Das Unkrautland, Band 2: Das Geheimnis der Schwarzen Hütte (German Edition)
hinter den Konserven hervor. An diese Mätzchen war Plim allerdings längst gewöhnt. Ohne etwas darauf zu geben, richtete sie ihr Haar und lief eilends die Stufen zum Dachgeschoss hinauf.
Eine knappe Viertelstunde später kam Primus über die Tannen geflogen. Er segelte in die Lichtung, setzte neben dem Kurbelbrunnen zur Landung an und stellte sich auf seine Beine.
Freudestrahlend wurde er von Chuck in Empfang genommen. »Ja, wen haben wir denn da?«, jubelte die Vogelscheuche. »Einen wunderschönen guten Tag wünsche ich Euch.« Er hüpfte aus dem Salatbeet und kam über die Wiese auf Primus zugesprungen. »Da bin ich doch heilfroh, dass ich inzwischen wieder einigermaßen gekleidet bin«, rief er. »Ihr könnt Euch gewiss nicht vorstellen, was man mir heute angezogen hat.«
Lächelnd zupfte ihm Primus eine gestreifte Strumpfhose aus dem Kragen. »Doch nicht etwa Damenkleidung?«, schmunzelte er.
»Du gütiger Himmel«, fiepte die Vogelscheuche. »Tja, man ist eben hilfsbereit und für jeglichen Unsinn zu haben, hahaha.« Er machte ein verlegenes Gesicht und schlenkerte nervös auf der Stelle. Dann sprang er Primus nach, heftete sich an dessen Fersen und quasselte unentwegt weiter auf ihn ein.
»Ach, wo wir schon beim Thema Kleidung sind«, sagte er. »Ich weiß ja nicht, wie es Euch geht, aber angesichts der ländlichen Umgebung bevorzuge ich vor allem festere Stoffe, in natürlichen erdigen Farben.« Er hob die Schultern und warf den Kopf zurück. »Eben so im klassischen Landhausstil, wenn Ihr wisst, was ich meine.«
Primus bemühte sich, einen interessierten Eindruck zu machen, und nickte.
»Die Oberteile müssen natürlich elegant geschnitten sein«, räumte Chuck ein, »wobei sie aber unbedingt aus robustem Zwirn bestehen sollten.« Er strich sich mit der Hand über den Ärmel. »So etwas ist einfach viel leichter zu pflegen und wäscht bei weitem nicht so schnell aus. Allerdings muss ich zugeben, dass der Tragekomfort ein wenig darunter leidet. Hach«, stöhnte er, »was hat mich diese Jacke anfangs im Nacken gekratzt. Ihr kennt das sicherlich, wenn es dahinten so scheuert, nicht wahr?! Dazu kommt, dass ich viele Stoffe wahnsinnig schlecht vertrage, ich bin nämlich sehr empfindlich, müsst Ihr wissen.«
Neugierig blickte er auf Primus’ schwarzen Frack. »Ich hoffe, ich trete Euch mit meiner Vermutung nicht zu nahe«, sagte er, »aber Ihr seid gewiss Musiker, hab ich Recht?« Dann wedelte er mit den Armen. »Halt, nein«, rief er, »eher Kellner! Nein, Pardon, jetzt hab ich es. Künstler, oder?! Richtig mit Farben und so …«
Erst als sie die Haustür erreicht hatten, konnte sich Primus von der plappernden Vogelscheuche losreißen. Chuck erklärte ihm bei dieser Gelegenheit noch, dass er gegen Hausstaub allergisch sei und schon beim geringsten Kontakt rote Flecken bekäme. Dann verabschiedete er sich und sprang zum Salatbeet zurück.
Primus zog an der Türklingel. »Hallo, Plim!«, rief er. »Ich bin es!«
»Na endlich«, schallte es aus dem Fenster unterm Dach, »warum hat das denn so lange gedauert?! Komm herein, ich warte schon seit Stunden auf dich.«
Primus öffnete die Haustür und trat in den Vorraum. Mit einem Pfiff würdigte er die Regale, die über und über mit Spielzeug gefüllt waren. Plim war offenbar fleißig gewesen. Hinter der Kasse zog er den Vorhang beiseite und ging in die Hexenküche. Dort sah er Plim, die gerade die Treppe heruntergelaufen kam. In der Hand hielt sie die Schatulle mit der Rätselrübe.
»Nun rate mal, was heute passiert ist?!«, sagte sie und strahlte ihn an. »Da kommst du garantiert nicht drauf, nie und nimmer.«
»Tja, was könnte das wohl sein«, scherzte Primus. »Hat vielleicht die liebe Rätselrübe mal wieder etwas zum Besten gegeben?«
»Soso«, bemerkte Plim, »der Kürbis ist also doch nicht so schwerhörig, wie er tut.« Sie deutete mit dem Finger auf den Tisch. »Komm mal hier rüber«, sagte sie, »ich will dir etwas zeigen.«
Nachdem sie die Schatulle geöffnet hatte, setzte sie sich daneben auf die Tischplatte und ließ die Beine baumeln. Stolz zog sie eine der Flöten hervor und hielt sie Primus unter die Nase.
Was sollte das denn bedeuten? Mit gerunzelter Stirn sah er Plim an.
Wie üblich fing sie zu keifen an. »Gib jetzt bloß nicht wieder so einen neunmalklugen Kommentar ab«, sagte sie schnippisch. »Das sehe ich doch schon an deinem Gesicht, dass da wieder etwas im Anzug ist. Sei lieber still und pass auf, was
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