Das Traumschloss
sein Sohn sofort verstummte und ihn fasziniert ansah. „Komm zu deinem Vater.“
Mit angehaltenem Atem beobachtete Lauren, wie Matty plötzlich lächelte und die Arme nach Ramon ausstreckte. Obwohl es ihr zutiefst widerstrebte, ihn ihm zu geben, tat sie es, weil sie sich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Ramon nahm seinen Sohn, und ohne sie eines weiteren Blickes zu würdigen ging er zur Tür.
„Ramon …“, rief sie verzweifelt.
Auf der Schwelle blieb er stehen und musterte sie eisig. „Pack die nötigsten Dinge zusammen“, wies er sie an. „Der Wagen ist in fünf Minuten hier.“
Als Lauren die Augen aufschlug, sah sie über sich einen Engel. Verwundert stellte sie fest, dass dieser Teil eines wunderschönen Deckengemäldes war. Verwirrt fragte sie sich, warum die Zimmerdecke in ihrem Schlafzimmer nicht mehr weiß war.
„Ah, Sie sind wach.“
Die Stimme kam vom Fenster her. Lauren wandte den Kopf und kniff die Augen zusammen, weil das Sonnenlicht sie blendete, das durch die Läden fiel.
„Hallo, Lauren. Ich bin Cathy Morris, Ihre Krankenschwester.“ Eine sympathisch wirkende Frau kam auf sie zu. „Ich bin auch Engländerin und soll mich um Sie kümmern. Señor Velasquez hat mich engagiert.“
Ramon! Undeutlich erinnerte Lauren sich daran, wie Ramon sie die Gangway zu einem Flugzeug hochgetragen hatte. Als sie später kurz die Augen geöffnet hatte, hatte sie in einem Wagen gesessen und war auf ein großes Schloss zugefahren, das in den Bergen lag und im Mondlicht sehr furchteinflößend wirkte.
Als sie sich jetzt aufsetzen wollte, stellte sie fest, dass sie zu schwach war. Sie musste unbedingt Ramon finden, denn Matty war bei ihm.
„Sie sollten lieber noch nicht aufstehen“, sagte die Schwester freundlich, aber energisch. Dann schüttelte sie die Kissen auf und strich ihre Decke glatt. „Sie hatten eine schwere Grippe und waren vier Tage sehr krank. Señor Velasquez ist Ihnen kaum von der Seite gewichen. Er hat sogar in dem Sessel neben Ihrem Bett geschlafen. Er macht Ihrem Sohn gerade das Frühstück, aber er kommt bestimmt bald.“
Als Cathy eine Pause machte, um Atem zu holen, fragte Lauren matt: „Dann bin ich also in Spanien? In Ramons Schloss?“
„Ja, im Castillo del Toro“, bestätigte die Krankenschwester. „Es ist ein wunderschönes Gebäude, im dreizehnten Jahrhundert erbaut und sehr geschichtsträchtig. Es wurde nach einem von Señor Velasquez’ Vorfahren benannt, der den Beinamen ‚der Stier‘ trug, weil er sowohl für seine Verdienste auf dem Schlachtfeld als auch für seinen Erfolg bei Frauen bekannt war.“ Sie lächelte. „Im Dorf habe ich den Eindruck gewonnen, dass der jetzige Duke genauso verehrt wird wie sein berühmter Ahne.“ Nun ging sie zur Tür. „Bestimmt möchten Sie jetzt etwas trinken. Und danach helfe ich Ihnen ins Bad, damit Sie sich frisch machen können.“
Im Kinderzimmer, das am anderen Ende des Flurs lag, setzte Ramon seinen frisch gebadeten Sohn in den Hochstuhl und betrachtete ihn zufrieden. Ganz einfach war es nicht gewesen, den Kleinen in der Wanne zu bändigen, und nachdem er ihn abgetrocknet und angezogen hatte, hatte er das Gefühl gehabt, dass er etwas Großes geleistet hatte.
„Wie hat deine Mutter das jeden Tag geschafft, bevor sie zur Arbeit gegangen ist?“ Widerstrebend musste er sich eingestehen, dass er Lauren insgeheim bewunderte.
Während der ersten vier Tage als Vater war ihm einiges klar geworden. Natürlich hätte er Mateo einfach der Obhut von Cathy Morris überlassen können, die er auch als Kindermädchen engagiert hatte. Doch er war fasziniert von diesem kleinen Menschen, der sein Sohn war, und wollte ihn besser kennenlernen.
Bisher hatte er sich nie Gedanken darüber gemacht, wie es wäre, ein Kind zu haben. Und nun hatte er einen Sohn und würde nie wieder seine Freiheit genießen können. Als er diesem jedoch in die Augen sah, wurde ihm bewusst, dass er mit dem Verzicht auf seine Unabhängigkeit keinen großen Preis zahlte für das, was er dafür im Gegenzug erhielt.
„Zeit fürs Frühstück“, verkündete er, als eine Hausangestellte mit einem Tablett ins Kinderzimmer kam.
Er nahm die Schale mit dem Brei in die Hand, um Mateo zu füttern, aber dieser weigerte sich, den Mund aufzumachen.
„Komm, pequeño , das ist lecker“, versuchte er ihn zu überzeugen. „Probier mal.“ Mateo hingegen wollte den Löffel haben. „Okay, möchtest du allein essen?“ Ramon gab ihm den Löffel und stellte ihm die
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