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Das Unglueck Mensch (Darwin's Failure)

Das Unglueck Mensch (Darwin's Failure)

Titel: Das Unglueck Mensch (Darwin's Failure) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeleine Puljic
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nicht einfach irgendwo auf den Boden legen konnte, sondern geeignete Verstecke dafür finden musste. Außerdem konnte er in dem Halbdunkel mit eindeutiger Tendenz zum Dunkel dank seiner nicht vorhandenen Erfahrung nur raten, welches Päckchen welches Produkt enthielt.
    Schließlich beschloss er achselzuckend und mit einem Blick auf die Uhr, dass eine ungefähre Platzierung und jede Menge explosives Material ausreichen mussten, um das Gebäude in Schutt und Asche zu legen. Mit mehr Enthusiasmus als Genauigkeit platzierte er ein Päckchen nach dem anderen, wild durchmischt und sich Stockwerk für Stockwerk nach unten voranarbeitend. In Schaltkästen, unter Toilettenspülungen, hinter Schränken … Überall, wo weder die Forscher noch das Personal darauf stoßen würden. Er war nicht wählerisch.
    Als eine Stunde vor Schichtende die ersten Angestellten in ihre Büros und Labore strömten, hatte er bereits in dem Altrus zugewiesenen Bereich Position bezogen und verschmolz mit den zwei Dutzend anderen Arbeitern, die sich mit resignierten und müden Gesichtern vor dem Lastenaufzug sammelten.
     
    Zarail war gedanklich weit weg von den Experimenten, die auch diesmal wieder auf dem Tagesplan standen. Bereits zum vierten Mal versuchte er, die Testsubstanz in eine der Zellen zu injizieren, die sich auf der Glasplatte unter seinem Mikroskop tummelten, und wieder war seine Bewegung zu fahrig. Die Nadel durchstach die hintere Zellwand und Zarail musste die winzige Ansaugvorrichtung zu Hilfe nehmen, um die Zelle wieder von der Nadel herunter zu bekommen.
    Leise fluchend legte er die Instrumente zur Seite und rieb sich die vor Anstrengung schmerzenden Augen. Er gab sich geschlagen, offensichtlich wollte diese Zelle einfach nicht befruchtet werden. Sollte sich doch ein Kollege damit befassen, es war sein letzter Arbeitstag vor dem Urlaub.
    Weniger elegant als geplant segelte sein Laborkittel an der Sessellehne vorbei zu Boden. Selbst für einen halbherzigen Versuch zu müde, das Kleidungsstück vor diesem Schicksal zu bewahren, wandte Zarail sich ab und marschierte in Richtung Kaffeeautomat.
    Während dieser leise surrte und heißes Wasser mit Koffeingeschmack in einen Becher spuckte, wanderten Zarails Gedanken zurück zu seiner Frau.
    Er hatte sie wirklich gern – etwas, das nur noch wenige Menschen von sich behaupten konnten. Liebe war für die meisten zu einem Fremdwort geworden, und ein Teil von ihm fürchtete, dass sie dabei keine Ausnahme darstellte. Auch wenn er sich bisher weigerte, sich diese Möglichkeit einzugestehen, konnte er die Kälte fühlen, die von ihr ausging. Besonders, seit sie befördert worden war.
    Er war nicht eifersüchtig oder neidisch auf ihre neue Position, im Gegenteil – er bewunderte sie für ihr Können, ihren Ehrgeiz, ihr Streben nach Perfektion. Aber seit ihnen ihre gemeinsame Arbeit als Diskussionsthema fehlte, verliefen ihre Tage immer öfter wortlos. Und der Teil, der ihn mit leiser Stimme mahnte, vorsichtig zu sein, konnte die furchtbare Wahrheit dahinter sehen: Ihrer Beziehung fehlte jede Basis.
    Sie hatten nie viel gemeinsam unternommen, nur selten miteinander gelacht – etwas, das ihm noch deutlicher fehlte, seit seine Schwester diesen Part nicht mehr übernehmen konnte. Als der kleine skeptische Teil in ihm mit der Zeit beständig gewachsen war, hatte er allmählich gewisse Tatsachen akzeptiert.
    Zum Ersten: Er liebte seine Frau, mit einer Intensität, die oft an die Schmerzgrenze stieß. Er konnte sich kein Leben vorstellen, in dem er aufwachte und als ersten Eindruck nicht ihr geliebtes Gesicht neben seinem eigenen liegen sah.
    Zweitens: Die Zeit, die sie früher mit ihm verbracht hatte, verbrachte sie nun mit anderen Kollegen. Scherzte mit ihnen, während sie bei ihm kaum ein Wort herausbrachte.
    Und zu schlechter Letzt: Er hatte unvorstellbar große Angst davor, dass der einzige Grund, weshalb sie sich an ihn gebunden hatte, ihre gemeinsame Arbeitszeit gewesen war. Dass sie nichts für ihn empfand, weil sie für niemanden etwas empfinden konnte. Dass sie bereits jetzt dieselbe Bindung zu einem anderen Kollegen in ihrer neuen Abteilung aufgebaut hatte. Dass sie keine Überstunden machte, wenn sie abends spät heimkam.
    Und seine größte Furcht war die, dass all diese Ängste der Wahrheit entsprachen.
    „Hey Esser, schläfst du schon im Stehen?“
    Aus seinen Gedanken gerissen, starrte er Bokan verständnislos an und brachte nur ein sinnfreies „Hä?“ heraus.
    „Was ist denn

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