Das verbotene Eden 01 - David & Juna
Bewegungen kraftvoll und geschmeidig. Er musste ein furchterregender Kämpfer gewesen sein, früher. Vielleicht hatte Juna mehr von ihm geerbt, als ihr bewusst war.
Fünf Minuten später tauchte Arkana auf. Sie war in einen weiten weißen Mantel gehüllt und hatte ihre Haare mit einem Badetuch hochgebunden. »Juna, so früh schon wieder zurück? Ist etwas geschehen?«
»Allerdings. Und genau darüber muss ich mit dir sprechen.«
»Soll ich gehen?«, fragte Claudius.
»Nein, bitte bleib«, sagte Juna und zwang sich zu einem Lächeln. »Was ich zu sagen habe, geht euch beide an.«
»Du machst es aber spannend«, meinte Arkana. »Komm, setz dich. Möchtest du einen Tee und etwas zum Frühstück?«
Diesmal nahm Juna das Angebot gerne an.
»Dann erzähl mal«, sagte Arkana, als Juna eine Tasse getrunken und eine Scheibe Weizenbrot mit Honig gegessen hatte.
»Er ist fort. Er ist heute Morgen gegangen.«
»David?«
Juna nickte. »Er sagte, er müsse zurück, um sich von seinem Meister zu verabschieden. Ich habe versucht, ihn aufzuhalten, aber es war sinnlos. Jetzt fürchte ich, dass ich ihn niemals wiedersehe.«
»Dann ist er also vollständig gesund geworden?«
Juna nickte. »Wir hatten so große Pläne. Wir wollten gemeinsam fortgehen, einfach für eine Weile untertauchen. Wie konnte er mir das nur antun?« Sie spürte schon wieder, wie ihre Augen feucht wurden.
»Ihr wolltet fortgehen?« Arkana runzelte die Stirn. »Aber wohin denn?«
Juna zuckte die Schultern. »Du wirst mich sicher auslachen, aber wir sprachen davon, die
Zuflucht
zu suchen. Ich weiß, das klingt naiv – immerhin ist es ja nur eine Legende –, aber der Glaube daran hat uns Mut und Hoffnung gegeben. Jetzt, wo David weg ist, habe ich nicht mal mehr das.«
Arkana blickte zu Claudius hinüber, nur für einen winzigen Moment, aber Juna bemerkte es sofort. Der Ausdruck im Gesicht ihres Vaters sagte ihr, dass es sich um etwas Wichtiges handeln musste.
»Ist irgendetwas?«
»Wir wissen, wo die
Zuflucht
zu finden ist«, sagte Arkana. Ihre Stimme klang ganz ruhig. »Wenn ihr das wirklich wollt, könnten wir euch verraten, wo ihr danach suchen müsst. Aber ihr müsst euch wirklich sicher sein, denn es ist ein weiter und gefährlicher Weg. Claudius und ich, wir haben auch schon darüber nachgedacht, aber wir haben uns dagegen entschieden. Glânmor braucht uns. Für euch hingegen wäre es tatsächlich eine Chance. Zumindest so lange, bis sich hier alles wieder beruhigt hat.«
Juna blickte zwischen ihrem Vater und ihrer Mutter hin und her. Für einen kurzen Moment dachte sie, die beiden würden sich einen Scherz mit ihr erlauben, doch ihre Gesichter blieben vollkommen ernst.
»Du … du willst mir doch nicht erzählen, dass an den Legenden tatsächlich etwas dran ist?«
Auf Arkanas Blick hin verschwand Claudius kurz in einem der Nebenzimmer und kam dann mit einer dunklen Rolle zurück. Sie war braun und fleckig, offenbar aus Leder, das mit einem Band zusammengehalten wurde. Claudius legte die Rolle auf den Tisch und löste die Abdeckung am einen Ende. Das Leder roch alt und muffig und gab knarrende Geräusche von sich, als Claudius ein aufgerolltes Pergament aus seinem Inneren zog.
»Das ist die einzig existierende Karte, auf der die
Zuflucht
vermerkt ist«, sagte Arkana und strich das Dokument glatt. »Sie ist wertvoller als Gold. Ich kenne Dutzende von Frauen, die dafür töten würden. Sei es, um sie zu benutzen, sei es, weil sie sie vernichten wollen. Also gib gut darauf acht.«
»Ich verstehe nicht …«
Arkana rollte das Pergament zusammen, steckte es wieder in die lederne Röhre und brachte den Deckel an. »Ich schenke sie dir. Du und David, ihr werdet euch auf den Weg machen und die
Zuflucht
suchen. Ihr müsst sie finden, verstehst du? Erzählt den Menschen dort draußen, dass es uns gibt und dass wir ihre Hilfe benötigen. Wenn die Dinge sich weiter so schlecht entwickeln, dann, fürchte ich, wird von unserer Welt nicht mehr viel übrig bleiben.«
»Wovon sprichst du, Mutter?«
»Edana.«
Arkana sagte nur dieses eine Wort, aber es genügte, um zu beschreiben, dass die Lage ernst war.
»Was ist geschehen?«
Ihre Mutter seufzte. »Edana hat den Hohen Rat davon überzeugt, ihr die Befehlsgewalt über den bevorstehenden Angriff zu übertragen. Ihr Plan ist es, mit einer schlagkräftigen kleinen Einheit durch die Kanalisation in die Raffinerie einzudringen und die Tore von innen zu öffnen.«
»Das klingt nach einem guten
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