Das unheimliche Haus
wieder nervös nach allen Seiten. Sollte es tatsächlich so sein, daß sich eine Falschgeldbande die unterirdischen Räume der Villa als Versteck ausgesucht hatte, dann konnten sie nur hoffen, daß die Herrschaften in ihren Mauselöchern blieben. Wenn aber in diesem Augenblick auch nur ein einziger von ihnen den Kopf ins Freie streckte, und sei es nur, um Luft zu schnappen, dann war das blödsinnige Feuerwerk der Maxen nicht zu übersehen. Und laut waren sie noch obendrein. Ulli Buchholz hatte zu sprechen aufgehört und runzelte die Stirn. »Ich glaube, ihr hört mir gar nicht zu, und das wäre ein Fehler.« Er leuchtete sich selbst ins Gesicht und grinste wieder. »Ihr sollt nämlich genau wissen, wie unser Plan funktioniert und daß ihr nicht die geringste Chance habt...«
»Stimmt, es ist uns momentan schnurz und schnuppe, wie du dich aufplusterst«, zischte Paul Nachtigall und schoß einen wütenden Blick zu den Maxen hinüber. »Irgendwas passiert hier, und dagegen ist diese Scheißklassenarbeit inklusive Studienrat Purzer ein vollgerotztes Taschentuch. Macht endlich eure Taschenlampen aus, ihr Affen.«
Die Maxen brodelten durcheinander wie ein dutzend Heizkessel, die Dampf ablassen.
Aber jetzt sollte es sich gleich zeigen, daß der breitschultrige Junge mit der kurzen Lederjacke nicht der kaltschnäuzige und ruppige Typ war, für den er sich immer ausgab. Er hatte die Witterung einer Eidechse, wenn es darauf ankam, und spürte in diesem Augenblick bis in die Zehenspitzen, daß ihm der Boß der Glorreichen Sieben jetzt kein Theater vormachte. »Knipst eure Funzeln aus«, befahl er.
»Und auch kein lautes Wort mehr«, flüsterte Paul Nachtigall über die zwölf oder fünfzehn Meter hinweg.
»»Habt ihr gehört, kein lautes Wort mehr«, wiederholte Ulli Buchholz. Er hatte ebenfalls geflüstert.
»Das ist ein ganz fauler Trick«, protestierte das Babygesicht aufgeregt. »Sie wollen uns bloß aufs Kreuz legen.« Er blies die Backen auf und rollte mit den Augen.
Der Anführer der Maxen riß den Kopf herum. »Schnauze«, zischte er und blickte dann zu den Glorreichen hinüber. »Also, was ist los?«
»Wir brauchen zwei Minuten Zeit«, sagte Paul Nachtigall.
»Gut, zwei Minuten«, erwiderte Ulli Buchholz. Er stand da, eine Hand in der hinteren Tasche seiner Jeans. Mit der anderen hielt er seine Taschenlampe und stützte sich gegen einen Baum. Er rührte sich nicht und wartete.
Paul Nachtigall und die anderen steckten die Köpfe zusammen und tuschelten. »Wir kommen nicht darum herum«, murmelte der Boß. »Wir müssen es ihnen sagen.«
Einer der Maxen wischte sich mit dem Unterarm die Nase und spuckte seinen Kaugummi aus. »Sie hauen uns in die Pfanne, ihr werdet es erleben.«
Der Mond kam gerade halb hinter einer Wolke hervor, als sich die Glorreichen aufrichteten und in Bewegung setzten. Ein paar Meter vor den Maxen blieben sie stehen. Paul Nachtigall ging noch zwei Schritte weiter, und der Junge in der kurzen Lederjacke kam ihm entgegen.
Jetzt ging es ums Ganze, und das wußten sie alle.
Wie zwei Boxer, die beim Gongschlag aus ihren Ecken kommen, standen sich die beiden gegenüber.
»Verschwenden wir keine Zeit damit, gegenseitig die Muskeln spielen zu lassen«, sagte der Boß der Glorreichen Sieben. »Wir sind momentan ziemlich sauer aufeinander, aber wir sollten unseren Knatsch jetzt vergessen. In ein paar Minuten habt ihr begriffen, weshalb ich das vorschlage, und dann entscheiden wir, wie es weitergeht.«
»Hört sich an wie ein Krimi«, meinte Ulli Buchholz, ohne das Gesicht zu verziehen.
»Ist auch einer«, bemerkte Emil Langhans trocken und fügte hinzu: »Wäre es nicht besser, wenn wir uns in den Schatten verziehen?«
Kurz darauf hockten die Maxen und die Glorreichen Sieben mit angezogenen Knien dicht nebeneinander zwischen den Bäumen im Kreis.
Zuerst erzählten der Boß und Emil Langhans abwechselnd, wie sie das verfallene Haus entdeckt und durchstöbert hatten.
»Demnach müßtet ihr uns dankbar sein, daß wir euch an der Amper die Ventile aus den Reifen geklaut haben.« Diese Bemerkung konnte sich der Anführer der Maxen nicht verkneifen. »Aber weiter.«
»Jetzt bist du dran«, flüsterte Paul Nachtigall und blickte zu Fritz Treutlein hinüber.
Daraufhin schilderte der Friseurlehrling, was sich nach dem Auftauchen von Tabakwarenhändler Bemmelmann im Friseursalon abgespielt hatte.
Die Maxen waren immer neugieriger geworden und rührten sich jetzt nicht mehr. Als die Glorreichen
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