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Das unvollendete Bildnis

Das unvollendete Bildnis

Titel: Das unvollendete Bildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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bringen.»
    «Aha!»
    «Richtig – aha! Sie war süß wie Honig. Sie und die kleine Angela brachten dann erst den Herren Bier auf die Terrasse. Später ging Angela baden, und Philip Blake begleitete sie. Meredith Blake ging hinüber zu einem kleinen Plateau oberhalb der Schanze, auf dem eine Bank stand. Von dort aus konnte er Miss Greer auf der Brustwehr sitzen sehen und ihre und Crales Stimmen hören. Er zerbrach sich noch immer den Kopf über das verschwundene Koniin. Elsa Greer sah ihn und winkte ihm zu. Als zum Mittagessen geläutet wurde, ging er hinunter zur Schanze und begleitete Elsa Greer zum Haus. Bei dieser Gelegenheit bemerkte er, dass Crale merkwürdig aussah – so drückte er sich aus –, aber er dachte sich nichts weiter dabei.
    Die Dienstboten waren an dem Morgen wie immer im Haus beschäftigt. Miss Williams saß im Studierzimmer und korrigierte Hefte. Danach setzte sie sich auf die Terrasse und nähte. Angela Warren verbrachte fast den ganzen Morgen im Garten, kletterte auf Bäume und aß Obst. Dann kam sie ins Haus zurück und ging nach einer Weile, wie ich schon sagte, mit Philip Blake zum Strand hinunter, um zu baden.»
    Hale hielt inne und fragte dann herausfordernd:
    «Haben Sie irgendetwas daran auszusetzen?»
    «Nichts, trotzdem möchte ich mich selbst überzeugen. Ich…»
    «Was wollen Sie tun?»
    «Ich werde diese fünf Menschen aufsuchen und mir von jedem seine Version erzählen lassen.»
    Hale stieß einen Seufzer aus.
    «Menschenskind, Sie sind verrückt. Die Geschichten werden nicht übereinstimmen! Das müssten Sie doch am besten wissen. Besonders nach so vielen Jahren! Sie werden fünf Erzählungen von fünf verschiedenen Morden hören!»
    «Damit rechne ich, und es wird sehr aufschlussreich sein», entgegnete Poirot.

6
     
    P hilip Blake entsprach genau Montague Depleachs Beschreibung: ein reicher, schlauer, jovial aussehender Mann, der Fett ansetzte.
    Hercule Poirot hatte sich für Samstagabend halb sieben bei ihm angemeldet. Philip Blake kam gerade vom Golfplatz; er hatte achtzehn Löcher gemacht und seinem Gegenspieler fünf Pfund abgenommen. Also war er guter Laune.
    Poirot erklärte ihm den Grund seines Besuches – ohne in diesem Fall eine übermäßige Wahrheitsliebe an den Tag zu legen – und behauptete, er sei dabei, ein Buch über berühmte Mordprozesse zu schreiben.
    Philip Blake runzelte die Stirn.
    «Großer Gott. Warum muss man diese Dinge ausgraben?»
    Achselzuckend murmelte Poirot:
    «Das Publikum verlangt es; die Leute verschlingen solche Bücher. So ist nun einmal die menschliche Natur. Wir beide, Mr Blake, die wir die Welt kennen, machen uns ja keine Illusionen über unsere Mitmenschen. Die meisten sind zwar gar nicht so schlimm, aber bestimmt kann man sie nicht idealisieren.»
    «Ich mache mir schon lange keine Illusionen mehr», versicherte Blake.
    Hercule Poirot fand, dass er aussah wie ein zufriedenes Schwein. «Ein rosiges Schweinchen ging zum Markt…» Jawohl, ein gut gefüttertes Schwein, das zum Markt geführt worden war und einen guten Preis erzielt hatte…
    Aber früher war dieser Mann vielleicht anders gewesen. In seiner Jugend hatte er bestimmt nicht schlecht ausgesehen. Die Augen waren zwar etwas zu klein und standen zu nahe beieinander, aber er war gut gewachsen und hatte früher sicher einen angenehmen Eindruck gemacht. Wie alt war er jetzt wohl? In den Fünfzigern? Dann war er also zurzeit von Crales Tod Ende der Dreißig gewesen. Damals hatte er wahrscheinlich noch mehr vom Leben verlangt und noch weniger erhalten…
    Poirot murmelte: «Sie werden ja meine Lage sicher verstehen.»
    «Nein, durchaus nicht.» Der Makler richtete sich auf und blickte ihn schlau an. «Sie sind doch kein Schriftsteller?»
    «Nein, nicht direkt. Ich bin Detektiv.»
    Diese bescheidene Feststellung hatte Poirot bisher nur selten gemacht.
    «Natürlich, das weiß man ja, der berühmte Hercule Poirot!», sagte Blake mit einem ironischen Unterton, und obwohl es Poirot recht war, bei dieser Unterhaltung nicht ganz ernst genommen zu werden, ärgerte er sich darüber.
    Aber er ließ sich nichts anmerken.
    «Es freut mich», log er, «dass ich Ihnen so gut bekannt bin. Meine Erfolge beruhen auf Psychologie, auf der ewigen Frage nach den Motiven menschlichen Verhaltens. Das interessiert heutzutage die Welt bei Kriminalfällen. Früher interessierte man sich bei Kriminalfällen nur für die Liebesgeschichte im Hintergrund, heute ist das anders. Die Leute wollen den ganzen

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