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Das Unkrautland | Auf den Spuren der Nebelfee

Das Unkrautland | Auf den Spuren der Nebelfee

Titel: Das Unkrautland | Auf den Spuren der Nebelfee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Seitz
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Pilotenmütze über und stellte die Tasche auf den Lenker. Primus flatterte bereits neben ihr in der Luft.
    »Ich habe mir in der Zwischenzeit auch einen Plan zurechtgelegt«, sagte er. »Damit wir mit deiner Knattermaschine möglichst unbemerkt in die Stadt kommen, machen wir am besten einen kleinen Umweg. Die östlichen Stadtmauern von Hohenweis sind viel weniger bewacht als alle anderen. Wenn wir also von der entgegengesetzten Richtung her angeflogen kommen, wird uns wahrscheinlich kaum jemand bemerken.«
    Plim hatte nichts dagegen einzuwenden und nickte.
    »Wir fliegen über den Wald zum Mondwassersee und anschließend ein kurzes Stück über die Felder nach Osten«, fuhr Primus fort. »Dort machen wir einen Bogen und steuern genau von der gegenüberliegenden Seite auf die Hauptstadt zu. Selbst wenn die Nachtwachen auf den anderen Mauern den Krach deines Besens bemerken sollten, wissen sie noch lange nicht, wo genau wir uns gerade befinden.«
    »Alles klar«, sagte Plim und startete den Motor.
    Ein lauter Knall ging durch den Wald, bevor der Besen zu knattern begann. Sie stülpte ihre Brille über und drückte die Hupe. Dann flogen die beiden davon und verschwanden im Dunkel der Nacht.
    Nur wenige Minuten später sahen sie den Mondwassersee unter sich glitzern. Der Himmel war sternenklar und schon von weitem konnten sie die Lichter der Hauptstadt erkennen. Plim flog im kurzen Abstand hinter Primus her, der nun immer weiter nach oben stieg. In großem Bogen und in luftiger Höhe umkreisten sie die Stadt. Dann tauchten in der Ferne die östlichen Stadtmauern auf. Sie flogen noch ein Stückchen geradeaus, bevor Primus sich steil abfallen ließ. Plim heftete sich an seine Fersen. Sie beugte sich über den Fahrradlenker und drückte mit aller Kraft den Besen nach unten. Mit einem heulenden Geräusch sauste der Rennbesen im Sturzflug vom Himmel. Sie schossen zwischen den Zinnen der Stadtmauer hindurch und geradewegs über die Dächer der Häuser. Die Straßen unter ihnen waren menschenleer. Im Zickzack ging es jetzt um die Schornsteine und mit eingezogenem Kopf unter den Verbindungsbrücken der Türme hindurch. Unbemerkt erreichten sie den Marktplatz. Die Bibliothek stand eingekeilt zwischen den Akademiegebäuden und war durch das funkelnde Glasdach kaum zu übersehen.
    Plim drosselte ihren Besen. Jetzt musste sie nur noch einen passenden Landeplatz finden. Sie blickte nach unten und erkannte neben dem Glasdach ein steinernes Mauersims, das breit und lang genug schien, um den Besen zum Stillstand zu bringen. Eine bessere Landebahn hätte sie sich kaum wünschen können. Sie sauste am Dach entlang und setzte neben Primus auf dem Mauersims auf.
    Nun musste es schnell gehen. Bestimmt hatten sie das ganze Stadtviertel aufgeweckt. Gebückt huschten die beiden wie zwei Katzen über das Sims, bevor sie sich bei einem Mauervorsprung in eine Ecke zwängten. Dort blieben sie für eine Weile regungslos stehen.
    »Was ist? Glaubst du, uns hat jemand gehört?«, flüsterte Plim.
    »Psst«, zischte Primus, der weiter die Ohren spitzte.
    Doch abgesehen von dem Gurren der Tauben schien alles ruhig zu sein. Er zog den Zylinder ins Gesicht und stellte seinen Kragen auf. Dann spähte er vorsichtig aus dem Versteck heraus.
    »Die Luft ist rein«, sagte er. »Die schlafen offenbar alle noch tief und fest. Also dann los! Sehen wir nach, wo diese Dachluke ist.«
    Primus trat auf das gewölbte Glasdach zu, an dessen seitlichem Rand sie nun standen. Dort beugte er sich nach unten und presste seine Nase gegen die Scheibe. In der Bibliothek war es stockfinster.
    »So wie es aussieht«, murmelte er, »sind wir über dem hinteren Teil der Halle. Das müssen die Regale mit der Parapsychologie sein. Unser Fenster ist demnach um einiges weiter vorne.« Er sah zu Plim auf und lächelte. »Aber immerhin ist es nicht auf der gegenüberliegenden Seite. Ansonsten hätten wir noch mal über das Dach fliegen müssen.« Er stand auf. »Komm mit«, flüsterte er, »die Luke kann nicht schwer zu finden sein.«
    Lautlos liefen Primus und Plim das Sims entlang. Lediglich eine Gruppe verschreckter Tauben bemerkte die beiden schwarzen Gestalten, die in der Dunkelheit über sie hinweghüpften. Immer weiter führte der Weg, bis sie fast das Ende des Glasdachs erreicht hatten. Dort zeichnete sich schließlich die kleine aufgeklappte Fensterluke ab.
    Primus triumphierte. »Da vorne ist das Fenster, siehst du? Und genau, wie ich es mir gedacht habe, ist es immer noch

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