Das Ultimatum - Thriller
Er kannte die Stimme. Sie gehörte der Terroristin, die grausamer war als ihre männlichen Komplizen. Der wunderschönen dunkelhaarigen Frau, für die ein Menschenleben nichts zählte. Weniger als nichts.
»Fick dich«, ächzte jemand.
Das war der Mann aus dem Restaurant. Er litt offensichtlich große Schmerzen, und der Trotz und der Stolz in seiner Stimme mischten sich mit Resignation.
»Ich werd dich brüllen lassen vor Schmerz. Vielleicht indem ich dein Auge rausschneide, nur so …«
Doch da sprang Martin schon die Treppe hinunter und stieß einen bizarren Kriegsschrei aus. Er flog um die Ecke, sah den Mann, der bewegungsunfähig auf dem Rücken lag und stark blutete, und die Frau, die mit einem Messer in der Hand über ihm kniete. Verblüfft sah sie zu Martin auf, doch er war so schnell, dass ihr keine Zeit blieb, nach der Pistole zu greifen, die sie neben sich auf die Treppe gelegt hatte.
Martin hatte zwei Möglichkeiten: zu zögern und zu sterben oder sich auf sie zu stürzen und wahrscheinlich auch zu sterben.
Er wählte die zweite und hechtete einfach den Treppenabsatz hinunter auf sie drauf. Sein Tempo und die Schwerkraft machten sein mangelndes Gewicht wett, er riss die Frau von ihrem Opfer, sie überschlugen sich, kugelten die Treppe hinunter und knallten gegen das Geländer, ehe sie auf der Leiche einer jungen Frau landeten, die groteskerweise noch warm war. Während sie über die Stufen polterten, hielt Martin die Frau so fest er konnte umklammert, damit sie ihr Messer nicht gebrauchen konnte. Doch sie war stärker als er und wand sich wie eine Schlange unter seinem Griff, dabei fluchte und schrie sie in einer fremden Sprache, und ihre dunklen Augen leuchteten wie glühende Kohlen.
Auf dem nächsten Treppenabsatz kam Martin so unglücklich auf, dass er keine Luft mehr bekam, sie entzog sich seinem Griff, rollte sich auf ihn und versuchte, ihm das Messer in die Brust zu rammen. Er riss noch die Hand hoch, um sie abzuwehren, und schaffte es, das Messer an der Klinge zu packen. Er schrie vor Schmerz auf, da entglitt ihm die Klinge schon wieder und erwischte ihn irgendwo im Oberkörper. Ein gewaltiger Schock durchfuhr ihn, und die Welt um ihn herum schien stillzustehen. Er fiel nach hinten, schlug mit dem Kopf auf den Stufen auf, und seine Arme rutschten hilflos zu Boden. Sein Blick verdüsterte sich, als hätte er einen Tunnel betreten, bis die Frau nur noch ein kaum wahrnehmbarer Schemen war, der sich von ihm erhob, das blutige Messer herausriss und sich umdrehte.
Doch dann hörte er die Schüsse, die im Treppenhaus widerhallten, die Frau schrie auf und taumelte nach hinten gegen die Wand. Sie blieb einen Augenblick regungslos stehen, bevor weitere Kugeln ihren Körper trafen und sie einen grotesken Tanz vollführte, ehe sie eine breite Blutspur nach sich ziehend an der Wand herunterglitt und liegen blieb.
Dann war alles still, sehr still, und Martin fühlte sich sehr, sehr müde.
Ein Gesicht tauchte am Rand seines Blickfelds auf, er glaubte den Mann zu erkennen, den er gerade gerettet hatte, war sich aber nicht mehr sicher. Der Mann sagte etwas, doch Martin hörte nicht, was.
Es war ihm auch gleichgültig. Er wollte nur noch schlafen. Er schloss die Augen und ließ sich davontreiben, hinaus in die Finsternis wie ein Boot, das aus dem Hafen aufs offene Meer hinausgleitet.
Sein letzter Gedanke galt nicht mehr Carrie und dem, was hätte sein können, sondern dem, was war.
Seinem Sohn und seiner Frau.
90
22:28
Elena stand in Wind und Regen am Rande der Terrasse und schaute hinüber auf den von Blaulichtern und Scheinwerfern hell erleuchteten Hydepark. Die Feuerwehr hatte zwei Drehleitern mit Körben ausgefahren und damit begonnen, die Geiseln zu evakuieren. Hinter ihr stoben die ersten dünnen Rauchschwaden aus den Terrassentüren, doch abgesehen davon regte sich nichts. Auch die Schüsse waren längst verhallt.
Vor ein paar Minuten noch hatte sie gesehen, wie Martin hinter dem anderen Mann her in den Flur Richtung Treppe gelaufen war. Keiner der beiden war zurückgekommen, und sie begann das Schlimmste zu fürchten. Sie wollte die Terrasse nicht ohne die beiden verlassen, doch gleichzeitig wollte sie so schnell wie möglich Rod in die Arme schließen. Und jemand musste sich um ihre Nase kümmern. Bis vor ein paar Minuten hatte das Adrenalin noch den Schmerz im Zaum gehalten, doch langsam gewann er die Oberhand, und ihr schwindelte.
Dann hörte sie ein schnell lauter werdendes Dröhnen
Weitere Kostenlose Bücher