Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Unkrautland | Auf den Spuren der Nebelfee

Das Unkrautland | Auf den Spuren der Nebelfee

Titel: Das Unkrautland | Auf den Spuren der Nebelfee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Seitz
Vom Netzwerk:
Kurz darauf kam sie mit einem schweren Wälzer unterm Arm wieder zurück. Eine Staubwolke stieg auf, als sie das Buch auf den Tisch knallte.
    Selbstverteidigung für Hexen stand in dicken Lettern auf dem Umschlag.
    »So, mein lieber Rabenstein«, knurrte sie, »lass dich nur blicken. Dir werde ich richtig einheizen, darauf kannst du dich verlassen.«
    Mit einer graziösen Handbewegung feuchtete Plim ihren Zeigefinger an. Dann begann sie zu blättern. In dem Buch gab es die tollsten Rezepte für Hexenflüche und bösartige Zaubermittel, die sie am liebsten sofort alle an Rabenstein ausprobiert hätte.
    »Tja, was bekommt denn der liebe Herr Rabenstein alles von mir?«, summte sie. »Wie wäre es mit ein paar Eiterbeulen, so groß wie Medizinbälle?« Weiter ging es zur nächsten Seite. »Auch nicht schlecht«, sagte sie. »Ich könnte ihm das Euter einer Milchkuh wachsen lassen. Oder noch besser, ich verpasse ihm gleich beides!«
    Die Auswahl fiel ihr wirklich nicht leicht. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie sich endlich für eine besonders pikante Mischung entschieden hatte. Lachsack nannte sich die Rezeptur, die eigentlich aus drei verschiedenen Zaubertränken bestand. Der erste Teil des Tranks verwandelte die Knochen des Angegriffenen in eine weiche Gummimasse, so dass er zunächst wie ein wabbeliger Teigklumpen zusammensackte. Die zweite Zutat sorgte anschließend dafür, dass der Betroffene in unaufhörliches Lachen ausbrach, während ihm die dritte Zutat obendrauf noch einen gehörigen Schluckauf verabreichte. Alles in allem eine tolle Mischung, dachte Plim. Sobald das Zeug wirkte, konnte das Opfer nur noch als kichernder Pudding umherwackeln – und das für mehr als zwei Stunden.
    So etwas war genau nach Plims Geschmack. Sie überflog die Zutaten, stellte fest, dass sie alles Notwendige im Haus hatte, und machte sich sofort an die Arbeit.
    Pünktlich um Mitternacht kam Primus über die Lichtung geflogen. Er setzte zur Landung an und klingelte an der Haustür.
    »Es ist offen!«, plärrte Plim.
    Primus betrat das Haus. Schon im Vorraum wehte ihm ein allzu beißender Geruch entgegen. Es stank so erbärmlich nach Pfeffer und Schwefel, dass ihm die Nase lief. Er ging an den Regalen vorbei und zog den Vorhang beiseite. In der Hexenküche sah es aus, als wäre eine Bombe explodiert. Die Wand neben der Feuerstelle war von oben bis unten mit Ruß geschwärzt, der Kessel lag verbeult vor dem Kleiderschrank und die ganzen Einmachgläser kullerten neben dem umgefallenen Regal über den Fußboden. Man konnte kaum noch einen Schritt tun, ohne über irgendetwas zu stolpern. Hexenbücher lagen verstreut auf dem Boden, Bratpfannen und Kochtöpfe stapelten sich und von der Decke hingen die Wäscheleinen herab.
    Plim stand in der Ecke neben dem Kleiderschrank und wühlte hektisch zwischen dem Kessel und einem Berg von Damenklamotten. Mit Schwung zerrte sie den Rennbesen heraus.
    »Ach du meine Güte. Was ist denn hier passiert?«, fragte Primus.
    »NA, WAS WOHL?«, rief Plim und drehte sich um.
    Ihre Augen waren dunkel geschminkt. Sie hatte die Haare streng nach hinten gebunden und trug einen feuerroten Lippenstift.
    »Ich habe gearbeitet! Das sieht man doch oder etwa nicht?! Na ja, es gab vielleicht den einen oder anderen kleinen Zwischenfall, aber ansonsten – und das kannst du mir glauben, mein Lieber – war es ein voller Erfolg.«
    Sie kletterte zum Tisch, wo ihr Arztköfferchen stand. Voller Stolz hielt sie Primus die Ampullen entgegen.
    »Du kannst dir nicht vorstellen, was ich alles vorbereitet habe«, fing sie an. »Mit diesen Wundermittelchen wird unser Ausflug zu einem Spaziergang werden. Egal ob Riegel, Schlösser oder Ketten, wir bekommen alles auf. Hinterher werden die nicht einmal bemerken, dass wir überhaupt da gewesen sind. Oh«, unterbrach sie, »bevor ich es vergesse. Das Beste habe ich dir noch gar nicht gezeigt.« Sie legte die Ampullen zurück und fischte mit spitzen Fingern ein kleines Sprühfläschchen aus der Tasche. »Falls uns zufällig dein alter Freund Rabenstein über den Weg läuft, dann habe ich hier noch eine ganz besondere Überraschung für ihn. Es ist zwar hochexplosiv und stinkt wie die Hölle, aber dafür ist die Wirkung umso lustiger. Rabenstein wird bestimmt auch seinen Spaß daran haben.«
    Mit einem Zwinkern klappte sie die rote Ledertasche zu. »Also«, sagte sie, »worauf warten wir noch? Holen wir uns das Buch.«
    Draußen im Garten bestieg Plim ihren Besen. Sie zog die

Weitere Kostenlose Bücher