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Das unheimliche Haus

Das unheimliche Haus

Titel: Das unheimliche Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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auf ihn zugegangen bist.« Paul Nachtigall nahm seine Kerze wieder aus der Luft. »Jedenfalls passiert es nicht jeden Tag, daß man sich selber einen Schreck einjagt.«
    Im selben Augenblick erstarrte Sputnik zum zweitenmal, aber auch Paul Nachtigall federte herum.
    Irgend etwas hatte sich bewegt.
    Als sie jetzt in das Zimmer hineinleuchteten, sahen sie, daß nur ein paar Ratten erschrocken durch die offene Tür davonstoben. Sie hatten sich in einem wurstförmigen Polster, das auf einer kahlen Bettstelle zurückgeblieben war, ein Nest gebaut, das sie wohl schon seit vielen Jahren ungestört bewohnten.
    Fritz Treutlein hatte sich mit Hans Pigge am Ende eines Korridors zum Keller vorgewagt. Der schwache Lichtschein ihrer Kerzen leuchtete nicht viel weiter als bis zu den nächsten zwei Schritten. Sie hatten deshalb die freie Hand ausgestreckt und berührten mit den Fingerspitzen die rauhen Steinwände eines Ganges. Der Boden war betoniert und dreckig.
    Als sie an eine Biegung kamen, blieb der Friseurlehrling auf einmal stehen. »Da ist doch was, oder?« fragte er und hielt den Kopf schief. Jetzt hörte es auch der Junge mit dem hellblonden Pagenkopf.
    »Ein Summen oder so was«, flüsterte Hans Pigge.
    Der Gang war von einem gleichmäßigen Rauschen erfüllt.
    »Wenn wir irgendwo im Gebirge wären«, meinte Fritz Treutlein, »würde ich sagen, daß irgendwo ein Sturzbach in eine tiefe Schlucht fällt. Aber hier gibt’s keine Sturzbäche oder Schluchten.« Er ging in die Hocke und streckte den Kopf um die Ecke. Jetzt konnte er das Geräusch noch deutlicher hören. Vor allem entdeckte er in dem dunklen Gang plötzlich einen schwachen Lichtschein auf dem Betonboden, etwa fünfzehn Meter entfernt.
    »Das ist eine Tür«, stieß Fritz Treutlein leise hervor. »Und unter Garantie sind wir nicht allein in diesem alten Kasten.«
    Im selben Augenblick, als Fritz Treutlein losflitzte, um die anderen zu warnen, schlug über der Halle im ersten Stockwerk mit ziemlichem Krach eine Tür zu, und ein alter Eimer schepperte die breite Treppe herunter.
    Der Boß und Sputnik kamen, so schnell es ihre Kerzen erlaubten, in die Halle getrabt und blickten nach oben.
    »Könnt ihr nicht aufpassen, ihr Hornochsen«, zischte der dickliche Junge mit der Astronautenmütze.
    Die Antwort war ein herzzerreißendes Wimmern und Ächzen.
    Die Herren Langhans und Kubatz waren dabei, ihre Gespenstershow abzuziehen. Darauf hatten sie sich gut vorbereitet. Emil hatte eine Fahrradkette in das Haus geschmuggelt und rasselte damit über den Marmorboden. Karlchen donnerte zwischendurch einen wurmstichigen Stuhl gegen die Wand. Er splitterte auseinander wie eine leere Zigarrenkiste. Gleichzeitig ging das Jammern und Röcheln weiter. Vor allem die Gießkannenstimme von Emil Langhans wimmerte sehr wirkungsvoll. Karlchen bewegte sich mehr in den höheren Tonlagen.
    Als die beiden mit ausgestreckten Armen als Silhouetten auf der obersten Treppenstufe erschienen, kam Fritz Treutlein atemlos aus einem Korridor in die Halle gestürmt. Er blieb ruckartig stehen, blickte sich um und war fassungslos. »Haltet sofort die Schnauze«, zischte er nach oben.
    »Hallo, was soll das heißen?« fragte Karlchen Kubatz eingeschnappt. »Was ist das für ein Benehmen Gespenstern gegenüber?«
    »Das soll heißen, daß ich meine linke Socke gegen den Eiffelturm wette, wenn dieses Haus unbewohnt ist«, erwiderte der Friseurlehrling.
    Es dauerte keine zwei Minuten, bis die Glorreichen hinter Fritz Treutlein durch den Korridor und den dunklen Gang schlichen bis zu der Biegung, an der Hans Pigge wartete. Sie benutzten jetzt ihre Taschenlampen, paßten aber auf, daß deren Lichtschein dicht bei ihren Füßen am Boden blieb.
    »War etwas?« murmelte der Friseurlehrling.
    »Nichts«, tuschelte der Junge mit dem hellblonden Pagenkopf.
    Eine Weile standen sie da, rührten sich nicht, lauschten.
    Auf ein Zeichen von Paul Nachtigall hatte, bis auf Emil Langhans, einer nach dem anderen seine Taschenlampe ausgeknipst. Und auch der Lange hatte sein Licht nur schwach eingestellt und richtete es dicht vor sich auf den Boden.
    Jetzt hörten alle das gleichmäßige Rauschen und Summen.
    Wortlos schlichen sie auf Zehenspitzen Schritt für Schritt vorsichtig weiter auf den dämmrigen Schimmer zu, der da drüben wie ein verschobenes, schmales Rechteck im Dunkeln lag.
    Tatsächlich kam die Helligkeit durch den ganz schmalen Spalt unten an einer Tür. Diese Tür war aus Eisen, tief in die Mauer eingelassen

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