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Das Totenhaus

Das Totenhaus

Titel: Das Totenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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dem ursprünglichen Farmhaus, das sich ungefähr in der Mitte befindet, bis hinunter zur Südspitze.«
    »Die Pockenklinik, die städtische Strafanstalt? Diese Gegend?«
    »Genau. Es war Lola, die mir die Insel gezeigt hat, damals in dem Sommer, in dem wir uns in Aspen kennen lernten. Ich war auf dem Rückweg nach Paris, und in New York fand gerade eine dieser Windjammerparaden statt. Der Hafen war voll mit großartigen alten Segelschiffen. Lola packte ein Picknick ein, und wir fuhren mit der Drahtseilbahn auf die Insel. Sie sagte mir, dass es der beste Ort sei, um die Schoner den East River rauf und runter segeln und das Feuerwerk über der Brooklyn Bridge zu sehen. Damals konnte man noch zu Fuß bis zur Südspitze laufen. Kennen Sie du Maurier, Ms. Cooper? So hat mir Lola Blackwell's präsentiert. Allzeit die Schauspielerin - ihre Mutter wäre stolz auf sie gewesen. >Gestern Nacht träumte mir, ich sei wieder in Manderley<, sagte sie und breitete eine Decke unter den schwarzen Fensterhöhlen der alten Fassade aus.«
    »Ja, genau. Genauso sieht das alte Krankenhaus aus. Kein Wunder, dass es mich schon immer fasziniert hat.« Ich drehte mich zu Mike um. »Das ist der Anfangssatz des Romans Rebecca.«
    »Der des Films auch«, schoss er zurück. Ich bin vielleicht nicht so belesen wie du, gab er mir zu verstehen, aber übertreib's nicht.
    »Das Aufregendste in jener Nacht war die unglaubliche Aussicht auf die Skyline von Manhattan. Wir lagen auf dem Boden, tranken warmen Weißwein aus Pappbechern und blickten übers Wasser direkt auf das River House. Dort wohnte mein Vater, bevor ich auf die Welt kam, und ich hatte es noch nie aus dieser Perspektive gesehen.«
    Aha, Winston Shreve stammte also aus einer reichen Familie. Das legendäre Wohnhaus, östlich der First Avenue auf der Fifty-second Street, war 1931 als eine palastähnliche Eigentumswohnanlage gebaut worden, inklusive Squash- und Tennisplätzen, einem überdachten Swimmingpool und einem Ballsaal. Dort, wo später der FDR Drive gebaut wurde, gab es eine hauseigene Anlegestelle, an der Vincent Astor seine berühmte weiße Yacht Nourmahal liegen hatte. Damals ein Domizil der Reichen und der Aristokratie, war es heute das Zuhause von weltberühmten Persönlichkeiten wie Henry Kissinger oder Lady Lynn de Forrest, der großen internationalen Schönheit.
    »Kann man das heute nicht mehr? Ich meine, bis zu diesem Aussichtspunkt gehen?«, fragte ich.
    »Nicht, bis wir mit unseren Ausgrabungen fertig sind, Ms. Cooper und bis wir die Gelder zusammen haben, um Renwicks Gebäude restaurieren zu lassen. Jetzt ist die Klinik eine Ruine, so wie ein altes gotisches Schloss. Keine Bodenbretter, die den Namen verdient hätten, bröckelnde Wände, herabfallendes Granitgestein. Dieser Teil der Insel ist durch einen Metallzaun quer von Ost nach West für die Öffentlichkeit gesperrt. Oben drauf ist Stacheldraht. Es wäre viel zu gefährlich, Besucher dorthin zu lassen.«
    Chapman stupste mich mit seinem Kugelschreiber an. »Wenn du nett zu mir bist, Blondie, dann besorg ich dir zu Weihnachten einen Pass. Die Jungs vom Einhundertvierzehnten geh'n dort auf Streife.« Roosevelt Island wurde heutzutage in der Verbrechensstatistik des neunzehnten Bezirks in Manhattan geführt, dem Upper-East-Side-Viertel, in dem ich wohnte. Aber der Streifendienst war Sache der Polizei in Queens, die die Insel mit dem Auto erreichen konnte »Ich besorg dir eine Privatführung.«
    Shreves Territorialansprüche machten sich bemerkbar und er fiel Mike schroff ins Wort. »Ich zeige es Ihnen selbst wann immer Sie wollen.«
    »Haben Sie einen Schlüssel?«
    »Alle von uns, die das Projekt beaufsichtigen, haben Zugang, Detective. Wir haben für die Dauer der Forschungsarbeiten die Genehmigung bekommen, zu kommen und zu gehen, ganz wie es uns beliebt. Das Gelände ist im Frühjahr ein bisschen einladender, aber sobald das Eis schmilzt, zeige ich es Ihnen beiden.«
    »Haben Sie Lola jemals von dem >Totenhaus< sprechen hören, Professor?«
    »Die ganze Zeit, Mr. Chapman. Sie wissen, dass die Insel nicht gerade ein sehr einladender Ort war, auch nicht im zwanzigsten Jahrhundert. Als die Stadt endlich diese Grundstücke aufgab, machten die Beamten einfach die Türen hinter sich zu und ließen alles so, wie es war: die Krankenhausbetten, die Krankenbahren im Flur, überall Rollstühle und Krücken. Die Leute trauten sich viele Jahre nicht dorthin, aus Angst, dass man sich in den leeren Gängen oder unter dem Dach

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