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Das unheimliche Haus

Das unheimliche Haus

Titel: Das unheimliche Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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ein. Sie fuhren wieder einmal so dicht wie ein Pulk Radrennfahrer beim Spurt in einem Sechstagerennen.
    Das vergammelte Dreirad kurvte hinter dem parkenden Postwagen hervor und fuhr ihnen nach. Zuerst spuckte der Motor, aber dann ratterte er gleichmäßig weiter.
    Eine ganze Weile später wagten sich auch die Maxen aus ihrem Versteck. Es waren etwa ein Dutzend. Sie hatten es nicht eilig und ließen zwischen sich und dem Dreirad einen möglichst großen Abstand. Sie kamen nur so nahe heran, daß sie es immer im Auge behalten konnten.
    Die Glorreichen ahnten nicht, daß sie beschattet wurden.
    Als sie die Stadt hinter sich hatten und beim Gaskessel auf die Landstraße abbogen, kam ganz allmählich die Dämmerung vom Zobelberg herüber. Die Sonne berührte beinahe schon den Horizont, und der Mond stand bereits am Himmel — voll und rund, aber noch ein wenig blaß um die Nase.
    Sie unterhielten sich während der Fahrt, als säßen sie in Erikas Milchbar auf ein paar Stühlen nebeneinander.
    Die Maxen waren überhaupt kein Thema.
    Dafür berichtete Fritz Treutlein jetzt schon seit einer ganzen Weile davon, wie heute um die Mittagszeit der wütende Tabakwarenhändler Bemmelmann mit seinem gefälschten Hundertmarkschein in den Salon hineingeschneit war und Polizeimeister Kalender bei dem Kioskbesitzer Wildenbusch gleich ein zweites Falsifikat sichergestellt und mit den Fingerspitzen in eine Plastiktüte versenkt hatte. »Für eine Untersuchung durch den Spurendienst«, erklärte der Friseurlehrling schließlich und blickte zu Karlchen Kubatz hinüber. »Ich wollte deinen Vater gerade zum zweitenmal einseifen und dann gegen den Strich ausrasieren, da hat er abgewinkt und gleich die Schlagzeile >Falschgeld in Bad Rittershude< aus dem Ärmel geschüttelt. Schon morgen früh kommt die ganze Geschichte brühwarm in seine Zeitung. Er ist zur Tür gespurtet und in seinem roten Cabrio wie ein Verrückter losgedonnert.«
    »Ich seh’ ihn vor mir«, grinste der Bürstenhaarschnitt.
    »Ein reicher Onkel ist natürlich besser als gar keine Verwandten«, warf Sputnik ein und grinste. »Aber wenn’s gar nicht anders geht, muß man sich sein Geld eben selber drucken.«
    »Was ist überhaupt ein Falsifikat?« fragte Emil Langhans, der ja tatsächlich irgendwo einen reichen Onkel hatte. Aber der schickte seinem Neffen seit Jahren nur Bilderbücher zu Weihnachten. Er hatte wohl verschwitzt, daß Kinder im Laufe der Zeit größer werden.
    »Hab’ ich auch nicht gewußt«, gab Fritz Treutlein zu und erklärte, was er gestern im Salon über Falsifikate erfahren hatte. »Übrigens, die Scheine waren nagelneu«, fügte er hinzu, »und Bemmelmann ist felsenfest der Meinung, daß sie irgendwo in der Nähe fabriziert werden. Das hat er jedenfalls behauptet, als wir später allein im Salon waren. Vielleicht sei die Fälscherwerkstatt sogar in irgendeinem Keller mitten in der Stadt, womöglich noch dicht bei einer Kirche. Oder eine Druckerei, die am Tag harmlose Briefbögen und Geburtstagskarten herstellt, jagt in der Nacht selbstgemachte Banknoten durch ihre Maschinen. Heutzutage sei so ziemlich alles möglich.« Der Friseurlehrling ließ seine Lenkstange los und fuhr ein paar Meter freihändig. »Aber der Tabakwarenhändler sieht immer gleich schwarze Katzen, dafür ist er ja bekannt.«
    »Wenn das so ist«, meinte Sputnik, grinste wieder und lenkte sein Rad so dicht neben Karlchen Kubatz, daß sich ihre Pedale fast berührten. »Die allerschönsten und größten Druckmaschinen in der Stadt haben doch die Bad Rittershuder Nachrichten.«
    »Du sagst es«, flachste Emil Langhans mit todernster Miene.
    »Man sollte Polizeimeister Kalender diesbezüglich einen Hinweis geben«, frotzelte Paul Nachtigall weiter. Dabei drückte er sich aus dem Sattel und fuhr davon.
    Die anderen feixten und hatten ihn bereits nach einigen Metern wieder eingeholt.
    »Knalltüten, ich bring’ euch alle wegen Verleumdung vor den Kadi«, bemerkte der Bürstenhaarschnitt in ihrer Mitte.
    Dem klapprigen Dreirad, das nun schon während der ganzen Zeit ziemlich weit hinter ihnen über die Landstraße gezottelt war, hatten sie bisher keine Beachtung geschenkt. Um ganz ehrlich zu sein, sie hatten es überhaupt noch nicht bemerkt.
    Und noch weniger ahnten sie etwas von Ulli Buchholz und seiner Begleitung.
    Aber den hätten sie auch gar nicht entdecken können.
    Die Maxen hatten nämlich den Abstand zu dem Dreirad ihrerseits noch vergrößert, weil die vergammelte Kiste hier

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