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Das unvollendete Bildnis

Das unvollendete Bildnis

Titel: Das unvollendete Bildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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schief. Das Mädchen sah aus, als ob es Zahnweh hätte, und die Zinnen schienen zu schielen. Ein scheußlicher Anblick. Ich konnte es lange nicht vergessen; ich träumte sogar davon. Und selbst am Tag fing ich an, die Zinnen und die Brustwehr und was sonst noch auf dem Bild war, zu sehen, und natürlich das Mädchen!»
    Lächelnd sagte Poirot: «Ohne es zu wissen, zollen Sie dem Genie Amyas Crales Ihren Tribut.»
    «Unsinn! Warum kann ein Maler nicht so malen, dass es hübsch und erfreulich aussieht? Warum muss es hässlich sein?»
    «Es gibt Menschen, mon cher, die Schönheit in der merkwürdigsten Form erkennen.»
    «Das Mädchen sah gut aus», sagte Hale, «stark aufgemacht und mit wenig an. Es ist wirklich unanständig, wie diese Mädchen rumlaufen. Und das war vor sechzehn Jahren, müssen Sie sich vorstellen; heutzutage würde einem das gar nicht mehr auffallen. Aber damals… also ich war schockiert. Hosen und ein Sporthemd, weit ausgeschnitten, und nichts darunter.»
    «Sie scheinen diese Details sehr gut behalten zu haben», murmelte Poirot verschmitzt.
    Hale errötete. «Ich versuche nur, Ihnen meine Eindrücke zu vermitteln», entgegnete er ärgerlich.
    «Gut… gut», beruhigte Poirot ihn. «Also die Hauptbelastungszeugen waren Philip Blake und Elsa Greer?»
    «Ja, und beide waren sehr heftig. Aber auch die Gouvernante wurde als Zeugin geladen, und ihre Aussage wog schwerer als die der beiden. Sie war völlig auf Mrs Crales Seite, doch als ehrlicher Mensch machte sie ihre Aussagen wahrheitsgetreu.»
    «Und Meredith Blake?»
    «Er war höchst unglücklich, der arme Mann. Er wurde von Gewissensbissen wegen seiner Giftmischerei geplagt, und der Gerichtsarzt machte ihm auch schwere Vorwürfe.»
    «Und Mrs Crales kleine Schwester wurde nicht vernommen?»
    «Nein, das war überflüssig. Sie war nicht dabei gewesen, als Mrs Crale die Drohungen gegen ihren Mann ausstieß, und sie hätte uns nicht Neues sagen können. Sie sah, wie Mrs Crale das Bier aus dem Eisschrank nahm, und hätte wahrscheinlich auf Anweisung des Verteidigers ausgesagt, dass Mrs Crale es direkt forttrug, ohne etwas damit anzustellen. Aber dieser Punkt war unwichtig, denn wir haben ja nie behauptet, dass in der Flasche Gift gewesen sei.»
    «Wie konnte sie es denn unter den Augen der beiden in das Glas schütten?»
    «Die beiden haben nicht hingeschaut; das heißt, Mr Crale malte und blickte entweder auf seine Leinwand oder auf das Modell, und Miss Greer saß so, dass sie Mrs Crale beinahe den Rücken zukehrte. Sie hatte das Gift in einer kleinen Röhre, so ein Ding, das man in Füllfederhalter steckt. Wir fanden die Splitter später auf dem Weg zum Haus.»
    «Sie haben auf alles eine Antwort», murmelte Poirot.
    «Hören Sie mal, Monsieur Poirot! Sie droht, ihn zu töten. Sie stiehlt das Gift aus dem Laboratorium. Die leere Flasche wird in ihrem Zimmer gefunden, und nur ihre Fingerabdrücke sind darauf. Sie bringt ihm eisgekühltes Bier, obwohl sie sich gerade furchtbar gezankt hatten. Warum war sie plötzlich so freundlich? Er klagt über den schlechten Geschmack des Biers – Koniin hat einen widerlichen Geschmack. Sie richtet es so ein, dass sie die Leiche findet, und schickt die Gouvernante fort, um zu telefonieren. Warum? Damit sie die Flasche und das Glas abwischen und seine Finger darauf pressen kann. Daraufhin kann sie behaupten, er habe aus seinem schlechten Gewissen heraus Selbstmord verübt. Das ist doch eine tolle Geschichte.»
    «Bestimmt nicht sehr geschickt.»
    «Meiner Ansicht nach hat sie sich gar nicht die Mühe gemacht zu überlegen; sie war so besessen von Hass und Eifersucht, dass sie nur daran dachte, wie sie ihn umbringen könnte. Dann, als es vorbei war, als sie ihn tot vor sich sah… kam sie plötzlich zu sich, und es wurde ihr klar, dass sie einen Mord begangen hatte und dass man für Mord gehängt wird. In ihrer Verzweiflung fällt ihr nichts anderes ein, als einen Selbstmord vorzutäuschen. In gewisser Weise war es ein vorbedachtes Verbrechen, in gewisser Weise aber auch wieder nicht. Ich glaube nämlich nicht, dass sie es sich richtig überlegt hat; sie ist vielmehr blindlings hineingestolpert.»
    Hale blickte Poirot neugierig an und fragte:
    «Habe ich Sie davon überzeugt, Monsieur Poirot, dass es sich um einen ganz klaren Fall handelt?»
    «Fast, aber nicht ganz. Es gibt da ein paar Punkte…»
    «Sehen Sie eine Möglichkeit… die stichhaltig ist?»
    «Was haben die anderen Personen an dem Morgen gemacht?»,

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