Das Treffen
Perverslinge«, sagte Abilene.
»… diese einfachen Regeln für ein sicheres und fröhliches Halloween.«
Cora klappte ihr Lehrbuch zu. »Aber Halloween soll doch gar nicht sicher und fröhlich sein«, sagte sie. »Es geht ja gerade darum, völlig auszuflippen.«
»Ich hatte immer eine Heidenangst«, gestand Helen. »Besonders, wenn ich an einem alten, unheimlichen Haus geklingelt habe. Man wusste nie, wer einem die Tür öffnet.«
»Oder was « , fügte Finley hinzu.
»Uuuuh, schon allein der Gedanke macht mir Gänsehaut. Ich glaube, das war immer mein Lieblingsfeiertag. Neben Weihnachten natürlich.«
»Als ich zu alt war, um von Tür zu Tür zu ziehen«, erzählte Abilene, »haben wir immer unser Haus so richtig gruselig geschmückt. Ich habe die Süßigkeiten bereitgehalten, und Dad hat sich immer einen Scherz erlaubt. Einmal hat er in einem Vampirkostüm die Tür aufgemacht. Ein anderes Mal hat er sich einen Mantel über den Kopf gezogen und sich auf der Veranda versteckt. Er hat sich an die Kleinen rangeschlichen und sie tüchtig erschreckt. Ein paar sind schreiend davongerannt. Für Dad war das ein Mordsspaß, aber Mom hat ihn immer dafür angeschnauzt. ›Jetzt sei doch nicht so‹, hat er dann gesagt. ›Es gefällt ihnen.‹« Abilene schüttelte den Kopf. »Das war wirklich süß von ihm. Wahrscheinlich zieht er morgen Nacht wieder so eine Show ab.« Sie spürte, wie sich ihre Kehle zusammenschnürte. »Oh Mann, jetzt krieg ich gleich Heimweh.«
»Was stellen wir denn an?«
»Letztes Jahr war's eher langweilig«, sagte Abilene. »Wir haben den ganzen Kram besorgt, und niemand ist aufgetaucht.«
»Ein paar schon«, widersprach Vivian.
»Sechs oder sieben Kinder. Man hat gar nicht gemerkt, dass Halloween ist.«
Cora grinste. »Wir könnten zur Sig-Party gehen. Die feiern Hexensabbat oder so was.«
»Bist du lebensmüde?«
»Warum ziehen wir nicht selbst um die Häuser?«, schlug Finley vor.
»Dafür sind wir wohl ein bisschen zu alt«, sagte Vivian und befestigte den letzten Lockenwickler in ihrem Haar.
»Gehen wir doch ins Kino«, sagte Helen. »Im Elsinore zeigen sie die ganze Nacht Horrorfilme.«
»Das klingt ja auch nicht gerade aufregend«, sagte Finley.
»Stimmt«, sagte Abilene. »Ins Kino können wir jederzeit gehen.«
»Und Helen tut das auch«, ergänzte Cora.
»Wir müssen ja nicht an den Häusern klingeln«, sagte Abilene. »Nur ein bisschen durch die Straßen ziehen. Mit Kostümen. Uns die Kinder angucken.«
»Wahrscheinlich werden wir kein einziges zu Gesicht bekommen«, sagte Cora. »Die verbringen nämlich alle ein sicheres und fröhliches Halloween im Gemeindezentrum.«
»Die Armen«, sagte Abilene. »Also, was sagt ihr dazu? Wir nehmen eine Tüte Süßigkeiten mit und verteilen sie an die Kinder.«
»Ich ziehe meine Gorillamaske über«, sagte Finley.
»Das würde Newscene aber gar nicht gefallen«, sagte Cora. »Die behindert bestimmt deine Sicht.«
»Scheiß auf Newscene.«
Finley trug ihre Gorillamaske und einen Mechanikeroverall, den sie entdeckt hatte, als sie ihre Nachtmittagskurse geschwänzt und durch die Secondhandläden in den heruntergekommeneren Vierteln der Stadt gestreift war.
Cora, die zunächst keine große Lust gehabt hatte, sich zu verkleiden, hatte sich schließlich doch breitschlagen lassen und war in ihre Cheerleader-Uniform aus der Highschool geschlüpft. Sie bestand aus einem weißen, mit einem großen M bestickten Pullover, einem kurzen, ebenfalls weißen Faltenrock, Tennissocken und Turnschuhen.
Vivian hatte sich ein Hexenkostüm aus dem Requisitenfundus ausgeborgt, komplett mit spitzem Hut und schwarzem Mantel. Sie schminkte sich eine hässliche, riesige Warze auf die Nase. Finley ließ nicht locker, bis sie auch noch einen Besen mitnahm.
Abilene hatte ihre Verkleidung im Geheimen vorbereitet. Sie hatte einen Halbmond aus Karton an einer Halskette befestigt und mit Alufolie beklebt. Dann hatte sie ein großes Loch in die Achselhöhle eines alten Pullovers geschnitten. Während die anderen im Wohnzimmer saßen, zog sie sich Reeboks, Cordhosen und das verunstaltete Sweatshirt an. Sie legte die Kette um, sodass der silberne Halbmond um ihren Hals baumelte. Dann zeigte sie sich den anderen.
»Was soll denn das darstellen?«, fragte Cora mit gerunzelter Stirn.
»Werbung für Antitranspirationsdeodorant?«, vermutete Finley, die ihre Gorillamaske in Händen hielt.
»Pieeeeep. Falsch.« Abilene deutete auf den baumelnden
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