Das verborgene Lied: Roman (German Edition)
etwas hat die Kunstwelt noch nie gesehen oder gehört. Wenn du wolltest, könntest du ein Vermögen damit verdienen. Wenn du wolltest.«
»Ich will mein Geld als Schafzüchterin verdienen und nicht, indem ich mein Erbe verscherbele.«
»Ich habe mir fast gedacht, dass du so etwas sagen würdest«, entgegnete Zach lächelnd.
»Was hast du jetzt vor?«, fragte Hannah.
»Ich werde die Galerie schließen. Ganz offiziell, meine ich. Sie ist ja schon seit Wochen geschlossen, ich konnte es einfach nur noch nicht zugeben. Ich werde meinen gesamten Bestand verkaufen, auch meine Bilder von Celeste und Dimity. Davon kann ich den Vorschuss für das Buch zu rückzahlen und ein Weilchen leben. Aber Delphine verkaufe ich nicht. Meine Zeichnung von deiner Großmutter würde ich niemals hergeben.«
»Ich würde sie gern mal sehen«, sagte Hannah.
»Wirst du. Ich bringe sie mit.«
»Hierher?« Sie runzelte die Stirn.
»Wenn ich die Galerie schließe, bin ich praktisch obdach los, verstehst du? Das Gebäude wird nur als Ganzes vermietet, und wenn ich darin kein Geschäft betreibe, kann ich es mir nicht leisten. Ich habe mir überlegt, dass ich vielleicht in Blacknowle bleiben werde. Eine Zeit lang zumindest.«
»Zach …« Hannah schüttelte mit bekümmerter Miene den Kopf.
»Keine Panik. Ich frage dich ja nicht, ob ich bei dir einziehen könnte. Aber ich will dich weiterhin sehen können. Ich will dir helfen, wenn ich kann. Vielleicht könntest du mir ja Arbeit auf dem Hof geben.« Er grinste.
»Und diese bezaubernd weichen Hände ruinieren? Niemals.«
»Hannah – als ich herkam, dachte ich, ich suche nach Charles Aubrey. Nach dem Grund dafür, weshalb mein Leben so gelaufen ist, wie es ist. Warum meine Ehe gescheitert ist und mein Geschäft der Pleite entgegengeht. Ich dachte, ich suche hier nach einer Möglichkeit, Geld zu verdienen, und nach Antworten. Aber jetzt weiß ich, dass ich mich da gründlich geirrt habe. Ich glaube, ich habe in Wirklichkeit nach dir gesucht.«
»Was willst du damit sagen? Dass du mich liebst?«
»Ja! Und ich würde es dir gern beweisen, wenn du mir eine Chance gibst. Ich weiß, dass es sich nach der schrecklichen Art, wie du Toby verloren hast, vielleicht sicherer anfühlt, allein zu sein, weil du dann nichts zu verlieren hast. Aber ich weiß auch, dass du mutig genug bist, das zu überwinden.«
»Zach …« Sie spreizte die Finger und hielt sich die Hand vor die Augen.
»Nein, lass mich ausreden. Ich weiß nicht, wie es weitergehen wird. Ich werde mir irgendeinen Job suchen, und am Wochenende werde ich zeichnen und die Bilder meiner Tochter schicken. Aber ich will das hier tun. Bei dir. Das versuche ich dir zu sagen. Das Einzige, was ich im Moment wirklich will, ist, bei dir zu sein, Hannah.«
Hannah hielt seinem Blick ruhig stand. Die Brise wehte ihr ein paar lockige Strähnen vor die Augen, die sie gegen die Sonne zusammenkniff. Sie war so schwer zu durch schauen wie immer, und am liebsten hätte Zach ihr Gesicht mit beiden Händen still gehalten, um endlich zu entziffern, was darin stand. Nach einem längeren Schweigen wurde ihm klar, dass sie nicht antworten würde. Dass sie ihm wahrscheinlich nicht antworten konnte, jedenfalls nicht in Worten. Also kämpfte er sich weiter voran, trat vor und küsste sie. Sie hatte Salz auf den Lippen, auf der Haut, und ihr Mund war warm. Sie stand ganz still, gespannt wie eine Bogensehne, doch sie wich nicht zurück. Und dann ließ er sie los und wartete. Licht und Schatten des Himmels spielten auf ihrem Gesicht. Er sehnte sich danach, sie zu zeichnen.
»Ich …« Sie verstummte und räusperte sich. »Ich wollte gerade ein bisschen schwimmen – hast du Lust?« Zach schaute an sich hinab und lächelte.
»Aber meine Klamotten …«
»Na und?«, sagte sie und lächelte. »Die werden wieder trocken, du Stadtmensch.«
»Ein Stadtmensch bin ich also, immer noch? Werde ich den Rest meines Lebens mit diesem Stempel herumlaufen?«
»Vermutlich«, antwortete sie von oben herab.
»Na, dann. Mit Klamotten und allem Drum und Dran.« Hannah nahm seine Hand, und er spürte die Überzeugung in ihren Fingern, die sich mit seinen verschränkten und ihn festhielten. Dieser Griff würde dem Sog des Wassers widerstehen, den Gezeiten selbst. Sie traten vor, ertasteten mit den Zehen den Rand des Damms und sprangen dann kopfüber ins Wasser, beide zusammen.
Dimity beobachtete sie von der Klippe aus. Sie waren so ineinander vertieft, so gefesselt, dass sie nicht
Weitere Kostenlose Bücher