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Das Totenschiff

Das Totenschiff

Titel: Das Totenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B. Traven
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Gold. Wenn du lachst, Herzliebste, so lacht deine Seele, lacht dein Leib und lacht dein lustiges Zigeunerkleid. Und wenn du weinst, Herzallerliebste, dann weint selbst das kalte Riff, an dem du vorübergehst.
    Ich will dich nimmermehr verlassen, Geliebte, nicht um alle Schätze der Welt. Ich will mit dir wandern, mit dir singen, mit dir tanzen und mit dir schlafen. Ich will mit dir sterben, in deinen Armen meinen letzten Seufzer tun, du Zigeunerin der Meere. Du protzest nicht mit deiner glorreichen Vergangenheit und deinem uralten Stammbaum bei Tantchen Lloyd in London. Du protzest nicht mit deinen Lumpen, und du spielst nicht mit ihnen. Sie sind dein rechtmäßiges Gewand. Du tanzest in deinen Lümpchen froh und stolz wie eine Königin und singst dein Zigeunerlied, dein Lumpenlied:

Das Tanzlied des Totenschiffes
     
    Was gehn euch meine Lumpen an?
    Da hängen Freud’ und Tränen dran.
    Was kümmert euch denn mein Gesicht?
    Ich brauche euer Mitleid nicht.
     
    Was kümmert euch, was mir gefällt?
    Ich lebe mich, nicht euch, in dieser Welt.
    In euren Himmel will ich gar nicht ’rein,
    viel lieber dann schon in der Hölle sein.
     
    Ich brauch’ gewiß nicht eure Gnaden,
    und selbst wenn Tote ich geladen,
    wenn Schimpf und Schand’ sind an mir dran,
    euch geht das einen Sch…dreck an.
     
    Ich pfeife auf das Weltgericht.
    An Auferstehung glaub’ ich nicht,
    ob’s Götter gibt, das weiß ich nicht,
    und Höllenstrafen fürcht’ ich nicht.
     
    Hoppla he, auf weiter See,
    hoppla, hoppla, he!

DRITTES BUCH

Es fährt so manches Schifflein
    da draußen kreuz und quer;
    doch keins kann so verrufen sein,
    daß nicht manch andres
    schlimmer wär’.

45.
     
    Mag sein, daß man seine Frau nicht zu sehr lieben darf, wenn man sie behalten will. Sie langweilt sich sonst und läuft zu einem andern, um geprügelt zu werden.
    Es war verdächtig, sehr verdächtig, daß ich die »Yorikke« plötzlich so innig zu lieben begann. Aber wenn man soeben die gräßliche Geschichte eines Kindsräubers vernommen hat, in der einen Tasche eine Büchse Milch, in der andern eine Büchse guter dänischer Butter trägt, kann man wohl Liebesgedanken bekommen und diejenige lieben, die in ihren Lumpen liebenswerter ist als Leichenräuber in seidenen Kleidern.
    Aber verdächtig war diese aufkeimende Liebe doch. Etwas war nicht in Ordnung. Da war die Aschenhuze gewesen. Und nun
    war auch noch »Yorikke«, die ich mit heißer Inbrunst liebte. Das wollte mir nicht gefallen. Da stimmte etwas nicht.
    Im Quartier war es nicht auszuhalten. Die Luft stand dick und schwer und drückte auf das Hirn.
    »Laß uns wieder ’rausgehen«, sagte ich zu Stanislaw, »wir schlendern am Wasser herum, bis es kühler wird. Nach neun wird sicher eine Brise aufkommen. Dann gehen wir heim und legen uns aufs Deck.«
    »Hast recht, Pippip«, gab Stanislaw zu. »Hier kann man weder schlafen noch sitzen. Wir können mal ’raufgehen zu dem Holländer, der da oben liegt. Vielleicht sehe ich einen Bekannten.«
    »Immer noch Hunger?« fragte ich.
    »Nein, aber vielleicht kann ich ihnen ein Stück Seife abnehmen und ein Handtuch. Wäre ganz gut mitzunehmen.« Wir trotteten langsam los. Es war inzwischen ganz finster geworden. Die Hafenlampen waren nur spärlich erleuchtet. Es wurde nirgends geladen. Die Schiffe glimmerten schläfrig durch die abendliche Dunkelheit.
    »Berühmt ist der Tabak aber auch nicht, den uns die Norweger gegeben haben«, sagte ich.
    Kaum hatte ich das ausgesprochen und mich dabei Stanislaw zugewandt, um Feuer von ihm zu kriegen, als ich einen mächtigen Hieb über den Schädel erhielt. Ich fühlte den Schlag ganz deutlich, konnte mich aber nicht bewegen, meine Beine wurden merkwürdig plump und dick, und ich fiel hin. Es sauste und brummte entsetzlich um mich herum, und es tat drückend weh.
    Das dauerte aber nicht lange, schien mir. Ich stand wieder auf aus meiner Betäubung und wollte weitergehen. Aber ich lief gegen eine Wand, gegen eine Holzwand. Wie konnte das sein? Ich ging links, doch auch da war eine Wand. Und rechts war eine Wand und hinter mir war eine Wand. Und alles war finster.
    Mein Kopf summte und dröhnte. Ich konnte nicht denken, wurde müde und legte mich wieder auf den Boden.
    Als ich abermals aufwachte, waren die Wände noch immer da. Aber ich konnte nicht ruhig stehen. Ich schwankte. Nein, das war es nicht, der Boden schwankte.
    Himmelkreuzdonnerwetter noch mal, ich weiß jetzt, was los ist. Ich bin auf einem Boot, auf einem Eimer,

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