Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Totenschiff

Das Totenschiff

Titel: Das Totenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B. Traven
Vom Netzwerk:
sogar sechs Knoten gemacht, nach dem Umbau nur noch vier. Die muß ’runter vom Wasser, muß die Versicherung bringen. Haben die Versicherung sicher fein gedreht, daß sie Lloyd passieren konnte. Aber geht ja alles zu schieben.«
    »Und nun soll sie abrasseln?«
    »Sie hat schon zweimal gebrummt. Hat aber nicht gefleckt. Das erstemal saß sie auf Sand. Sauber wie hingestreichelt. Haben sicher schon in Glasgow darauf gezecht. Kam aber Schwerwetter hoch mit Mordsflut, und die hob die edle Dame ’runter vom Sand wie Himmelfahrt mit Trompeten und Pauken. Und sie schwenkte lustig ab. Da mag der Skipper schön geflucht haben. Beim zweitenmal, das war vorige Woche, wir lagen schon hier, da ist sie draußen zwischen Klippen gefegt. Saß fein fest. Drahtlose Station war zerhauen. Natürlich. Mußte der Skipper Flaggen setzen. Anstandshalber. Sind doch immer Zeugen ’rum. Da kam ein französisches Patrouillenboot, gerade wo der Skipper schon so ganz gemütlich ausbooten ließ. Die Patrouille flaggte ’rüber: , Warten. Hilfe unterwegs!’ Da hat der Skipper aber geflucht. Möchte nur wissen, wie er das Journal wieder in Ordnung gebracht haben mag. Er hatte es doch aufgezaubert. Wird schön radiert haben, Junge, Junge. Er hatte einen Fehler gemacht. Heißt, es ging wohl nicht anders. War bei Ebbe aufgesessen. Nun kamen drei Schlepper und hoben ihn ab von den Klippen bei Flut. Ganz elegant. Hatte nicht mal eine Schramme abbekommen. Das ist Pech. Muß nun auch die Bergungskosten bezahlen. Geht alles ’runter von der Versicherung. Fragt sich, ob die Versicherung die ganzen Kosten trägt. Hängt vom Journal ab.«
    »Und was nun?«
    »Jetzt macht er den Verzweifler. Muß er machen. Dreimal kann er nicht abkommen. Dann macht die Versicherung eine Untersuchung und streicht die Versicherung. Verlangt einen andern Skipper drauf, der treu fährt. Dann ist es aus. Dann muß die ›Empreß‹ zum Abwracken. Fahren kann sie nicht.«
    »Warum liegt sie denn da so lange, wenn sie keine Reparatur hat?«
    »Kann nicht ’raus. Hat keine Heizer.«
    »Das ist Unsinn. Hätte er mich doch nehmen können. Ich sagte ihm doch ’rauf, ich sei Heizer.«
    »Hast du Papiere?«
    »Sei nicht so albern, Mensch.«
    »Wenn du keine Papiere hast, nimmt er dich nicht. Er muß ein vornehmes Gesicht behalten. Tote wären für ihn verdächtig. Aber ob du Zulukaffer bist oder Hottentotte oder taubstumm, das ist ihm gleichgültig. Mußt nur Papiere haben und mußt befahren sein. Unbefahrene Leute ist nicht gut, da kann die Versicherung mauern und Geschichten machen. Die Heizer haben sich ’rausgemacht. Haben sich verbrannt und liegen im Hospital, sonst hätten sie ja nicht fortgekonnt. Die Heizer sind am schlimmsten dran, die kommen nicht ’raus, wenn es ein verzweifelter Aufbrummer ist. Da ist gleich Wasser vor den Kesseln, und die Kessel gehen auch gewöhnlich gleich hoch, wenn sie so plötzlich kalte Dusche kriegen. Die haben gleich die explodierende Lungenentzündung weg.«
    »Wartet er jetzt ab, bis die Heizer wieder ’raus sind aus dem Hospital?«
    »Das nützt ihm nichts. Die brauchen nicht mehr ’rauf, wenn sie nicht wollen. Können sauber abmustern. Haben feine Papiere und können in Ruhe auf einen andern warten.«
    »Wie denkt die Tante denn fortzukommen?«
    Die Leute lachten in sich hinein, und der, der diesen Fall am besten studiert zu haben schien, sagte: »Die sind auf Kindsraub aus. Auf Shanghaien. Kann ich dir zuflüstern, Junge. Ja, eine feine elegante Dame, die Kaiserin von Madagaskar. Oben Seide, unten meide. Meide, in die Nähe zu gehen.«
    Dagegen ist die »Yorikke« ja eine hochachtbare Dame. Sie täuscht nichts vor. So wie sie aussieht, so ist sie. Ehrlich bis auf das Gerippe. Beinahe fange ich an, »Yorikke« zu lieben.
    Ja, »Yorikke«, ich muß es dir gestehen: Ich liebe dich. Liebe dich aufrichtig um deiner selbst willen. Habe an meinen Händen sechs schwarzblaue Fingernägel und an den Zehen vier schwarzgrünblaue Zehennägel. Alles um deinetwillen, geliebte »Yorikke«. Auf die Zehen sind Roste geschlagen, und jeder Fingernagel hat seine eigne schmerzhafte Geschichte. Meine Brust, mein Rücken, meine Arme, meine Füße haben Narben von bösen Brandwunden. Jede einzelne Narbe wurde geboren unter einem Schmerzensschrei, der dir galt, Geliebte.
    Dein Herz heuchelt nicht. Dein Herz weint nicht, wenn es nicht zum Weinen fühlt, es jubelt nicht, wenn es keine Freude fühlt. Dein Herz heuchelt nicht, es ist rein und lauter wie pures

Weitere Kostenlose Bücher