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Das Unsterblichkeitsprinzip

Titel: Das Unsterblichkeitsprinzip Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Lang
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persönlicher Konflikt Raynas System zu starken Belastungen ausgesetzt hatte. Damals existierte der Begriff
    »Kaskadendefekt« noch nicht, aber Commander Spock hatte die Ätiologie in seinen Aufzeichnungen perfekt beschrieben.
      Data fragte sich, was Flint von Rayna erwartet hatte. Ein Verhältnis wie zwischen Vater und Tochter? Oder zwischen Ehemann und Ehefrau? Meister und Lehrling? Pygmalion und Galatea? Alles zugleich und noch mehr? Data gestand sich ein, dass er diese Feinheiten nicht alle verstand. Emotion war für ihn noch immer relativ neu und das Durcheinander, das er durch den Schleier der widerstreitenden Wünsche Waslowicks wahrnahm, erwies sich als zu komplex für ihn – er konnte es nicht entwirren. Aber derzeit gab es wichtigere Dinge, die seine Aufmerksamkeit verlangten. Fakten mussten sortiert, Ereignisse in die richtige zeitliche Reihenfolge gebracht werden. »Und wann wurde Flint zu Waslowick?«, fragte er.
      Der Professor wandte sich um. Er war in Gedanken versunken gewesen, stellte Data fest, in der Vergangenheit, doch die Frage weckte offenbar sein Interesse. Er zog die Hand von der gläsernen Trennwand fort, legte sie sich auf die Brust und lächelte. »In gewisser Weise hatte McCoy Recht, als er Flint ›sterblich‹ nannte. Flint begann in dem Augenblick zu sterben, als Kirk und seine Begleiter… meinen Zustand erkannten. Im Lauf der Jahrhunderte habe ich es immer besser verstanden, ein Leben zu beenden und ein anderes zu beginnen.«
      »Ihre neue Identität als Waslowick war also schon vorbereitet?«
      »Ja, vorsichtshalber. Kirk war nicht der Erste, der meine Unsterblichkeit entdeckte, wohl aber der Erste seit langer, langer Zeit. Ich konnte die Basis der neuen Identität nicht so gut vorbereiten, wie es mir lieb gewesen wäre… Das dürfte Ihnen inzwischen klar geworden sein. Es ging nicht nur darum, Waslowick zu werden. Ich musste auch entscheiden, wer er sein sollte. Einer der einzigartigen Vorteile meiner Existenz besteht darin, dass ich alle hundert Jahre oder so darüber befinden kann, wer ich sein möchte. Und dabei gibt es eine sonderbare Sache: Zwar würde ich gern sagen können, dass ich meine Entscheidungen auf der Grundlage von Logik, Leidenschaft oder profunden Einblicken in das menschliche Wesen treffe, aber in Wirklichkeit liegt ihnen das Bestreben zugrunde, für Fehler in früheren Leben zu sühnen.«
      »Zu sühnen?«, wiederholte Data.
      »Ja.« Waslowick schüttelte müde den Kopf. »Sühne. Unsterblichkeit führt leider nicht zu Heiligkeit. Das Gegenteil ist der Fall.« Er sah zu Rayna und Data bemerkte einen feuchten Glanz in seinen Augen. »Ich habe ihr Unrecht getan, meiner Rayna. Ich wollte ihr Leben geben – das sagte ich mir selbst – und ich glaubte daran. Aber die Wahrheit lautet: Mit ihrem Leben wollte ich meinem eigenen einen Sinn geben. Intelligenz – insbesondere künstliche Intelligenz – ist eine wundervolle Sache, aber sie ist auch sehr fragil. Mit dem Gedanken daran formte ich das Herz von Emil Waslowick und gab ihm die Mission, andere zu finden, mit denen er dieses Verantwortungsbewusstsein teilen kann.«
      Überzeugung erklang in seiner Stimme, aber Data fragte sich, ob der vor ihm stehende Mann begriff, dass er von Waslowick in der dritten Person sprach. Es musste sehr schwer sein, so viele Identitäten voneinander getrennt zu halten.
      Ganz plötzlich veränderte sich Waslowicks Gesichtsausdruck und das besondere Feuer in seinen Augen erlosch. Er sah Data an und sagte: »Und so lernte ich Ira Graves und Noonien Soong kennen.« Er wandte sich vom Rayna-Androiden ab und verließ den Raum. Data folgte ihm.
      »Sie kannten meinen Schöpfer?«, fragte er.
      »Ich kannte ihn, kümmerte mich um ihn, rang mit ihm… und ich verstand ihn.« Waslowick schüttelte den Kopf und lächelte bewundernd. »Er war eine außergewöhnliche Person, Data, und es freut mich sehr, dass ich Gelegenheit erhielt, seine Bekanntschaft zu machen. Er war ein wenig exzentrisch…« Er lachte. »Aber vielleicht bin ich dabei der Esel, der den anderen Langohr schimpft.« Er wurde wieder ernst und fügte hinzu:
      »Er kam dem Ziel von uns allen am nächsten.«
      »Welchem Ziel?«
      »Wie Gott zu werden. Den Staub der Erde zu nehmen und ihm Leben einzuhauchen.« Waslowick blieb stehen, ergriff Data an den Schultern und sah ihm in die Augen. »Dem Universum eine neue Möglichkeit zu geben, sich selbst kennen zu lernen. Sie sind eine Rarität in der

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