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Das verbotene Eden 01 - David & Juna

Das verbotene Eden 01 - David & Juna

Titel: Das verbotene Eden 01 - David & Juna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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wütend, aber David glaubte, eine gewisse Milde herauszuhören. So, als wäre sie es langsam leid, mit ihm zu streiten.
    »Bitte lass mich gehen«, versuchte er es noch einmal. »Was kann es denn schaden? Vermutlich ist ohnehin schon überall bekannt, dass ein Überfall bevorsteht. Der Inquisitor mag ein Teufel in Menschengestalt sein, dumm ist er nicht. Er wird längst über unsere Entführung informiert worden sein. Er braucht nur eins und eins zusammenzuzählen, um zu wissen, dass etwas im Busch ist. Vielleicht kann ich den Spieß umdrehen. Sobald ich in Erfahrung gebracht habe, was der Inquisitor vorhat, und mit meinem Meister gesprochen habe, werde ich zurückkehren. Und dann können wir gemeinsam von hier aufbrechen. Versprochen.«
    Juna schwieg. In ihrem Gesicht mischten sich Trotz und Trauer.
    »Vertrau mir«, sagte er. »Nur dieses eine Mal.«
    Junas Blick war so reglos wie der einer Sphinx. Sie sagte nichts. Sie stand einfach da und schwieg.
    David rappelte sich hoch. Sie schien ihn nicht daran hindern zu wollen. Er griff nach Grimaldis Leine und setzte seinen Weg fort.
    Als er etwa zwanzig Meter zurückgelegt hatte, sah er aus dem Augenwinkel, wie Juna nach ihrem Bogen griff. Seelenruhig legte sie einen Pfeil ein, spannte die Sehne und zielte auf ihn. Das war’s also, dachte er. Jetzt stirbst du. Getötet von der Hand, die dich gerettet hat. Er schloss die Augen.
    Er hörte, wie der Pfeil von der Sehne schnellte. Für einen Sekundenbruchteil glaubte er, getroffen zu sein, doch dann hörte er einen dumpfen Knall, ein paar Meter entfernt. Er öffnete seine Augen und sah den Pfeil im Stamm einer benachbarten Buche stecken. Der Schaft vibrierte mit leisem Summen.
    »Du gehst in die falsche Richtung.« Juna deutete auf den Pfeil. »Du musst da lang.«

41
    J una wartete, bis David vom Grün des Waldes verschluckt worden war, dann drehte sie um und kehrte in ihr Geheimversteck zurück. Die Höhle wirkte auf einmal leer und ausgestorben. Überall waren Davids Spuren zu sehen – wo er geschlafen, wo er gegessen und sein Buch abgelegt hatte. Sie sah die Überreste seiner zerfetzten Schuhe, die Verbände und den Stock, mit dem er geschrieben hatte. Und sie erkannte ihre eigenen Zeichen im Staub. Buchstaben, Kringel, Schleifen und Bögen. Mühevolle Versuche, das Schreiben zu erlernen. Sie waren erst bei K angekommen. Ob sie wohl jemals den Rest lernen würde? Erneut spürte sie, wie ihr die Tränen in die Augen schossen. Mit trotzigen Fußtritten tilgte sie die erbärmlichen Schreibversuche, zertrat die Glut des Feuers, packte ihre Sachen und brach auf.
    Der Einstieg zum Geheimgang lag einen knappen Kilometer südlich der Höhle. Sie verabschiedete sich von Camal. Dann entzündete sie eine Fackel und tauchte in die Dunkelheit ein.
    Der Weg war lang und verwinkelt. Hin und wieder zweigte ein Gang ab, doch Arkana hatte Juna eingeschärft, worauf sie zu achten hatte, um sich nicht zu verlaufen. Mittlerweile hätte sie den Weg sogar blind gefunden. Der Geruch nach Schwefel leitete sie durch die Dunkelheit. An der tiefsten Stelle tropfte Wasser von der Decke, ein sicheres Zeichen dafür, dass sie sich unterhalb des Sees befand. Jetzt nur noch den steilen Anstieg bewältigen, die roh in den Stein gehauene Treppenflucht erklimmen und die letzten paar Kurven nehmen, dann hatte sie das Innere des Tempelberges erreicht. Die Hitze hatte deutlich zugenommen.
    Schwitzend und keuchend hielt sie an. Der Weg vor ihr war versperrt. Sie tastete die Wand entlang, bis sie den verborgenen Schalter fand, und drückte ihn. Die mächtige Felsplatte schwenkte zur Seite.
    Vorsichtig trat sie ein.
    Die Gemächer der Hohepriesterin wirkten wie ausgestorben. Das Licht des frühen Morgens schien durch das Fenster.
    »Hallo?« Juna blieb im Eingang stehen und wartete. Erst als sie ein zweites Mal rief, war aus dem Nebenzimmer ein Geräusch zu hören.
    Claudius erschien in der Tür. Er war nur mit einer hellen Hose bekleidet, die von einer Kordel zusammengehalten wurde. Sein Oberkörper war nackt. Offenbar hatte er noch im Bett gelegen. Seine Brust war behaart, seine Arme wirkten muskulös und durchtrainiert. Eine lange Narbe zog sich vom rechten Schlüsselbein quer über die Brust.
    »Juna.« Er lächelte. »Ich hatte dich nicht so bald erwartet.«
    »Wo ist Mutter?«
    »Sie ist noch im Bad. Soll ich sie rufen?«
    »Bitte.«
    Claudius schnappte sein Hemd und streifte es im Gehen über. Obwohl er nicht mehr der Jüngste war, wirkten seine

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