Das Traumschloss
Gesicht. Die Bartstoppeln ließen ihn seltsam verletzlich erscheinen. Nein, er war kein Unmensch. Er war der Mann, in den sie sich verliebt hatte – der Mann, der sie in dieser Nacht zärtlich und leidenschaftlich zugleich geliebt hatte.
Obwohl er ihr damals gesagt hatte, er wolle sie nicht zurückhaben, war er nun nach London gekommen, um sie ausfindig zu machen. Und auch wenn er es nur wegen der starken Anziehungskraft zwischen ihnen getan hatte, was zählte, war, dass er hier war. Er hatte ein Recht darauf zu erfahren, dass er einen Sohn hatte, und sobald er aufwachte, würde sie es ihm erzählen.
Als ihr Handy klingelte, zuckte sie zusammen. Schnell stand sie auf und eilte ins Wohnzimmer, um es aus ihrer Handtasche zu nehmen, bevor Ramon wach wurde. Als sie sah, dass es ihre Mutter war, lächelte sie schwach. Sie hatte sie gewarnt, dass Mateo immer im Morgengrauen aufwachte.
„Mum?“, fragte sie leise. „Ist Matty schon lange wach?“
„Oh Lauren …“, meldete Frances sich mit bebender Stimme. „Es geht ihm nicht gut.“
„Was soll das heißen?“ Laurens Herz krampfte sich zusammen. „Was hat er denn?“
„Er … hat gut geschlafen. Aber als ich vorhin aufgewacht bin, hat er so ein komisches Geräusch gemacht. Es klang nicht wie ein Schrei, sondern erstickt …“
Unwillkürlich verstärkte Lauren den Griff um ihr Telefon.
„Ich bin sofort in sein Zimmer gelaufen“, fuhr ihre Mutter fort. „Und … es sah aus, als hätte er einen Anfall. Ich habe einen Krankenwagen gerufen, und der Arzt ist gerade da. Sie nehmen ihn mit ins Krankenhaus.“
„Ich komme sofort“, erwiderte Lauren, bevor sie das Gespräch beendete. Ihre Sachen waren überall auf dem Boden verstreut und erinnerten sie auf beschämende Art und Weise daran, wie sie sich am vergangenen Abend hatte gehen lassen. In diesem Moment konnte sie allerdings an nichts anderes denken als an ihr krankes Kind.
Nachdem sie sich mit klopfendem Herzen angezogen hatte, verließ sie die Suite und eilte in ihr Zimmer. Dort zog sie sich um und checkte wenige Minuten später aus. Dabei versuchte sie, sich nicht den Kopf darüber zu zerbrechen, was mit Mateo los war. Sie musste sich jetzt darauf konzentrieren, so schnell wie möglich ins Krankenhaus zu gelangen. Selbst Ramon war in diesem Moment nicht wichtig.
Draußen stieß sie auf der Treppe mit Alistair Gambrill zusammen, der offenbar gerade zum Golfspielen aufbrechen wollte.
„Sie sind ja früh auf, Lauren“, bemerkte er und runzelte dann die Stirn. „Alles in Ordnung mit Ihnen?“
„Matty ist krank. Ich muss sofort weg“, rief sie ihm über die Schulter zu, während sie die Stufen hinuntereilte. Ihr Kleiner war auf dem Weg ins Krankenhaus, und nichts würde sie davon abhalten, bei ihm zu sein.
So schnell er konnte, fuhr Ramon durch die Straßen im Norden Londons. Es war Samstagnachmittag, und es herrschte dichter Verkehr.
Lauren ist heute Morgen früh abgereist, weil ihr Sohn krank ist.
Alistair Gambrills Worte gingen ihm nicht aus dem Kopf. Ihr Sohn! Lauren hatte ein Kind? Dios ! Er konnte es nicht fassen. Wessen Kind mochte es sein? Er wollte eine Erklärung, doch ihr Handy war den ganzen Tag ausgeschaltet gewesen, und mit jedem vergeblichen Anruf war sein Zorn gewachsen.
Ramon ließ den Tag Revue passieren. Als er am Morgen aufwachte und Lauren nicht da war, hatte er zuerst angenommen, sie wäre im Bad. Dann hatte er festgestellt, dass sie irgendwann in der Nacht in ihr Zimmer zurückgekehrt sein musste. Offenbar hatte sie es nicht riskieren wollen, beim Verlassen seiner Suite gesehen zu werden, um die Gerüchteküche nicht noch mehr anzuheizen.
Nachdem er in seiner Suite gefrühstückt hatte, war er in den Fitnessraum gegangen. Erst später hatte er durch Alistair Gambrills beiläufige Bemerkung von Laurens frühzeitiger Abreise erfahren – und dem Grund dafür.
„Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass Matty heute Morgen mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht worden ist“, meinte Lauren zum wiederholten Mal, während sie beobachtete, wie ihr Sohn durchs Wohnzimmer krabbelte. „Er sieht schon viel besser aus.“
„Besser als du“, stellte ihre Mutter fest. „Du bist immer noch kreidebleich.“
„Ich habe mir Sorgen gemacht.“ Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Die Vorstellung, dass Matty ernsthaft krank sein könnte, hatte Lauren mit Entsetzen erfüllt. Außerdem hatte sie sich schuldig gefühlt, weil sie nach London gefahren war, obwohl sie geahnt
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