Das unheimliche Haus
Farbe. Ihre Flächen, die beim Auseinanderklappen die Seiten des Kartons ergaben, waren ziemlich groß mit OPTAL AG bedruckt.
»Optal?« wagte Ekke zu fragen, »ist das jetzt unsere Firma?«
»So ist es, du Klugscheißer«, knurrte die Stimme aus dem Inneren des Wagens. »Was jubelst du dir eigentlich in deine Schmalzlocken, Maschinenöl oder Schmierfett?«
»Margarine«, gab der junge Mann zurück, grinste und spuckte seinen Zahnstocher aus. »Ich bin gleich fertig, Chef.«
»Du gefällst mir, Lockenköpfchen. Vielleicht gibt es da noch einen Spezialauftrag für dich. Hast du schon mal ein Schaufenster dekoriert oder so was Ähnliches?«
»Nicht, daß ich wüßte«, erwiderte Ekke. »Aber zum Fasching hab’ ich in unserer Kneipe manchmal Lampions und Papierschlangen aufgehängt.«
»Das ist doch schon was«, ließ sich die tiefe Stimme wieder hören. »Und jetzt paß gut auf, mein Sohn. In jeden Karton kommt eine halbe Million. Das sind fünfzigtausend Scheine, keiner mehr und keiner weniger. Hab’ ich mich klar genug ausgedrückt?«
»Ja, das haben Sie, Chef.«
»Alles Weitere über Funk, bleibt jetzt ständig auf Empfang«, fuhr der »Mandarin« fort. »Ab morgen vierzehn Uhr läuft der Countdown, dann spult alles ab wie am Schnürchen.«
»Wollen wir’s hoffen, Chef«, sagte Ekke. »Ich hab’s jetzt.«
»Okay«, sagte die Stimme. »Dann mach meinen Kofferraum wieder dicht und verschwinde zur Schiebetür. Aber dreh dich gefälligst nicht um, ich will nur deinen Rücken sehen.«
»Noch einen schönen Abend, Chef«, meinte Ekke und sprintete in seinen Tennisschuhen fast lautlos über die Rampe hinauf zur Ausfahrt. Im Vorbeilaufen hörte er noch das Summen, mit dem der »Mandarin« sein Seitenfenster wieder schloß.
Zur gleichen Zeit schoben die Glorreichen Sieben und die Maxen ihre Fahrräder nebeneinander durch den Wald. Es war inzwischen immer dunkler geworden. Sie blickten sich abwechselnd vorsichtig um und sprachen kein Wort. Aber ihre Stimmung war blendend.
Als sie den Feldweg erreichten, wagten sie es, sich leise zu unterhalten. Doch ihre Lichter ließen sie ausgeschaltet, und sie fuhren lieber ganz langsam. An ihrer Spitze radelten Paul Nachtigall und Ulli Buchholz.
»Wieder mal Burgfriede?« fragte Emil Langhans über die Rücken und Köpfe der anderen hinweg. »Ich meine, bis nach den Sommerferien wenigstens?«
»Jetzt bitte keine Formalitäten«, kicherte das Babygesicht übermütig und wunderte sich über sich selbst.
Karlchen Kubatz radelte dicht hinter ihm. »Dein Schwitzkasten war eine Affengemeinheit, damit das klar ist.«
»Soll nicht wieder Vorkommen«, erwiderte der viel zu große Junge mit den viel zu großen Händen. »Aber wenn ich nur mit den Fingerspitzen zufasse, dann fliegen gleich die Fetzen. Das ist mein Schicksal.«
»Und gegen sein Schicksal ist man machtlos«, gluckste der dürre Maxe mit dem hervorstehenden Kehlkopf.
»Friede, Freude, Eierkuchen«, stellte Paul Nachtigall fest, ohne daß es die anderen hören konnten.
»Ist ja auch das erste Mal, daß wir gemeinsame Sache machen«, erwiderte der Anführer der Maxen. »Du hast den bedeutenden Vornamen Paul, wenn ich nicht schiefliege?«
»So ist es, Ulrich«, sagte der Boß der Glorreichen Sieben. Die beiden guckten sich kurz über ihre rechte beziehungsweise über ihre linke Schulter an und feixten.
»Wir müssen schnellstens bemurmeln, wie’s weitergehen soll«, meinte Paul Nachtigall ein paar Meter weiter. »Am besten, wir treffen uns morgen gleich nach Schulschluß; bei Hitzefrei entsprechend früher.«
»In der Eisdiele von Rinaldo?« fragte Ulli Buchholz, aber er korrigierte sich sofort. »Nein, da ist zuviel Betrieb.«
»In der Milchbar«, schlug der Boß der Glorreichen vor. »Erika überläßt uns ihre Wohnung, wenn es sein muß.«
»Auch wenn wir dabei sind?«
»Mit uns zusammen seid ihr plötzlich salonfähig«, bemerkte Paul Nachtigall. »Daran müßt ihr euch gewöhnen.«
»Du kannst es nicht lassen«, mahnte der breitschultrige Junge in der kurzen Lederjacke. Aber er schüttelte dabei belustigt den Kopf.
»Garantierst du, daß deine Maxen die Schnauze halten?« fragte der Boß der Glorreichen. »Bevor wir uns nachher verdrücken, müssen wir den Haufen zum Stillschweigen vergattern.«
»Wir sind so wasserdicht, wie du nur willst, wenn’s darauf ankommt«, stellte Ulli Buchholz fest. »Aber wie ist das bei euch, falls die Frage erlaubt ist?« »Du kannst es auch nicht lassen«, bemerkte
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