen vor Mitte nächster Woche irgendetwas zusichern können. Wir müssen das erst auf dem Dienstweg abklären.«
»Wie wär's mit einer Weisung von höchster Stelle, Herr Präsident?« Chapman ignorierte Foote und wandte sich nur an Recantati. »Nächste Woche wird es zu spät sein. Ich würde mir gerne dieses Wochenende Ms. Dakotas Büro ansehen und mit der Durchsicht ihrer Akten, Korrespondenz und Computerunterlagen beginnen. Ich möchte herausfinden, wer sie am besten kannte, welche Studenten ihre Kurse belegten, welche Professoren mit ihr zusammenarbeiteten, wer sie mochte und wer sie hasste, wer mit ihr schlief ...«
Recantati wurde scheinbar bei dem bloßen Gedanken daran, dass wir solch intime Aspekte von Dakotas Leben durchleuchten würden, rot im Gesicht. Er schwieg.
»Wir könnten jetzt sofort, mit Ihnen beiden, in Lolas Büro rübergehen. Auf diese Weise können Sie sich überzeugen, dass Ms. Cooper und ich nichts tun, um Ihnen Schwierigkeiten zu verursachen.«
Es war Zeit, eine sanftere Gangart anzuschlagen, solange wir ihn an der Angel hatten. »Sie verstehen, Sir, dass nicht alles, wovon Detective Chapman spricht, notwendig sein muss«, sagte ich. »Es ist durchaus möglich, dass Lolas Tod in keinster Weise mit der Universität zu tun hat, sondern mit dem Bestreben ihres Mannes, sie loszuwerden. Wir ermitteln natürlich zuerst in dieser Richtung. Niemand will das College oder die Kids in etwas hineinziehen, es sei denn, dass alle anderen Ermittlungen erfolglos bleiben.«
Foote konnte man nicht so leicht zum Narren halten. »Angenommen, ich kann einige der Politologen am Montagmorgen für Sie zusammenrufen. Wir
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