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Das Totenschiff

Das Totenschiff

Titel: Das Totenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B. Traven
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war fähig, Kakaobohnen in Kakaopulver zu verwandeln. Er konnte es auf zwei Arten. Er konnte das Wunder vollbringen dadurch, daß er die Blechbüchse in der Kiste ließ, er konnte es aber auch dadurch, daß er die Büchse in die Hand nahm. Er war ein Meister in der schwarzen Magie, yes, Sir.
     

42.
     
    Wir machten Tripolis und hatten verteufelt schweren Seegang. Wir wurden im Kesselraum hin und her gepfeffert, und in den Bunkern war es noch schlimmer. Ich betrachtete mir, wenn ich mal ein wenig zum Verschnaufen im Kesselraum auf einem Kohlenhaufen saß, zuweilen das kleine Glasröhrchen, das einen erwachsenen Seemann so martervoll verschlucken kann, wenn es dazu in der Laune ist. Dabei legte ich mir die Frage vor, ob ich das Rohr abdrosseln würde, wenn das Röhrchen zum Tanzvergnügen geht.
    Natürlich sagte ich nein. Aber wer kann sagen, was er tun wird, wenn die Frage nicht gestellt wird, sondern wenn die Frage entschieden werden muß und man gar nicht daran denkt, daß die Frage überhaupt existiert? Der Heizer kann ja drunter liegen und kann nicht mehr allein fort. Meinen Heizer im Stich lassen, daß er mir mein ganzes Leben hinterher schreit: »Pippip! Pippip! Ich verbrühe! Hol mich ’raus, Pippip! Ich kann nicht sehen, meine Augen sind ’rausgebrüht, Pippip, schnell, es ist gleich vorbei! Pippip-p-«
    Na, nu laß mal da deinen Heizer liegen. Da gehst du eben, auch wenn du weißt, ihr bleibt beide da liegen.
    Vielleicht gehe ich auch nicht. Warum? Mein Leben ist auch etwas wert. Mein Leben –
    »Pippip, Schlepp, spring Back, nicht gucken, Backbord und her!«
    Der Heizer brüllt es, daß er das Hämmern der Maschine überkreischt.
    Ohne aufzugucken, mache ich einen Satz ’rüber nach Backbord und falle dort in die Knie, weil ich über das Schüreisen falle, das im Wege liegt. Gleichzeitig erfolgt ein Krach und ein Rasseln, das betäubend ist.
    Unter seinem schwarzen dicken Kohlenstaub, den er im Gesicht hat, sehe ich, daß der Heizer ganz bleich ist. Auch Tote können noch erbleichen. Ich klaube mich auf mit zerschundenen Schienbeinen und aufgeschlagenen Kniescheiben und drehe mich um.
    Die Aschenhuze, die Aschenführung, ist ’runtergekommen. Diese Aschenführung ist ein runder Blechkanal, wie ein großer Blechschornstein, mit einem Durchmesser von etwa einem Meter. In ihm werden die Aschkannen hochgehievt, damit sie nicht hin und her schlenkern können, sondern oben in den Aushebeschacht geführt werden.
    Die Huze hängt weit in den Kesselraum hinein bis etwa neun Fuß über dem Boden. Oben ist sie an einen Kranz festgenietet. Sie ist sicher dort an den Nieten durchgerostet, und jetzt bei dem Wetter hat sie den Rest bekommen und ist abgebrochen. Wo will sie hin? Sie muß in den Kesselraum. Sie ist senkrecht fallendes, sehr starkes Eisenblech und hat hundert Kilo oder mehr. Schneidet den Kopf und den ganzen Körper der Länge nach durch. Geht wie mit dem Rasiermesser. Oder schlägt den Arm ab und nimmt die eine Schulter mit. Wenn sie Gnade übt, nur den halben Fuß. Wer denkt an die Aschenhuze, daß die einmal abrosten könnte am Kranz. Sie hängt seit der Zerstörung Jerusalems da drin und ist nie ’runtergefallen. Die ganzen vielen Jahrhunderte nicht. Und nun mit einemmal fällt es ihr ein, ’runterzukommen.
    Seemannslos. Arbeiterlos. Deine Schuld, Geh zur rechten Zeit drunter weg, dann kann dir nichts passieren.
    Hallo, Heizer, da bin ich ja noch mal mit einem Sprung davongekommen. Gleich beim ersten Schrei: »Schlepp, Back!« gesaust wie ein Affe. Nicht erst lange gedacht, was los ist. Die »Yorikke« entwickelt die Instinkte, sie hält einen in Form.
    »Ja, Heizer, verflucht noch mal, das war ein Sprung zur rechten Zeit.« Danke! ist nicht. Wozu? Morgen dir, übermorgen Stanislaw. Wer weiß, wen die nächste Kugel trifft. Wir sind im Kriege. Kopp weg. Aber ehe du es hörst, ist er schon weg, der Kopp. Der Rest bleibt liegen. Wird nicht bezahlt. Über Bord. Klumpen Kohle ans Bein. An die Mütze getippt. Grabmusik: »Nun haben wir wieder keinen Schlepp.«
    Das Glasröhrchen ist heil. Es hat sein Opfer. Der Aschenhuze hat der Heizer den Spaß verdorben. Aber dafür wartet die Rache. Was ist das nächste Glasröhrchen? Wer ist der Nächste? Junge, zieh dir den Gürtel fest. Da ist Warnung in der Luft. Warnung für dich. Es schwirrt der Gast herum, er kriecht in den Winkeln und lauert in den Ecken. Beim nächsten Mal macht er bessere Arbeit und läßt nicht gerade den Heizer zufällig nach oben

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