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Das Totenschiff

Das Totenschiff

Titel: Das Totenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B. Traven
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und der ist auf hoher See. Schwimmt lustig voran. Die Maschinen stampfen und bollern.
    Mit beiden Fäusten und endlich auch mit den Füßen hämmere ich gegen die Wände. Es scheint niemand etwas zu hören. Aber nach längerer Zeit, als ich wieder und wieder die Wände bearbeitet und auch mit Schreien mein Trommeln unterstützt habe, wird eine Luke aufgemacht, und es leuchtet jemand mit einer elektrischen Taschenlampe herein.
    »Haben Sie jetzt Ihren Soff ausgeschlafen?« werde ich gefragt.
    »Scheint, ja«, sage ich.
    Es braucht mir niemand etwas erzählen, ich weiß bereits, was los ist, Kindsraub, shanghaied. Ich bin auf der »Empreß of Madagascar«.
    »Sie sollen zum Skipper kommen«, sagt der Mann.
    Es ist heller Tag draußen. Ich klettere die Leiter hoch, die der Mann durch die Luke schiebt, und bin bald darauf auf dem Deck.
    Ich werde zum Skipper geführt.
    »Feine Leute seid ihr, muß ich sagen«, schreie ich gleich, als ich in die Kabine komme.
    »Bitte?« sagt der Skipper ganz ruhig.
    »Kindsräuber. Shanghaier. Engelmacher, Leichenfledderer. Das ist es, was ihr seid«, schreie ich.
    Der Skipper bleibt ungerührt, steckt sich ruhig eine Zigarre an und sagt: »Es scheint, Sie sind noch nicht ganz nüchtern. Wir werden Sie mal in kaltes Wasser tauchen müssen, damit der Rauch abzieht.«
    Ich sehe ihn an und sage nichts.
    Der Skipper drückt auf einen Knopf, der Steward kommt, und der Skipper nennt zwei Namen.
    »Setzen Sie sich«, sagt der Skipper nach einer Weile.
    Es kommen zwei widerliche Kerle ’rein. Verbrechergesichter.
    »Ist das der Mann?« fragt der Skipper.
    »Ja, das ist er«, bestätigen die beiden.
    »Was tun Sie hier auf meinem Schiff?« sagt der Skipper jetzt zu mir in einem Tone, als ob er Vorsitzender eines Schwurgerichts wäre. Vor sich hat er Papier liegen, auf dem er mit einem Bleistift kritzelt.
    »Das möcht’ ich gern von Ihnen wissen, was ich hier auf dem Schiff mache«, antworte ich.
    Nun redet der eine dieser beiden Verbrecher. Sie scheinen Italiener zu sein nach der Art, wie sie die Brocken Englisch herausbringen.
    »Wir wollten gerade in Ladekammer elf reinigen, und da fanden wir den Mann hier besoffen in einer Ecke liegen, wo er fest schlief.«
    »Also«, sagt darauf der Skipper, »dann ist das ganz klar. Sie wollten sich auf meinem Schiff blind wegpacken, um nach England zu kommen. Sie werden das nun wohl nicht mehr bestreiten wollen. Ich kann Sie leider nicht über Bord werfen, was ich ja eigentlich tun müßte. Verdienten eigentlich, daß ich Sie ein halbes Dutzend mal am Lademast schleifen lasse und Ihnen die Haut ein wenig abschinde, damit Sie dran denken, daß ein englisches Schiff nicht dazu dient, Verbrecher, die von der Polizei verfolgt werden, in Sicherheit zu bringen.«
    Was sollte ich da lange reden. Er hätte mir von diesen italienischen Sträflingen die Knochen zerschlagen lassen, wenn ich ihm gesagt hätte, was ich von ihm denke. Er würde es überhaupt tun schon für das, was ich ihm gleich am Anfang erzählt habe. Aber er hat ja nur Interesse an meinen gesunden Knochen und nicht an meinen zerschlagenen.
    »Was sind Sie?« fragte er nun.
    »Schlichter Deckarbeiter.«
    »Sie sind Heizer.«
    »Nein.«
    »Sie haben sich doch hier gestern als Heizer angeboten?«
    Ja, das hatte ich, und das war mein Fehler. Seitdem haben die mich nicht mehr aus den Augen gelassen. Hätte ich damals gesagt, Deckarbeiter, hätten sie vielleicht kein Interesse an mir gehabt. Heizer waren es, die sie brauchten.
    »Da Sie also Heizer sind und Sie Glück haben dadurch, daß mir zwei Heizer krank geworden sind, so können Sie als Heizer arbeiten. Sie bekommen englische Heizerheuer, zehn Pfund zehn ist sie augenblicklich. Aber ich kann Sie nicht heuern. Wenn wir nach England kommen, habe ich Sie den Behörden zu übergeben; und Sie werden, je nachdem der Richter Ihnen geneigt sein wird, zwei bis sechs Monate abmachen müssen und dann natürlich Deportation. Aber hier werden Sie, solange wir auf Fahrt sind, als regelrechtes Mitglied der Mannschaft unsrer ›Empreß of Madagascar‹ behandelt.
    Wir können uns gut vertragen, wenn Sie Ihre Arbeit tun. Wenn wir uns nicht vertragen können, gibt es kein Wasser, lieber Freund. Ich denke also, wir vertragen uns lieber. Um zwölf beginnt ihre Wache. Ihre Wachen sind sechs und sechs Stunden; die zwei Stunden je Wache mehr, werden Ihnen bezahlt mit einem Schilling sechs Pence die Stunde,«
    Da war ich nun Heizer auf der »Empreß of Madagascar«, auf

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