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Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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nicht, mir weiszumachen, irgend jemand könnte es sich wieder abgewöhnen. Ich bin süchtig, okay. So einfach ist das nicht. Ich bin zwanzig Jahre alt, rauche zwei Schachteln am Tag, und wenn ich nicht aufhöre, werde ich keine fünfzig werden. Und erzählen Sie mir nicht, die hätten es nicht auf Kinder abgesehen. Mit ihrer Werbung zielen sie auf Schwarze, Frauen, Kinder, Cowboys und Farmer ab, sie zielen auf jeden ab, und das wissen Sie.«
    In den vier Wochen, die sie beisammen gewesen waren, hatte Angel keinerlei Emotionen gezeigt; deshalb war der Zorn in ihrer Stimme eine Überraschung. Lonnie funkelte auf sie herab, sagte aber nichts.
    Loreen kam ihr zu Hilfe. »Eine meiner Töchter, die Fünfzehnjährige, hat mir vorige Woche erzählt, daß sie in der Schule mit dem Rauchen angefangen hat, weil alle ihre Freundinnen jetzt rauchen. Diese Kinder sind zu jung, um etwas von Sucht zu wissen, und wenn sie es begriffen haben, hängen sie bereits fest an der Angel. Ich habe sie gefragt, wo sie ihre Zigaretten herbekommt. Wissen Sie, was sie mir erzählt hat?«
    Lonnie sagte nichts.
    »Aus Automaten. Einer hängt neben der Passage im Einkaufszentrum, in der die Kinder oft herumlungern. Und einer im Foyer des Kinos, wo sie sich auch oft aufhalten. Eine Menge Fast-Food-Lokale haben Automaten. Und Sie können mir nicht weismachen, daß sie es nicht auf Kinder abgesehen haben. Es macht mich krank. Ich kann es kaum erwarten, nach Hause zu kommen und ihr die Le viten zu lesen.«
    »Und was wollen Sie tun, wenn sie anfangt, Bier zu trinken?« fragte Jerry. »Wollen Sie dann Budweiser auf zehn Millionen verklagen, weil all die anderen Kinder heimlich Bier trinken?«
    »Es gibt keinen Beweis dafür, daß Bier süchtig macht«, entgegnete Rikki.
    »Ach, und deshalb bringt es niemanden um?«
    »Da gibt es einen Unterschied.«
    »Dann erklären Sie ihn mir bitte«, sagte Jerry. Bei der Debatte ging es jetzt um zwei seiner Lieblingslaster. Konnte es sein, daß Glücksspiel und Schürzenjägerei als nächstes an die Reihe kamen?
    Rikki sortierte einen Augenblick lang ihre Gedanken, dann stürzte sie sich in eine unerfreuliche Verteidigung des Alkohols. »Zigaretten sind das einzige Produkt, das tödlich ist, wenn es bestimmungsgemäß verwendet wird. Alkohol ist natürlich dazu da, konsumiert zu werden, aber in vernünftigen Mengen. Und wenn er in Maßen genossen wird, dann ist er kein gefährliches Produkt. Natürlich, Leute betrinken sich und bringen sich auf alle möglichen Arten um, aber es liegt auf der Hand, daß das Produkt in diesen Fällen mißbraucht worden ist.«
    »Also bringt ein Mensch sich nicht um, wenn er fünfzig Jahre lang trinkt?«
    »Nicht, wenn er mäßig trinkt.«
    »Oh, das höre ich gern.«
    »Und da ist noch etwas. Alkohol hat einen natürlichen Warnfaktor. Wenn man das Produkt benutzt, spürt man sofort die Folgen. Im Gegensatz zum Tabak. Man muß jahrelang rauchen, bevor einem klar wird, welchen Schaden man seinem Körper zufügt. Aber dann ist man bereits süchtig und kann nicht mehr aufhören.«
    »Die meisten Leute können aufhören«, sagte Lonnie vom Fenster aus, ohne Angel anzusehen.
    »Und weshalb, meinen Sie, versuchen alle Leute, damit aufzuhören?« fragte Rikki gelassen. »Tun sie es, weil sie ihre Zigaretten genießen? Tun sie es, weil sie sich jung und toll vorkommen? Nein, sie versuchen aufzuhören, um Lungenkrebs und Herzkrankheiten zu vermeiden.«
    »Und wie wollen Sie stimmen?« fragte Lonnie.
    »Ich denke, das liegt auf der Hand«, antwortete sie. »Ich bin ohne Vorurteile in diesen Prozeß gegangen, aber inzwischen ist mir klargeworden, daß unser Urteil die einzige Möglichkeit ist, die Tabakkonzerne zur Verantwortung zu ziehen.«
    »Und was ist mit Ihnen?« fragte Lonnie Jerry, in der Hoffnung, einen Freund zu finden.
    »Ich bin noch unentschlossen. Ich werde mir erst einmal anhören, was die anderen zu sagen haben.«
    »Und Sie?« fragte er Sylvia Taylor-Tatum.
    »Mir fällt es schwer zu verstehen, weshalb wir diese Frau zur Multimillionärin machen sollen.«
    Lonnie wanderte um den Tisch herum und schaute in Gesichter, von denen die meisten versuchten, seinem Blick auszuweichen. Es bestand keinerlei Zweifel daran, daß er seine Rolle als Anführer der Rebellen genoß. »Was ist mit Ihnen, Mr. Savelle? Sie haben bisher überhaupt noch nichts gesagt.«
    Das konnte interessant werden. Keiner der Geschworenen hatte eine Ahnung, wie Savelle dachte.
    »Ich glaube an den freien Willen«,

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