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Das Totenhaus

Das Totenhaus

Titel: Das Totenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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Suggs.«
    Seit dem Mord an der sechsjährigen Megan Kanka vor einigen Jahren in einer Kleinstadt in New Jersey hatte jeder Bundesstaat Gesetze erlassen, die verurteilte Sexualstraftäter nach ihrer Freilassung dazu verpflichten, ihren Wohnsitz bei der örtlichen Polizeidienststelle zu melden. In New York war es so, dass eine Anhörung stattfinden musste, um festzulegen, wie oft sich der Betreffende zur Überprüfung seiner privaten und beruflichen Situation melden müsse, bevor er auf Bewährung freigelassen wurde. Dabei wurde auch entschieden, ob die Öffentlichkeit darüber informiert werden sollte, dass Mr. Suggs in das Viertel gezogen war.
    Diese so genannten Megan's Laws - Megan-Gesetze - resultierten aus den Tatsachen in dem Fall Megan Kanka. Ihr Mörder war ein vorbestrafter Kinderschänder, der gegenüber von Megan eingezogen war, und niemand in ihrer Familie wusste von seiner Vergangenheit. Nachdem er sie mit dem Versprechen, ihr ein Hundejunges zu zeigen, in seinen Garten gelockt hatte, vergewaltigte der »resozialisierte« Haftentlassene das Kind und ermordete es.
    »Ms. Cooper, Mr. Abramson - hatten Sie beide Gelegenheit, die Empfehlungen des Prüfungsausschusses zu studieren?«
    »Ja, Euer Ehren«, antworteten wir gleichzeitig.
    »Möchte jemand von Ihnen die Ergebnisse anfechten?«
    Wieder antworteten wir beide mit »Ja.«
    Von den drei möglichen Einstufungen war Suggs von dem Ausschuss der Stufe »2« zugeordnet worden. Ich hatte mir seine Vorgeschichte gründlich angeschaut und wollte für ihn die höchste Überwachungsstufe, die »3«, erwirken, während mein Kontrahent dafür kämpfte, ihn dem wachsamen Auge des Gesetzes so weit wie möglich zu entziehen und ihn auf eine »1« herabzustufen.
    »Ich würde gerne Zeugen aufrufen, Euer Ehren«, sagte Abramson.
    Ich blickte hinüber zu den Bänken hinter ihm und sah eine Frau mittleren Alters, die mit mürrischem Gesichtsausdruck neben einem Stapel von Akten saß. Das hatte mir gerade noch gefehlt. Eine unerwartete Entlastungszeugin, durch die sich diese Vormittagsverhandlung in die Länge ziehen würde.
    »Ich werde mir zuerst Ms. Cooper anhören. Sind Sie persönlich mit dieser Angelegenheit vertraut?«
    »Ja, Euer Ehren. Ich habe den Fall 1994 für die Bezirksstaatsanwaltschaft verhandelt.«
    »Vielleicht können Sie mir mehr Details geben, als in den Gerichtsakten zu finden sind.«
    Es war immer eigenartig, vor Frances Zavin wegen eines Sexualverbrechens zu erscheinen. Sie war eine sehr strenge Richterin, die kurz vor der Pensionierung stand, und hatte sich entschlossen, ihren Gerichtssaal mit zwei riesigen Gemälden zu schmücken, die zu beiden Seiten ihres erhöhten Richterstuhls hingen. Beides waren moderne Bilder in kräftigen Farben, und dasjenige über dem Zeugenstand zeigte einen großen, räudigen Hund mit erigiertem Penis. Wir warnten Vergewaltigungsopfer, während des Betretens des Zeugenstandes nicht hinaufzuschauen, aus Angst, es würde sie zu sehr aufregen, und wir fragten uns oft, was sich die Geschworenen dabei dachten, wenn sie einer anschaulich geschilderten Zeugenaussage zuhörten und dabei den erregten Hund anstarrten.
    Ich sprach zu Zavin, die zwischen ihren Kunstwerken thronte. »Mr. Suggs war zum Zeitpunkt, als er diese Taten beging, achtundfünfzig Jahre alt. Ich würde ihn einen klassischen Pädophilen nennen und ihn aus diesem Grund -«
    »Einspruch, Euer Ehren. Das ist ein Vorurteil und eine voreilige -«
    »Mr. Abramson, behalten Sie Ihre Einwände für sich, bis Ms. Cooper ihre Aussage beendet hat. Es sind keine Geschworenen hier, und mich werden Sie mit Ihren Unterbrechungen nicht beeindrucken.«
    »In dem vorliegenden Fall wurde der Angeklagte wegen sexuellen Missbrauchs an zwei Mädchen verurteilt, die zum Zeitpunkt der Tat fünf und sechs Jahre alt waren.« Der Gerichtspolizist, der hinter mir stand, stöhnte leise auf. Pluspunkte für mehr als ein Opfer. Sonderbonus für Kinder unter elf Jahren.
    »Wurde Gewalt angewendet?«
    »In keinster Weise, Euer Ehren«, warf Abramson ein. »Es gibt keine Beschuldigungen gegen den Angeklagten wegen Gewaltanwendung oder Waffengebrauch.«
    Die Fünfjährige wollte also, dass man sie unsittlich anfasste? »Die meisten Pädophilen benutzen keine Messer oder Pistolen, Euer Ehren. Das brauchen sie nicht. Wir haben ihn nie der Nötigung mit Gewalt beschuldigt. Das sind Fälle im kodifizierten Recht. Unzucht mit Minderjährigen, der gleiche Verbrechensgrad, als ob er bewaffnet gewesen

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