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Das Unkrautland, Band 2: Das Geheimnis der Schwarzen Hütte (German Edition)

Das Unkrautland, Band 2: Das Geheimnis der Schwarzen Hütte (German Edition)

Titel: Das Unkrautland, Band 2: Das Geheimnis der Schwarzen Hütte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Seitz
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nicht, wie ihm geschah, als er schon im nächsten Moment inmitten der Halle stand.
    Verwundert blickte er sich um. Der Raum war nicht verstaubt und auch nicht, bis auf einen Tisch, nahezu leer geräumt – wie Primus ihn kannte. Vielmehr standen um diesen Tisch nun zwei Hocker und ein großer hölzerner Lehnstuhl. Es gab zwei Kommoden, zwei Regale sowie eine Reihe von Tintenfässern und Lehrbüchern. Letztere lagen säuberlich geordnet auf der Tischplatte. Primus wandte sich um. Direkt hinter sich entdeckte er zwei hölzerne Betten. Die Kissen waren aufgeschüttelt und die Decken mit weißem Leinen bezogen. Langsam trat er auf eines der Betten zu. Am Kopfende stand etwas – ein Name! Primus beugte sich vor, um die Lettern zu lesen, als plötzlich über ihm eine Stimme ertönte. Laut und forsch hallte sie von den Wänden durchs Treppenhaus.
    Sofort machte er kehrt.
    Doch da stellte er zu seiner großen Überraschung fest, dass er sich gar nicht mehr in der Halle, sondern beim Eingang im Treppenhaus befand. Die Tür nach draußen war mittlerweile geschlossen.
    Er betrat die Wendeltreppe, aus deren Windungen noch immer die seltsame Stimme schallte. Gespannt ging er ihr nach. Und wieder geschah es auf magische Weise, dass er bereits nach wenigen Stufen das Ende der Wendeltreppe erreicht hatte. Vor seinen Augen tauchte jetzt das Turmzimmer auf.
    Vorsichtig blickte er aus der Öffnung im Boden und schaute sich um. Im hinteren Teil des Raums bemerkte er einen hochgewachsenen Jungen. Wütend und aufgebracht durchwühlte dieser die Schriften von Magnus Ulme. Er warf die Pergamente auf den Boden, kramte in den Papieren und blätterte wie wild in den Büchern. Der Knabe schien ein wenig älter zu sein als Primus, hatte stechend helle Augen und ein hartes, strenges Gesicht. Selbst im Traum wusste Primus sofort, wen er hier vor sich hatte. Es war Ruven Rabenstein, der zweite Novize von Magnus Ulme, so wie er ihn einst vor langen Jahren gekannt hatte.
    Primus kauerte sich auf der Treppe zusammen.
    Sein Mund war trocken und er wagte kaum noch zu atmen. Klammheimlich drückte er sich tief in die Ecken der Stufen hinein. Von dort sah er Rabenstein zu, wie dieser vor Zorn regelrecht zu toben begann. Offenbar schien Rabenstein nicht zu finden, wonach er in den Unterlagen suchte. Der Spiegel, hinter ihm an der Wand, warf höhnisch den Kopf zurück. Dann fing er an, Spott und Verachtung auf Rabenstein niederzuschmettern. Dieser fuhr herum. Seine Augen funkelten vor Hass. Er schrie zum Spiegel hinauf, sprach Beschimpfungen und Drohungen aus und schleuderte Bücher gegen das Glas. Der Spiegel aber lachte, dass sein Holz knackte. Wutentbrannt eilte Rabenstein daraufhin durch das Turmzimmer. Er stampfte über die Bretter und lief geradewegs auf die Wendeltreppe zu. Primus, der dort auf den Stufen saß, stockte der Atem. In letzter Sekunde konnte er den Kopf einziehen, als Rabenstein über ihm auftauchte. Dieser aber hatte sich nach hinten zum Spiegel gewandt. Er ballte die Faust, verfluchte den Spiegel und stieg währenddessen an Primus vorbei die Treppe hinunter. In seiner Raserei hatte er ihn glatt übersehen.
    Primus schlug das Herz bis zum Hals. Nachdem er wieder zu Atem gekommen war, blickte er aus der Treppenöffnung. Der Spiegel sah ihn mit ernster Miene an. Im Gegensatz zu Rabenstein war ihm Primus’ Anwesenheit keineswegs entgangen. Er öffnete seinen Mund und rief Primus etwas zu. Dabei weitete er seine Augen und schüttelte warnend den Kopf. Primus aber konnte nicht verstehen, was der Spiegel ihm sagen wollte. Er stieg aus der Wendeltreppe und trat in den Raum. Doch schon nach dem ersten Schritt musste Primus feststellen, dass er sich nicht mehr im Turmzimmer befand, sondern auf einer nächtlichen Wiese. Vor ihm lagen die Nebelfelder und in der Ferne, am Himmel, prangte der Vollmond.
    Die Sommerluft strich über sein Gesicht, während aus der Dunkelheit erneut das leise Klingeln ertönte. Alles schien genau wie zuvor. Der Traum hatte in diesem Moment wieder seine vertrauten Züge angenommen.
    Sekunden später tauchte am Horizont abermals die seltsame Gestalt auf. Wie eine Gämse sprang sie über die Hügel und kam immer näher. Primus schärfte seinen Blick. Es war ein kleiner Kerl mit schmächtigen Armen und spindeldürren Beinen. Alles an ihm wirkte schmutzig und zerschlissen. Er trug ein schäbiges Narrenkostüm, Strumpfhosen und altertümliche Stoffschuhe. Seitlich an seiner Kappe baumelten zwei lange Zipfel mit Glöckchen

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