Das verborgene Kind
Hund zu streicheln, und zog ihn sanft an den langen Ohren. »Das dachte ich mir. Ist es okay, wenn ich mir Kaffee koche?«
»Natürlich. Lottie hat überlegt, ob du wohl Lust hast, mit ihr nach Porlock zu fahren. Sie hat Einkäufe zu erledigen, und vielleicht schaut sie danach noch bei Imogen vorbei. Sie ruft sie gerade an.«
»Klingt gut.«
Matt fragte sich, ob er das Thema Annabel anschneiden solle, beschloss aber, zuerst mit Lottie zu reden. Es hat keine Eile, sagte er sich; ich darf ja wohl meinen ersten Tag genießen, ohne mich auf etwas festzulegen.
4. Kapitel
E in paar Tage später rief Sara kurz vor dem Mittagessen an.
»Hallo, Charlotte. Wie ist das Leben im La-La-Land?«
Lottie seufzte. Sie wusste, dass Sara um ihrer selbst willen Milos Geste, ihr, Lottie, ein Zuhause zu schenken, als rein philanthropische und ein wenig lächerliche Handlung betrachten musste; etwas, worüber man sich mokierte und was man abtat, als seien sie beide dumme Kinder, die in einer Phantasiewelt lebten. Hinter ihren herablassenden Neckereien steckte allerdings eine sehr reale Angst, nämlich dass Nick daraus irgendein materieller Nachteil entstehen könnte.
»Das Leben hier ist sehr gut, danke, Sara. Wie geht es dir?«
»Ich habe ziemlich schlechte Nachrichten. Habt ihr etwas von Nick gehört?«
»Nicht in letzter Zeit. Was ist los?«
»Anscheinend gibt es Probleme zwischen ihm und Alice.«
Lottie sog scharf die Luft ein. »Oh nein! Das tut mir so leid, ich hatte ja keine Ahnung. Die beiden wirkten so ...« Sie zögerte. »Glücklich zusammen« hatte sie sagen wollen, aber das war nicht ganz richtig; jedenfalls nicht auf die Art, auf die Im und Jules es waren. Nick und Alice tolerierten einander gutmütig. »Sie schienen so gut zusammenzupassen«, schloss sie stattdessen.
»Das dachte ich auch.« Sara klang verärgert. »Natürlich kommuniziert Alice nicht mit mir, und Nick macht Ausflüchte. Daher bin ich mir nicht sicher, was wirklich wahr ist. Ich dachte nur, ich sollte euch vorwarnen für den Fall, dass einer von beiden sich bei euch meldet.«
»Möchtest du mit Milo sprechen?«
»Nicht unbedingt.«
»Das tut mir so leid, Sara. Was ist mit den Kindern?«
»Was soll mit ihnen sein? Nick hat einfach gesagt, Alice wäre mit ihnen über die Frühjahrsferien zu ihren Eltern nach Hampshire gefahren und dass er nicht eingeladen sei. Er kommt zum Mittagessen.«
»Dann grüß ihn schön von mir. Matt ist für ein paar Tage hier ...«
»Ach ja?« Saras Stimme klang scharf.
Lottie widerstand dem Drang, Matts Anwesenheit zu erklären und sich dafür zu entschuldigen. Wenn es um High House ging, benahm sich Sara immer noch, als sei sie mit Milo verheiratet, und wachte mit Argusaugen über Nicks künftige Ansprüche.
»Sie hat keinerlei Rechte«, pflegte Milo verärgert zu sagen, wenn der Druck überwältigend wurde. »Mit meinem Eigentum kann ich tun und lassen, was ich will. Inzwischen sollte sie eigentlich wissen, dass ich für Nick sorgen werde.«
»Ja«, sagte Lottie jetzt gelassen zu Sara. »Es ist wunderschön, ihn zu sehen.«
»Und wie kommt er mit dem neuen Buch voran? Ziemlich lange her seit dem großen Erfolg, was?«
Lottie biss sich auf die Lippen und unterdrückte ihren Zorn. »So etwas braucht eben Zeit. Er ist sehr gut in Form, und es ist schön für ihn, dass er Im treffen kann.«
»Haben die beiden schon etwas Neues gefunden?«
»Nein, noch nicht.«
»Na ja, ich hoffe nur, Milo kriegt nicht wieder den pathetischen Drang, in High House ein Obdachlosenasyl einzurichten. Einmal reicht ja wohl.«
Lottie legte einfach auf. Sie fand es immer noch schockierend, so entschieden und unhöflich zu sein. Aber das hatte Milo ihr geraten, nachdem er so viele Anrufe mit angehört hatte, die mit Streit, Protest und Verärgerung geendet hatten.
»Das ist die einzige Art, mit Sara umzugehen«, hatte er gemeint. »Sie versucht immer, das letzte Wort zu haben, und man fühlt sich nachher regelrecht elend. Versuch es mal!«
Und er hatte recht, die Taktik funktionierte bemerkenswert gut. Sara verlor zwar nie ein Wort darüber, aber trotzdem hatte Lottie ein zwiespältiges Gefühl dabei.
Matt kam herein. Einen Moment lang stand er mit hochgezogenen Augenbrauen da, und sie schenkte ihm ein betretenes Lächeln.
»Sara«, sagte sie. »Schlechte Nachrichten. Sie sagt, Nick und Alice hätten Eheprobleme.«
»Tut mir leid, das zu hören. Hat sie gesagt, warum?«
»Nein, eigentlich nicht. Sie wollte uns nur vorwarnen,
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