Das Unsterblichkeitsprinzip
vorübergehend, für Untersuchungszwecke. Wir mussten geringfügige Reparaturen vornehmen. Leider wurde das Gerät über viele Jahre hinweg vernachlässigt.«
»Und jetzt bewahren Sie es hier auf, als Teil Ihrer Sammlung«, entgegnete Data. »Läuft es darauf hinaus? Auf eine Sammlung? Haben Sie mir das Leben gerettet, um mich ihr hinzuzufügen? Ich habe schon einmal zu einer Sammlung gehört und finde so etwas inakzeptabel.«
Waslowick schüttelte den Kopf. »Nein, dies ist keine Sammlung in dem von Ihnen angedeuteten Sinn. So etwas wäre erniedrigend.«
»Warum sind die Androiden dann hier?«
»Weil sie niemanden hatten, der sich zu ihren Lebzeiten für sie einsetzte.«
»Sie sehen sich also als ihr Advokat und Fürsprecher?«
»Ich glaube, ich bin mehr Soldat als Advokat. Immerhin ist dies ein Krieg und er dauert schon seit hundert Jahren.«
Data schüttelte verwirrt den Kopf. »Entschuldigen Sie bitte, Professor, aber das verstehe ich nicht. Ein Krieg gegen wen?
Oder was?«
»Gegen die Arroganz«, sagte Waslowick streng. »Gegen Genialität ohne Gewissen.«
Data spürte, dass er zum Kern der Angelegenheit vorgestoßen war, und er zögerte, um über die nächste Frage nachzudenken.
Langsam schritt er zum Alkoven mit dem Rayna-Androiden und betrachtete ihn aufmerksam. »War sie der Auslöser für Ihren Krieg?«, fragte er.
Waslowick zuckte zusammen, als hätte ihn ein Peitschenhieb getroffen. Dann lächelte er, doch ohne Wärme und ohne Humor. Es war das Lächeln eines meisterhaften Schwertkämpfers, der das Können eines Gegners anerkannte.
»Ihr Verstand ist so scharf wie der Ihres Schöpfers. Ja, Data, ich bin Flint – oder Akharin, wenn Sie wollen. Ich nehme an, die Starfleet-Raumschiffkommandanten haben ihre Logbücher für Studienzwecke zur Verfügung gestellt. Und Sie sind vermutlich einer der wenigen Kadetten gewesen, die sie tatsächlich gelesen und ihre Informationen verarbeitet haben.«
»Ich hatte bei mehreren Gelegenheiten Anlass, Captain Kirks Lochbücher einzusehen«, sagte Data. »Aber selbst wenn das nicht der Fall gewesen wäre: Ihnen dürfte klar sein, warum die Geschichte von einem unsterblichen Androidenkonstrukteur interessant für mich ist.«
Waslowick lächelte erneut und diesmal war es ein echtes Lächeln. »Natürlich. Und sicher haben Sie längst vermutet, dass ich meine Unsterblichkeit keineswegs verloren, sondern den damaligen Medo-Offizier in die Irre geführt habe, einen gewissen Dr…«
»McCoy.«
»Ja, McCoy… Nun, Unsterblichkeit ist keine Garantie für ein fehlerfreies Gedächtnis, Data. Manchmal kann ich nachts nicht schlafen, liege wach und versuche, mich an die Namen aller Ehefrauen zu erinnern, die ich in sechzig Jahrhunderten hatte.
Ich muss gestehen, dass es mir nicht gelingt. Gelegentlich sehe ich Gesichter in meinen Träumen, Gesichter, von denen ich weiß, dass sie mir einst viel bedeuteten. Ich kann nur vermuten, dass ich mit einigen von ihnen verheiratet gewesen bin.«
Data war verwirrt. »Soll das heißen, dass Sie sich nicht an alle Ihre Leben erinnern, daran, Brahms, Leonardo da Vinci und Alexander gewesen zu sein…?«
Waslowick winkte ab und sah zum Rayna-Androiden. »Sie verstehen mich falsch. Nein, ich erinnere mich daran, all jene Männer gewesen zu sein, und ihre Erfahrungen sind Teil von mir. Aber die Einzelheiten… Wissen Sie, was Sie genau an diesem Tag vor zwei Jahren gemacht haben?« Er hob die Hand, bevor Data antworten konnte. »Schon gut. Für einen Augenblick habe ich vergessen, wer Sie sind. Natürlich erinnern Sie sich daran. Wie dem auch sei: Die wichtigen Dinge vergesse ich nicht.« Er hob die Hand und berührte die gläserne Trennwand vor dem Alkoven mit dem Rayna-Androiden. »Ich erinnere mich an sie. Ich erinnere mich daran, was sie sein sollte und was sie wirklich war. Ich erinnere mich an meine Torheit.«
Data schwieg respektvoll, als Waslowick um seine verlorene Schöpfung trauerte.
Datas Vertrautheit mit der Begegnung zwischen Kirk und Flint – und mit vielen Artefakten dieses »Schreins« -war tatsächlich kein Zufall. An der Akademie hatte er dem Studium der Geschichte der künstlichen Intelligenz viel Zeit gewidmet.
In gewisser Weise lief es auf Ahnenforschung hinaus.
Oberflächlich betrachtet schienen die Berichte über die Begegnung mit Flint ausführlich zu sein, aber sie fielen durch ihren Mangel an Kontext auf. Data vermutete, dass ein
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