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Das Unkrautland, Band 2: Das Geheimnis der Schwarzen Hütte (German Edition)

Das Unkrautland, Band 2: Das Geheimnis der Schwarzen Hütte (German Edition)

Titel: Das Unkrautland, Band 2: Das Geheimnis der Schwarzen Hütte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Seitz
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geht.«
    Dann aber konnte er auf einmal beobachten, wie Primus im Schlaf zusammenzuckte, sich umdrehte und einen tiefen Seufzer ausstieß. Das war der Moment, in dem Primus zu träumen begann.
    Wie ein Strudel zog es Primus hinab in jenen seltsam anmutenden Traum, den er bereits unzählige Male zuvor durchlebt hatte und der ihn immer wieder aufs Neue heimsuchte. Er krallte die Hände in das Kissen und hielt für einen kurzen Moment den Atem an. Dann schlief er ruhig und gelassen weiter.
    Im Traum sah er die Nebelfelder vor sich, wie sie still im Licht einer Sommernacht lagen. Sanft erhoben sich die Hügel in den tiefschwarzen Himmel, von dem der Vollmond in seiner ganzen Größe erstrahlte. Die Luft duftete nach Gräsern und von allen Seiten ertönte das Zirpen der Grillen. Im Traum hob Primus den Kopf. Er schloss die Augen und schnupperte berauscht den Duft der Bäume und Wiesen. Dann blickte er an sich herab. Seine Kleider sahen aus wie neu. Der Frack war frisch gebügelt, das Hemd gestärkt und sogar seine Schuhe glänzten poliert unter den weißen Gamaschen hervor.
    Leichten Fußes schritt er nun durch das Gras. Im Süden erkannte er die mächtigen Bleiberge, auf deren Gipfeln selbst noch im Sommer die Eiskuppen thronten. Er wandte sich um. Ein Lächeln zeichnete sich auf seinem schlafenden Gesicht ab, als er im Traum seinen Turm erblickte. Prächtig stand dieser da, auf dem höchsten Hügel der Nebelfelder, so als wäre er gerade erst erbaut worden. Die Mauern waren frei von Moos, die Schindeln tadellos und selbst der Putz zwischen dem Fachwerk erstrahlte in frischem Weiß. Primus begann zu laufen. Mit weiten Schritten und von Freude getrieben, eilte er durch das Gras, geradewegs auf den Hügel zu.
    Doch dann, auf halbem Weg über die Felder, blieb er plötzlich stehen. Oben beim Eingang, direkt unter der Laterne, stand ein alter Mann. Gebückt stützte er sich auf einen Stock, während er mit der anderen Hand Primus zuwinkte. Primus erkannte ihn auf der Stelle. Es war niemand anderer als Magnus Ulme, sein alter Meister! Im Freudentaumel riss Primus die Arme empor. Er hielt die Hände an den Mund und rief zu Ulme hinauf. Er versuchte ihm zu sagen, dass er gleich bei ihm sein würde und dass Ulme bitte nicht fortgehen möge. Doch es wollte ihm nicht gelingen. Sosehr er sich auch bemühte, aus seinem Mund kam nicht ein einziger Ton.
    In diesem Moment geschah es, dass Primus ein seltsames Klingeln vernahm. Hoch und hell schallte es hinter ihm durch die Nacht. Mit gemischten Gefühlen drehte Primus sich um. Er kniff die Augen zusammen und schaute wie gebannt hinüber zum Horizont. Der Mond stand jetzt viel, viel tiefer und schien zu seiner doppelten Größe angewachsen zu sein. Aber da war noch etwas, das ihm auffiel: Weit in der Ferne, im Antlitz des Vollmonds, erkannte Primus eine kleine Gestalt.
    Diese wirkte befremdlich, wie sie mit ihren schmächtigen Beinchen wild über die Hügel sprang. Auf und ab ging es, von links nach rechts und mit jedem Schritt ein klein wenig weiter auf Primus zu. Augenblicklich wich dieser zurück. Wer immer der kleine Kerl auch sein mochte, dachte er, es wäre wohl besser, ihm so schnell wie möglich aus dem Weg zu gehen. So machte er auf dem Absatz kehrt, um den Weg zum Turm hinaufzulaufen.
    Doch wie es in vielen Träumen üblich ist, so musste Primus nicht einmal die Beine heben – da befand er sich schon oben beim Eingang. Von Magnus Ulme jedoch fehlte jegliche Spur …
    Primus schluckte. Das Licht in der Eingangslaterne, das noch vor wenigen Momenten gebrannt hatte, war kalt und erloschen. Wie konnte das möglich sein? Langsam blickte er sich um. Im nächsten Moment überkam ihn ein ganz seltsames Gefühl. Denn all die Bilder, die er von jetzt an vor sich sah, waren ihm neu und vollkommen fremd! Zum ersten Mal in all den Jahren nahm der altbekannte Traum einen anderen Verlauf:
    So stand er nun vor dem Eingang und starrte regungslos auf die Tür. Diese war nicht verschlossen, sondern nur angelehnt. Mit großen Augen schaute er zu, wie sie sich langsam und wie von Geisterhand öffnete. Die eisernen Scharniere gaben keinen Laut von sich. Sachte glitt die schwere Eichentür nach innen und gab den Blick auf die Wendeltreppe frei. Primus trat ein. Durch einen Bogen neben der Treppe konnte er die große Halle erkennen, die sich weitläufig über das ganze Erdgeschoss erstreckte. Er neigte nachdenklich den Kopf. Etwas in diesem Raum schien sich verändert zu haben.
    Primus wusste

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