Das Totenhaus
ließ.«
12
Ich klingelte kurz vor halb acht Uhr abends an der Tür des Kramer-Rothschild-Stadthauses. Nan öffnete, und ich stellte sie Mike Chapman vor.
»Lasst uns hinauf in mein Arbeitszimmer gehen. Dort befinden sich alle Informationen über unser Projekt. Mein Mann kommt heute erst spät nach Hause - er muss sich um einen neuen Mandanten kümmern.« Wir schlugen die angebotenen Drinks aus und folgten ihr hinauf in den ersten Stock.
»Dürfte ich Sie fragen, wo Ihr Fernseher ist, Madam?«
»Dann gehen wir zuerst ins Wohnzimmer.« Sie führte uns um eine Ecke und schaltete den Fernseher ein. »Bringen sie in den Nachrichten was Neues über den Fall?«
»Nein, Alex und ich schließen nur immer eine Wette auf die Final Jeopardy! -Frage ab. Es dauert nur ein paar Minuten.«
Wir machten Smalltalk, während wir warteten, bis Mike den Sender fand und die Werbung vorbei war. Trebek erinnerte die drei Kandidaten, dass die Kategorie des heutigen Abends »Prominente Premieren« war.
»Zwanzig Dollar, Coop. Das kann alles Mögliche sein.«
»Sei großzügig - es ist Weihnachten. Geh auf vierzig.«
Trebek trat zur Seite, und die Antwort wurde auf dem Monitor sichtbar. »Die erste Frau in Amerika, die einen Studienabschluss in Medizin machte.«
»Da geb ich mich geschlagen, Blondie. Bei diesem feministischen Trivialwissen komm ich nie gegen sie an, Nan. Wahrscheinlich ist das auch genau Ihr Fach.«
Weder Chapman noch der Steward aus Wisconsin wagten zu raten. »Wer war Elizabeth Blackwell?«, fragte ich, bevor die Fischerin aus Maine und der Weinbaukundler aus Virginia die falschen Antworten gaben.
»Leider, leider, leider, Leute«, sagte Trebek und tadelte die drei Kandidaten dafür, dass sie nicht die richtige Antwort gewusst hatten. »Elizabeth Blackwell, eine gebürtige Engländerin, emigrierte in die Vereinigten Staaten und machte hier 1849 als erste Frau einen Medizinabschluss am Geneva Medical College im Bundesstaat New York. Also wollen wir mal sehen, wie viel Geld -«
»Danach ließ sich die Blackwell-Familie auf Martha's Vineyard nieder. Nicht weit von meinem Haus in Chilmark.«
»Keine schlechte Überleitung zu meiner Geschichte«, sagte Nan, während Mike den Fernseher ausschaltete und wir den Flur entlang in ihr Arbeitszimmer gingen. »Die Grabungsstelle, an der wir arbeiten, ist drüben auf Roosevelt Island. Aber diesen Namen erhielt die Insel erst 1973. Davor hieß sie Welfare Island, und in dem Zeitraum, den wir erforschen, nannte man sie Blackwell's Island. Natürlich andere Blackwells. Das Stück Land gehörte in der Kolonialzeit einem Händler namens Robert Blackwell, der mit seiner Familie in den Jahren um 1680 dort lebte. Das ursprüngliche Holzfarmhaus steht heute noch.«
»Und davor«, unterbrach Mike, »nannten die Holländer sie Hog Island. Anfang des siebzehnten Jahrhunderts war es eine Schweinefarm, voller Borstenvieh.«
»Ihr zwei seid mir um Lichtjahre voraus. Ich kenne niemanden, der mehr über amerikanische Geschichte weiß als Mike«, erklärte ich Nan. »Die Tatsache, dass er über die Insel Bescheid weiß, bedeutet wahrscheinlich, dass sie militärhistorisch eine Rolle spielte. Das ist seine wahre Spezialität.«
Nan zuckte die Schultern. »Nicht, dass ich wüsste.«
Mike nahm ein Lineal von Nans Schreibtisch und deutete auf dem riesigen Stadtplan, den sie an die Wand gepinnt hatte, auf die Südspitze Manhattans. »1673, als die Briten und Holländer noch Krieg gegeneinander führten, war der Sheriff von New York ein Kerl namens Manning. Die Briten übertrugen ihm die Aufsicht über das Fort hier unten an der Hafeneinfahrt von New York. Die Holländer starteten einen Seeangriff, um ihre ehemalige Kolonie NeuAmsterdam wieder unter ihre Kontrolle zu bringen. Manning ergab sich kampflos. Also stellte König Charles den ehrlosen Kommandanten vor das Kriegsgericht und schickte ihn ins Exil, anstatt ihn hinrichten zu lassen.« Mike fuhr mit dem Lineal hinauf zu einer Insel im East River, auf halber Strecke zwischen Manhattan und Queens. »Er wurde den Rest seines Lebens auf diese kleine Insel verbannt.«
»Sie ist immer ein Ort für Exilierte gewesen«, antwortete Nan. »Für Ausgestoßene. Das ist Teil ihrer tragischen Vergangenheit. Wisst ihr darüber Bescheid?«
»Überhaupt nicht. Ich sehe nur praktisch jeden Tag vom Drive aus zu ihr hinüber. Sie kann nicht viel mehr als hundert Meter von Manhattan entfernt sein, aber ich bin nie dort gewesen. Bei Nacht sieht sie
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