Das Treffen
hielten in Bodega Bay, um zu Mittag zu essen. Helen war begeistert. Bodega Bay war der Schauplatz von Alfred Hitchcocks Film Die Vögel. Das Restaurant, in dem sie aßen, bot einen Ausblick auf genau denjenigen Abschnitt der Bucht, den Tippi Hedren in einem Motorboot überquert hatte, als sie von einem Vogel an der Stirn verletzt wurde. »Ich kann es gar nicht fassen, dass ich hier bin«, sagte Helen und nahm einen großen Schluck von ihrer Bloody Mary.
Abilene lachte. »Letztes Jahr waren wir bei Grandpa Munster. Dieses Jahr in der Bodega Bay. Du hast echt Glück bei unseren Ausflügen.«
»Stimmt«, sagte Finley. »Selbst wenn die übrige Reise stinklangweilig wird, du …«
»Wird sie nicht«, fiel ihr Cora ins Wort. »Wir werden uns prächtig amüsieren.«
»Während wir dir beim Surfen zugucken?«
»Mir gefällt's bis jetzt«, sagte Helen. »Und nächstes Jahr bin ich dran. Ich muss mir etwas echt Cooles einfallen lassen.«
»Wie wär's mit einem Spukhaus?«, schlug Abilene vor.
»Ich arbeite noch dran. Aber du kannst dich drauf verlassen – ich finde schon einen Ort, an dem euch die Haare zu Berge stehen werden.«
Nach dem Essen deckten sie sich in einem Supermarkt mit Vorräten ein: Lebensmittel, Getränke, Alkohol, Eis, Sonnencreme und Ersatzbatterien für die Taschenlampen.
Als sie die Stadt verließen, fuhren sie an dem alten Schulhaus vorbei, das in Die Vögel so eine bedeutende Rolle gespielt hatte. »Wahnsinn«, staunte Helen. »Unglaublich.«
»Du musst mal nach L. A. kommen«, sagte Vivian. »Dann besuchen wir mit Fin die Universal Studios. Da kannst du dir das Psycho-Haus angucken.«
»Echt? Cool!«
Sie ließen Bodega Bay hinter sich. Am späten Nachmittag drang der Nebel, der sich über dem Ozean gebildet hatte, zur Küste vor. Langsam legten sich seine weißen, rauchigen Finger über die Felsklippen und reichten bis zur Straße.
»Wir sollten uns besser bald nach einem geeigneten Nachtlager umsehen«, ermahnte sie Abilene.
»Wir müssen einen Weg zum Wasser runter finden«, sagte Cora und fuhr weiter. Bald war der Nebel so dicht, dass kein Sonnenlicht mehr hindurchdrang. Sie fuhren durch eine graue Dunkelheit, hinter der sie die Klippe links und den Steilhang rechts der zweispurigen Straße kaum mehr erkennen konnten. Der Asphalt schien mit dem Nebel zu verschmelzen. Die gelben Straßenmarkierungen verloren sich schon nach wenigen Metern im Trüben. »Ich kann nichts mehr sehen. Scheiße«, sagte Cora schließlich.
»Fahr einfach von der Straße runter«, schlug Abilene vor. Sie spähte aus dem Beifahrerfenster und glaubte, eine steinerne Brüstung zu erkennen. »Aber nicht gerade hier. Ich glaube, wir sind auf einer Brücke.«
»Na toll.«
»Fahr langsamer«, sagte sie, als die Brüstung an ihnen vorbeigezogen war. Der Wagen wurde sanft durchgeschüttelt. »Hier muss es doch eine Abzweigung geben oder … Da!«
Cora trat auf die Bremse und lenkte das Wohnmobil von der glatten Asphaltoberfläche der Straße auf einen Schotterweg.
»Fahr so weit rüber, wie du kannst«, wies Abilene sie an.
Cora schlug noch weiter ein, dann hielt sie an.
»Hier wollt ihr stehen bleiben?«, fragte Helen.
»Besser als die Klippe runterfallen«, entgegnete Vivian.
»Für ein paar Sekunden war's echt aufregend«, sagte Finley.
»Der Nebel legt sich erst morgen wieder«, erklärte Abilene. »Das passiert manchmal in Küstennähe. Aber wir haben ja alles, was …«
»Täuschen mich meine Augen«, sagte Cora, »oder ist da vorne eine Straße?«
Abilene beugte sich vor. Direkt vor ihnen schien der Schotterweg in eine breite Straße zu münden. »Kann sein.«
Cora fuhr darauf zu. »Eine Straße, tatsächlich.«
»Als Straße würde ich das nicht gerade bezeichnen.« Der Weg war nicht asphaltiert, schien aber oft befahren zu werden und führte direkt in eine Nebelbank.
»Passen wir da durch?«, fragte Vivian.
»Versuchen wir's mal«, sagte Cora. »Vielleicht geht's da zum Strand.«
»Hoffentlich ist es keine private Auffahrt«, sagte Helen.
»Glaub ich nicht«, antwortete Abilene.
»Das wird lustig«, sagte Finley.
»Was, wenn wir stecken bleiben?«, fragte Helen.
»Du machst dir zu viele Sorgen«, befand Cora und fuhr los.
»Vorsichtig«, flüsterte Abilene.
Cora steuerte das Wohnmobil langsam die Straße herunter. Auf ihrer Seite befand sich ein steiler, felsiger Hang mit einigen wenigen, verkümmerten Büschen. Auf Abilenes Seite war nichts als Nebel zu erkennen. Sie vermutete, dass
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