Das verbotene Eden 01 - David & Juna
Brust und hör auf, mir auf die Nerven zu gehen.«
»Diesmal nicht«, erwiderte David. »Die Zeiten, in denen du mich herumkommandieren konntest, sind endgültig vorbei. Ich sage es jetzt zum letzten Mal: Waffe weg, oder ich stoße zu.«
Amon stieß ein gehässiges Lachen aus. »Als ob du jemanden töten könntest! Dazu bist du gar nicht fähig, du verdammter Waschlappen. Du kannst doch keiner Fliege was zuleide tun. Ich zeige dir, wie so was geht. Siehst du meinen Finger am Abzug? Nur ein kleiner Ruck, und es ist vorbei. Vielleicht solltest du jetzt besser nicht hinsehen …«
Weiter kam er nicht. Ein plötzliches Brennen in der Brust ließ ihn innehalten. Entgeistert blickte er nach unten. Das Messer steckte bis zum Heft in seiner Brust. Es war, als hätte ihn ein Eiszapfen durchbohrt. Seine Muskeln wurden schlaff, das Gewehr entglitt seinen Fingern. Er wollte etwas sagen, aber mehr als ein Röcheln bekam er nicht zustande. Warum schmeckte er plötzlich Blut in seinem Mund?
Er stand auf und wankte ein paar Schritte in Richtung Rollfeld. Wie schön und friedlich es hier war. Die Luft roch nach Sommerblumen. Irgendwo zwitscherte ein Vogel. Warum war ihm das nicht schon früher aufgefallen? Er sollte sich hinlegen, nur für ein Weilchen, und die Morgensonne genießen. Dann sank er zu Boden.
52
A mon kippte um wie ein nasser Sack und blieb liegen, leblos und tot. Eine Weile schien er noch zu atmen, dann war es vorbei.
David war wie versteinert. Er konnte nicht glauben, was er getan hatte. Der Gedanke, dass er seinen Freund getötet hatte, war so befremdlich, dass sein Verstand sich weigerte, die Wahrheit zu akzeptieren. Was war bloß geschehen? Es kam ihm so vor, als ob nicht er es gewesen war, sondern nur ein Teil von ihm. Als ob er in Wirklichkeit danebengestanden hatte wie ein unbeteiligter Zuschauer. David blickte auf seine Finger und erschrak. Seine Hände waren voller Blut.
»Was habe ich getan?«, flüsterte er.
Juna schlang ihre Arme um ihn und legte ihren Kopf an seine Brust. »Was du tun musstest. Was dein Herz dir befohlen hat.« Ihre grünen Augen schienen direkt in seine Seele zu blicken. Sie beugte ihren Kopf vor und küsste ihn. »Der Bund ist damit besiegelt.« Ihre Lippen fühlten sich weich und sanft an. Es war, als würde die Frühlingssonne auf eine kalte Winterlandschaft scheinen. Das Eis in seinem Inneren begann zu schmelzen.
»Komm«, sagte sie. »Wir müssen hier weg.«
»Ja«, murmelte er. Wankend kam er auf die Beine. In seinem Inneren herrschte ein unbeschreibliches Chaos. Um ihn herum war ein Bild des Grauens. Ein Mann ohnmächtig, zwei Männer tot. Einer davon sein ehemaliger Freund. Die traurige Bilanz eines einzigen Vormittags. Und der, der das alles zu verantworten hatte, war immer noch auf freiem Fuß.
Er spürte, wie seine Wut sich zu einem Gedanken formte. Plötzlich war alles so klar, als wäre es in Stein gemeißelt.
»Komm«, sagte er. »Es gibt noch etwas, was wir tun müssen.«
*
Es war Ratsherrin Edana persönlich, die den Angriff durch die Kanalisation leitete. Während die Hauptstreitmacht der Brigantinnen die Wälle von Westen her mit Steinhagel und Brandpfeilen überzog, war sie mit einer Handvoll ihrer besten Kriegerinnen von der Flussseite her in die verborgenen Abwasserkanäle eingedrungen. Nun arbeiteten sie sich durch knietiefes Wasser, stinkenden Schlamm und verrostete Metallgestänge langsam vorwärts. Ihr Ziel war die große Zisterne, in der das Brauchwasser der Fabrik aufgefangen und gefiltert wurde, um es dem breiten Strom gereinigt wieder zurückzuführen. Zumindest war es früher so gewesen, denn die Abwasseranlage war natürlich längst nicht mehr in Betrieb.
Edana lächelte grimmig, als sie daran dachte, was für Gesichter die Verteidiger wohl machen würden, wenn ihnen klarwurde, dass eine kleine Truppe ihre Verteidigung durchbrochen und die Haupttore von innen geöffnet hatte. Doch dann wäre es für Gegenmaßnahmen natürlich längst zu spät.
Es war Sven gewesen, der ihr von diesem geheimen Pfad berichtet hatte. Es hatte viel Mühe gekostet, ihm diese Information zu entlocken, doch selbst ein Sturkopf wie er hatte irgendwann einsehen müssen, dass es keinen Sinn hatte, Widerstand zu leisten. Dumm war nur, dass er schlappgemacht hatte, ehe Edana ihm noch weitere nützliche Informationen entlocken konnte. Irgendetwas mit seinem Herzen. So musste sie sich eben mit dem zufriedengeben, was sie erfahren hatte, und das war besser als nichts. Wenn
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