Das Traumschloss
aufgeben“, fügte er grimmig hinzu.
Mit klopfendem Herzen blickte sie ihm nach.
Nachdem Ramon gegangen war, sprang Lauren aus dem Bett. Prompt wurde ihr so schwindelig, dass sie einen Moment stehen blieb. Sie musste Matty so schnell wie möglich von hier wegbringen.
Da sie die Sachen, die Ramon für sie gekauft hatte, nicht anziehen wollte, suchte sie die, die sie bei ihrer Abreise getragen hatte, konnte sie allerdings nirgends finden. Im Schrank hingen nur Designerstücke, und schließlich entschied sie sich für ein schlichtes graues Wickelkleid und dazu passende Pumps. In einer Schublade fand sie exquisite Dessous. Für schöne Wäsche hatte sie schon immer eine Schwäche gehabt, und schuldbewusst wählte sie eine Kombination aus. Sie würde Ramon von England aus einen Scheck schicken.
Sobald sie Matty geholt hätte, würde sie ein Taxi rufen, das sie zum Flughafen brachte. Ramon vermutete sie bestimmt im Bett, und mit etwas Glück würde sie das Schloss verlassen können, bevor er etwas merkte. Als sie jedoch in den Flur trat, wusste sie nicht, in welche Richtung sie gehen sollte. Zu ihrer Erleichterung kam gerade eine Angestellte um die Ecke.
„Wo ist Señor Velasquez?“, fragte sie die junge Frau auf Spanisch. Sie war froh, dass sie die Sprache seit ihrer Schulzeit leidlich beherrschte.
Plötzlich musste sie an ihre erste Verabredung mit Ramon denken. Damals hatte sie ihn mit ihren Sprachkenntnissen überrascht, und er hatte ihr einige Redewendungen und Wörter beigebracht, die man nicht unbedingt in der Schule lernte. Schon da hatte es so stark zwischen ihnen geknistert, dass sie ihn ohne zu Zögern noch an demselben Abend in sein Penthouse begleitet hatte.
Wir hatten so schöne Zeiten miteinander, dachte sie wehmütig. Es war nicht nur der fantastische Sex gewesen. Ramon und sie hatten viel miteinander geredet und gelacht, hatten Galerien besucht und waren auch oft in den Londoner Parks zusammen spazieren gegangen. Einmal hatten sie sich im Regen unter einer Trauerweide geliebt, und ein anderes Mal hatten sie sich in einem Ruderboot auf dem Serpentine See so hinreißen lassen, dass sie fast gekentert wären.
Unwillkürlich ging Lauren langsamer. Ramon hatte gesagt, sie wären erwachsen genug, um einen Weg zu finden. Aber wie sollte sie ihn heiraten, wenn sie wusste, dass er sie niemals lieben würde? Es würde ihr das Herz brechen – ein Sorgerechtsstreit allerdings auch, zumal sie sich nicht sicher war, ob sie diesen gewinnen würde.
„Ich möchte zu meinem Sohn“, teilte sie der Angestellten mit. „Können Sie mir sagen, wo er ist?“
„Ja“, erwiderte diese. „Bitte folgen Sie mir.“
Unter anderen Umständen hätte Lauren sich gern in aller Ruhe die Räume angesehen, an denen die junge Frau sie vorbeiführte. Im Vorbeigehen erhaschte sie durch die geöffneten Türen nur einen Blick auf die wunderschönen Deckengemälde und Wandteppiche, die antiken Möbel und exquisiten Kunstgegenstände. Trotz der opulenten Ausstattung wirkte das Schloss allerdings nicht wie ein Museum.
Das hier ist Mattys Erbe, überlegte sie, während sie der Spanierin eine prachtvolle geschwungene Treppe hinunter in eine große Eingangshalle folgte, in der zahlreiche Porträts von dunkelhaarigen, stolz dreinblickenden Männern hingen – vermutlich Ramons Vorfahren.
Am hinteren Ende der Halle führte eine offen stehende Flügeltür zu einem modernen Anbau – einem Wintergarten mit Glaswänden, der einen herrlichen Blick auf das weitläufige Grundstück bot. Auf zwei Sofas saßen vier Frauen im Sonnenlicht, und mehrere Kinder hatten sich auf dem Teppich um Mateo herum versammelt, der fröhlich in die Runde blickte.
Er scheint sich ja sehr wohl unter all den Fremden zu fühlen, stellte Lauren niedergeschlagen fest. Bei der älteren, fast majestätisch wirkenden Frau musste es sich um Ramons Mutter handeln, bei den drei jüngeren, von denen eine schwanger war, um seine Schwestern.
Sie stand hinter der halb geöffneten Tür und beobachtete Matty. Die Jungen und Mädchen brachten ihm gerade das Klatschen bei. Sie lachten und redeten auf Spanisch, und zu Laurens Verblüffung schien der Kleine sie schon zu verstehen, denn er strahlte.
Er gehört hierher. Diese Erkenntnis traf Lauren mitten ins Herz. Mit seinen schwarzen Locken und dem dunklen Teint war er das Ebenbild seiner Cousins. Doch es war nicht nur das Äußere. Er war ein Velasquez und gehörte damit zum spanischen Adel. Dieses Schloss war sein Zuhause,
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