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Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Mitte auf den Tisch, wo sie zögernd von den Geschworenen ergriffen wurden.
    »Sie brauchen sie nur zu überfliegen«, sagte Nicholas, ihnen zuredend wie ein aufgeregter Lehrer. Er ergriff den dicksten Packen, die Untersuchung von Dr. Milton Fricke über die Auswirkungen von Zigarettenrauch auf die Atmungsorgane, und las ihn, als wäre ihm noch nie eine derart dynamische Prosa begegnet.
    Im Gerichtssaal hielten sich eine Zeitlang noch ein paar Neugierige auf, die auf ein schnelles Urteil hofften. Das kam oft vor - schickt die Geschworenen in ihr Zimmer, serviert ihnen ihren Lunch, laßt sie abstimmen, und dann habt ihr euren Urteilsspruch. Die Jury hat ihre Entscheidung schon vor dem Auftreten des ersten Zeugen getroffen. Aber diese nicht.
    In einer Höhe von einundvierzigtausend Fuß und mit einer Geschwindigkeit von fünfhundert Meilen pro Stunde flog der Lear-Jet in neunzig Minuten von Biloxi nach Georgetown auf Grand Cayman. Marlee passierte den Zoll mit einem neuen kanadischen Paß, der auf den Namen Lane MacRoland ausgestellt war, eine hübsche junge Dame aus Toronto, die für eine Woche Urlaub gekommen war, nicht geschäftlich. Wie es die Gesetze der Cayman Islands verlangten, besaß sie auch ein Ticket für den Rückflug, das bewies, daß sie für einen Delta-Flug nach Miami in sechs Tagen gebucht war. Die Caymanianer waren entzückt über Touristen, hielten aber gar nichts von neuen Mitbürgern.
    Der Paß gehörte zu einem perfekten Packen neuer Papiere, die sie von einem erstklassigen Fälscher in Montreal gekauft hatte. Paß, Führerschein, Geburtsurkunde, Wahlberechtigungskarte. Kostenpunkt: dreitausend Dollar.
    Sie nahm sich ein Taxi nach Georgetown und fand ihre Bank, die Royal Swiss Trust, in einem stattlichen alten, einen Block vom Strand entfernten Gebäude. Sie war noch nie auf Grand Cayman gewesen, trotzdem kam es ihr vor wie eine zweite Heimat. Sie hatte sich zwei Monate lang eingehend mit der Insel beschäftigt. Ihre finanziellen Angelegenheiten waren sorgfältig durch Faxe arrangiert worden.
    Die tropische Luft war warm und drückend, aber sie bemerkte es kaum. Sie war nicht wegen Sonne und Strand hier. In Georgetown und New York war es fünfzehn Uhr. Vierzehn Uhr in Mississippi.
    Sie wurde von einer Empfangsdame begrüßt und in ein kleines Besucherzimmer geführt, wo ein weiteres Formular ausgefüllt werden mußte, eines, das nicht gefaxt werden konnte. Binnen Minuten erschien ein junger Mann und stellte sich als Marcus vor. Sie hatten schon oft am Telefon miteinander gesprochen. Er war schlank, gepflegt und gut gekleidet, sehr europäisch, und sprach perfekt Englisch mit nur einem ganz leichten Akzent.
    Das Geld war eingegangen, teilte er ihr mit, und Marlee schaffte es irgendwie, die Nachricht entgegenzunehmen und dabei jeden Anflug eines Lächelns zu unterdrücken, was nicht einfach war. Der Papierkram war in Ordnung. Sie folgte ihm eine Treppe höher in sein Büro. Marcus' Titel war vage, wie der vieler Banker auf Grand Cayman, aber er war irgendeine Art von Vizepräsident, und er war für die Aktienverwaltung zuständig.
    Eine Sekretärin brachte Kaffee, und Marlee bestellte ein Sandwich.
    Pynex stand auf neunundsiebzig, bei lebhaftem Handel seit Börsenöffnung, berichtete Marcus, vor seinem Computer sitzend. Trellco war um drei Dollar fünfundzwanzig auf sechsundfünfzig gestiegen, Smith Greer auf vierundsechzig fünfzig. ConPack wurde gleichbleibend mit dreiunddreißig gehandelt.
    Nach Notizen arbeitend, die sie praktisch auswendig kannte, tätigte Marlee ihren ersten Leerverkauf, indem sie fünfzigtausend nicht vorhandene Aktien von Pynex bei neunundsiebzig abstieß. Wenn alles gut ging, würde sie sie in allernächster Zukunft zu einem erheblich niedrigeren Preis zurückkaufen. Leerverkäufe waren ein überaus riskantes Manöver, von dem normalerweise nur die allererfahrensten Investoren Gebrauch machten. Wenn damit zu rechnen war, daß der Preis einer Aktie fiel, dann gestatteten es die Börsengesetze, daß die Aktien zuerst zu dem höheren Preis verkauft und dann später zu einem niedrigeren zurückgekauft wurden.
    Mit zehn Millionen Dollar auf dem Konto durfte Marlee Aktien im Wert von ungefähr zwanzig Millionen Dollar verkaufen.
    Marcus bestätigte den Verkauf mit schnellem Tippen auf seiner Tastatur, dann entschuldigte er sich für eine Sekunde, während er seine Kopfhörer aufsetzte. Ihr zweites Geschäft war der Leerverkauf von dreißigtausend Trellco-Aktien zu

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