Das Unkrautland | Auf den Spuren der Nebelfee
wir schleunigst die Splitter finden.«
Ratlos zuckte Primus mit den Schultern. »Bei dem Tumult da draußen kommen wir sowieso nicht weit«, sagte er. »Am besten, wir bleiben erst einmal hier und warten ab. Sobald sich eine Gelegenheit bietet, stehlen wir uns davon und machen uns weiter auf die Suche.«
»Jawohl!«, rief Snigg und sprang auf einen der Schemel. »Ich bin ganz deiner Meinung. Die Leute hier wollen jetzt erst einmal in Ruhe essen.«
Primus und Plim nahmen Platz. Sie setzten sich zwischen die Kobolde an die Tafel und warteten darauf, dass sich die Menge beruhigte. Doch so wie es aussah, konnte das wohl noch dauern. Erst einmal wurde serviert. In kleinen Schubkarren schafften die Kobolde von der Küchentruppe das Geschirr herbei und fingen an es zu verteilen. Als Erstes kamen die Teller. Dann wurden die Krüge vergeben und schließlich folgte auch das Besteck. Mittlerweile fand Primus das alles hochinteressant. Er hatte es in dieser Nacht nicht nur geschafft, in die Gänge der Kobolde hineinzugelangen, sondern nahm jetzt sogar an einem ihrer Volksfeste teil. Bucklewhee würde ihm bestimmt kein Wort glauben, wenn er ihm morgen davon erzählte.
Anders war es dagegen bei Plim. Für sie war der ganze Zinnober hier vollkommen überflüssig. Reine Zeitverschwendung sozusagen. Sie wollte so schnell wie möglich aus der Halle hinaus und weiter nach den Steinen suchen. Gelangweilt stocherte sie mit der Gabel zwischen den Zähnen herum, wobei sie grimmig in die Menge blickte. Dann fuhr sie plötzlich zusammen. Sie nahm die Gabel in beide Hände und versuchte sie durchzubiegen. Aufgeregt zupfte sie Primus am Ärmel.
»Du«, flüsterte sie ihm zu, »die haben hier ja richtiges Silberbesteck.«
Doch genau in diesem Moment ertönte ein Tusch. Die Musikanten strichen über die Saiten und ließen die Hörner ertönen. Daraufhin verstummte der ganze Saal und alle Augen richteten sich auf das Podium. Ein schmächtiger Kobold mit einer glänzenden Halbglatze trat vor und ergriff das Wort:
»VEREHRTE FESTGÄSTE«, rief er über die Köpfe hinweg. »Geehrte Meister, treue Gesellen und fleißige Novizen der Bergwerksgilde. Ich übergebe feierlich das Wort an unseren geschätzten Minenmeister und Grubenvorstand, den geachteten Baldus Butterbaum.«
Wieder folgte ein Tusch, doch diesmal begleitet von stürmischem Applaus. Die Kobolde hielten die Teller hoch, johlten und klopften mit ihren Löffeln dagegen.
Dann trat der alte Kobold mit der Schärpe auf das Podium. Er nickte dankend und nahm die Schriftrolle zur Hand. »Habt Dank, habt Dank«, rief er. »Es sei euch gedankt.« Er räusperte sich, wobei er würdevoll den Zwicker zurechtrückte. Dann trank er einen Schluck Wein, atmete tief durch und fing an zu lesen:
»Liebe Freunde und kühne Gefährten«, setzte er an. »Aufgrund des erfolgreichen Abbaus von 5000 Zentnern Quarzschotter im Landkreis Unterwurz darf ich euch heute Nacht alle herzlich zur Gildefeier der Bergwerkstruppe begrüßen.« Er hob die Hand, um einen voreiligen Applaus zu unterbinden. »Mein ganz besonderer Dank gilt hierbei vor allem unseren geschätzten Ehrengästen, die unser kühnes Unterfangen von Anfang an so tatkräftig unterstützt haben. Begrüßen wir also zunächst den ehrwürdigen Bürgermeister von Unterwurz!«
»Ich weiß nicht einmal, wo das überhaupt sein soll«, flüsterte Primus.
»… sowie die Hausräte des Amtes für Bergbau und natürlich ganz besonders: die Professoren der Geheimwissenschaftlichen Fakultät für Alchemie und Sprengpulverkunde. Lasst mich betonen«, rief er, »ES WAR EINE REKORDGRABUNG!«
Der Applaus und das Löffelgeklimper ließen die Halle erbeben.
Unter lauten Zurufen und Jubelgeschrei erzählte Minenmeister Butterbaum daraufhin von unvorstellbaren Gefahren, heroischen Einsätzen und nahezu sagenhaften Heldentaten, welche die tapferen Mitglieder der Bergwerksgilde auf sich genommen und vollbracht hatten. Es wurden Urkunden verliehen, zahlreiche Orden verteilt sowie goldene Schaufeln und Spitzhacken übergeben. Die Menge war schlichtweg begeistert.
Primus schielte unterdessen zum Ausgang. Langsam, so dachte er, schien sich das Koboldgewühl vor der Halle ein wenig zu lichten. Nicht mehr lange und sie konnten sich von hier verdrücken. Es folgte ein weiterer stürmischer Applaus, der jedoch kurz darauf in einen massiven Aufruhr überging. Ein Aufruhr, der ausgerechnet an Primus’ und Plims Tisch losbrach.
Denn in der Zwischenzeit hatte jener
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