Das Urteil
Die Lampe krachte mit voller Wucht gegen die Tür. Fitch brüllte. Die Sperrholzwände wackelten. Ein weiterer Gegenstand traf die Tür und zersplitterte; vielleicht war es ein Telefon. Fitch brüllte etwas über ›das Geld!‹, und dann prallte der Schreibtisch lautstark gegen eine Wand.
Sie wichen ängstlich zurück, weil sie nicht in der Nähe der Tür sein wollten, wenn sie geöffnet wurde. Wam! Wam! Wam! Es hörte sich an wie ein Preßlufthammer. Fitch trommelte mit den Fäusten auf das Sperrholz.
»Findet die Frau!« brüllte er wütend. Wam! Wam! »Findet die Frau!«
40
N ach einer quälend langen Phase, in der er sich gezwungenermaßen konzentrieren mußte, hatte Nicholas das Gefühl, daß jetzt Zeit für eine kleine Debatte war. Er erbot sich, den Anfang zu machen, und faßte rasch Dr. Frickes Bericht über den Zustand von Jacob Woods Lungen zusammen. Er reichte die Fotos von der Autopsie herum, von denen keines viel Aufmerksamkeit erregte. Dies war altbekanntes Territorium, und das Publikum war gelangweilt.
»In Dr. Frickes Bericht heißt es, daß Rauchen über längere Zeit Lungenkrebs verursacht«, sagte Nicholas pflichtgemäß, als könnte das jemanden überraschen.
»Ich habe eine Idee«, sagte Rikki Coleman. »Sehen wir doch einmal, ob wir uns darüber einig sind, daß Zigaretten Lungenkrebs verursachen. Das würde uns eine Menge Zeit sparen.«
»Guter Gedanke«, sagte Lonnie. Er war der überdrehteste und am meisten frustrierte von allen.
Nicholas gab durch ein Achselzucken seine Zustimmung. Er war der Obmann, aber er hatte immer noch nur eine Stimme. Die Jury konnte tun, was ihr gefiel. »Ist mir recht«, sagte er. »Sind alle der Ansicht, daß Zigaretten Lungenkrebs verursachen? Hebt die Hände.«
Zwölf Hände schossen hoch, und ein riesiger Schritt auf das Urteil hin war getan.
»Laßt uns weitermachen und das Thema Sucht erledigen«, sagte Rikki und ließ den Blick um den Tisch herumwandern. »Wer ist der Ansicht, daß Nikotin süchtig macht?«
Ein weiteres einstimmiges Ja.
Sie genoß den Moment und war offensichtlich im Begriff, sich auf das dünne Eis der Haftung zu begeben.
»Laßt uns bei der Einstimmigkeit bleiben, Leute«, sagte Nicholas. »Es ist äußerst wichtig, daß wir uns alle einig sind, wenn wir diesen Raum verlassen. Wenn wir uns aufspalten, haben wir versagt.«
Die meisten von ihnen hatten diese kleine Ansprache schon gehört. Die juristischen Gründe für dieses Streben nach einem einstimmigen Urteil waren unklar, aber sie glaubten ihm trotzdem.
»So, und jetzt laßt uns zusehen, daß wir mit diesen Berichten weiterkommen. Ist jemand bereit?«
Loreen Dukes Bericht war eine Hochglanz-Publikation, für die Dr. Myra Sprawling-Goode verantwortlich zeichnete. Sie hatte das Vorwort gelesen, in dem stand, daß der Bericht auf einer gründlichen Untersuchung der Werbepraktiken der Tabakindustrie basierte, insbesondere darüber, wie sich besagte Praktiken auf Jugendliche unter achtzehn auswirken, und sie hatte das Nachwort gelesen, das die Industrie von dem Vorwurf einer auf Minderjährige abzielenden Werbung freisprach. Der größte Teil der zwischen Vorwort und Nachwort liegenden zweihundert Seiten war unberührt geblieben.
Sie faßte die Zusammenfassungen zusammen. »Hier drin steht nur, daß sie keinerlei Beweise dafür finden konnten, daß die Tabakindustrie mit ihrer Werbung Jugendliche ködern will.«
»Glauben Sie das?« fragte Millie.
»Nein. Ich dachte, wir hätten uns bereits darauf geeinigt, daß die meisten Leute mit dem Rauchen anfangen, bevor sie achtzehn sind. Haben wir uns nicht vor einiger Zeit darüber unterhalten?«
»Ja, das haben wir«, entgegnete Rikki. »Und alle Raucher hier haben angefangen, als sie noch Teenager waren.«
»Und die meisten von ihnen haben, wenn ich mich recht erinnere, wieder aufgehört«, sagte Lonnie mit einiger Bitterkeit.
»Laßt uns weitermachen«, sagte Nicholas. »Sonst noch jemand?«
Jerry unternahm einen lahmen Versuch, über die weitschweifigen Ergebnisse von Dr. Hilo Kilvan zu referieren, dem Statistikgenie, das die erhöhte Lungenkrebsgefahr bei Rauchern bewiesen hatte. Jerrys Zusammenfassung stieß auf keinerlei Interesse; es gab keine Fragen und keine Debatte, und er verließ den Raum, um schnell eine Zigarette zu rauchen.
Dann herrschte wieder Stille, während sie sich weiter durch das gedruckte Material hindurchquälten. Sie kamen und gingen nach Lust und Laune - um zu rauchen, um sich zu strecken, um auf
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