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Das Totenschiff

Das Totenschiff

Titel: Das Totenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B. Traven
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keine Ladung kriegen von Afrika nach England?
    Wenn ich hier an der Beach liegen würde, hätte ich es in drei Stunden ’raus, was da los ist mit der blanken Kaiserin. Sie wird doch nicht etwa –? Na, bist auch schon eingetrant, siehst auch schon in allen Ecken Gespenster. Die »Empreß of Madagascar«, dieser pfirsichweiche und schwellende Backfisch aus Glagow sollte hier bereits auf den Strich gehen? Aufgeschminkt?
    Nein, sie ist nicht geschminkt. Alles Natur. Sie ist keine drei Jahre alt. Alles echt. Noch nicht einmal eine Niete abgeschliffen am Röckchen. Alles wie geleckt und duftet oben und unten. Aber die Mannschaft, die Mannschaft. Da ist etwas nicht in Ordnung.
    Was geht es mich an. Jedes Kind will seine Freude haben. Ich gehe zurück zum Norweger.
    Ich setze ’rauf. Stanislaw ist noch da. Sitzt im Quartier und schnackt mit ein paar Dänen. Hat eine Büchse guter dänischer Butter in der Tasche und ein Stück Prachtkäse.
    »Pippip, kommst gerade zur Zeit, kannst Abendbrot mitmachen, ein treues dänisches Abendbrot, vollwertig und echt«, sagt Stanislaw.
    Wir lassen uns nicht nötigen und machen das Abendbrot mit.
    »Habt ihr den Engländer da drüben gesehen, die ›Empreß‹?« frage ich, während wir alle im Meßraum sitzen und futtern.
    »Liegt schon eine Weile hier«, sagt einer.
    »Feines Mädchen«, forsche ich nun.
    »Oben Seide, unten meide«, sagt einer von den Dänen.
    »Na«, frage ich, »meiden? Warum meiden? Ist doch ganz echt.«
    »Freilich ist sie echt«, ruft ein andrer dazwischen. »Kannst du notmustern, wenn du willst. Mit Honig und Schokolade. Kriegen jeden Tag Henkersmahlzeit. Pudding und Braten.«
    »Kreuzdonnerwetter noch mal, komm endlich klar«, sage ich nun. »Was ist los? Ich habe doch wegen Schanz gefragt, ist nichts zu machen.«
    »Lieber Freund, siehst doch nicht so aus, als ob du gestern zum erstenmal Seewasser geschluckt hast. Sie ist ein Leichenwagen.«
    »Du bist wohl verrückt und mit Teer gepinselt?« rufe ich.
    »Ein Leichenwagen, sage ich dir«, wiederholt der Däne und gießt sich Kaffee ein. »Willst du auch noch Kaffee? Wir brauchen mit der Milch, mit dem Zucker und der Butter nicht sparen. Wir können wühlen. Kannst eine Büchse Milch mit heimnehmen. Willst du?«
    »Die Frage allein rührt mich zu Tränen«, sage ich und fülle mir meine Tasse mit Kaffee, mit richtigem Bohnenkaffee.
    Ich hatte vergessen, wie das schmeckt, denn »Yorikke« gab nur Kaffee-Ersatz mit zwanzig Prozent Kaffee, damit unser Herz nicht beschädigt würde.
    »Ein Leichenschiff, sage ich dir noch einmal.«
    »Wie meinst du das? Leichen von Frankreich nach Amerika, daß sie drüben die Mütter in den Blumentopf pflanzen können, um sich an der Ehre zu erfreuen und sich am Kriege zur Beendigung aller Kriege begeistern zu können?«
    »Rede doch nicht so ausländisch, Mensch.«
    »Sie fährt Leichen, aber keine Kriegerleichen aus Frankreich.«
    »Sondern?«
    »Kleine Engelchen. Seemanns-Engelchen. Seemanns-Leichen, du Sägefisch, wenn du das nicht endlich verstehst.«
    »Hat die Kaiserin die an Bord?«
    »Mensch, mit dir kann man ja Bunkerwände einrennen.«
    »Natürlich hat die Tante sie an Bord. Sieben Achtel fertig. Können zu Hause in ihrer Dorfkirche schon ruhig in die Gedenktafel für Seeleute eingekratzt werden. Braucht nicht mehr ausradiert werden. Wenn du deinen Namen auch auf der Gedenktafel in deiner Dorfkirche haben willst, brauchst du nur mitgehen. Sieht überhaupt sehr vornehm aus, wenn du neben deinem Namen stehen hast ›Empreß of Madagascar‹. Klingt doch nach etwas. Sieht doch besser aus, als wenn da nur daneben steht Berta oder Emma oder Nordkap. Man muß auch daran denken, wen du als Nachbar kriegst auf der Tafel. ›Empreß of Madagascar‹, da ist Schwung drin, Junge.«
    »Warum soll denn die schon Versicherung fahren?« Das leuchtete mir nun durchaus nicht ein. Das war wieder nur so Gerede. Blasser Neid, weil sie nicht selber drauf waren, auf dem neuen Eimer.
    »Kinderleichte Sache.«
    »Ist doch höchstens drei Jahre aus den Windeln«, warf ich ein.
    »Endlich beweist du, daß du länger aus den Windeln bist. Sie ist genau drei Jahre alt. War für große Fahrt gebaut, Ostasien und Südamerika. Sollte zwölf Knoten machen. War Bedingung. Als sie losackerte, machte sie vier und wenn es gut ging vier und einen halben. Das kann sie nicht aushalten, dabei geht sie pleite.«
    »Können sie doch umbauen.«
    »Schon zweimal versucht. Wird immer schlechter. Hat ursprünglich

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