Das verbotene Eden 01 - David & Juna
Habt ihr ihn etwa nicht untersucht?«
»Offenbar nicht gründlich genug«, sagte Juna. »Er muss es in einer geheimen Tasche dicht am Körper getragen haben. Um ehrlich zu sein, ich finde es nicht so dramatisch. Er hat mir daraus vorgelesen, und es war kein bisschen aufwieglerisch.«
»Du hast dir vorlesen lassen?« Edana trat näher, ihre Brauen zu einem schmalen Strich zusammengezogen.
Juna zuckte die Schultern. »Wie gesagt, ich sah nichts Verbotenes darin. Er las eigentlich mehr für sich selbst, und ich habe ihn dabei belauscht.«
»Und dass dich seine Worte verhexen könnten, daran hast du wohl nicht gedacht?«
»Verhexen?« Juna gestattete sich ein Lächeln. »Es waren nur
Worte.
Und der Junge machte auf mich nicht den Eindruck eines Hexenmeisters.«
»Das kann man nie wissen«, sagte Edana. »Er ist ein Mönch. Ein Mann der Kirche, genau wie der Inquisitor, und was das für ein Mensch ist, das wissen wir ja wohl zur Genüge.« Sie straffte die Schultern. »Nun ja, du hast ihm das Buch ja sicher weggenommen. Gib es mir.« Sie streckte die Hand aus und wippte erwartungsvoll mit den Fingern.
»Ich … nein.« Juna senkte den Kopf.
»Was heißt
nein?
«
»Ich habe es ihm gelassen.«
Edanas Brauen fuhren empor. »Wie konntest du das tun, du kennst doch die Regeln? Kein Gefangener darf persönliche Gegenstände bei sich führen. Und dann noch ein Buch.« Ihre Augen glommen wie zwei Kohlestücke. »Damit hast du dich noch eines zweiten Vergehens schuldig gemacht. Die Liste wird länger und länger.«
»Nur wenn man unterstellt, dass sie den Gefangenen tatsächlich befreit hat. Wofür es keinen Beweis gibt«, mischte sich die Ratsvorsitzende Noreia ein. »Dafür, dass sie gelauscht hat, kann man sie ja wohl schlecht verurteilen. Bei uns gilt nach wie vor jeder als unschuldig, bis sein Vergehen zweifelsfrei bewiesen wurde. Oder habt Ihr einen Beweis, der Eure Verdächtigung untermauern könnte?«
»Wozu? Es ist doch eindeutig, dass Juna verhext wurde. Der Kirchenmann hat sie mit Zauberworten aus seinem Buch eingelullt und ihr befohlen, ihn und den anderen aus seinem Gefängnis zu befreien. Dass ihm das nur zum Teil gelungen ist, haben wir nur einem ungeheuren Zufall zu verdanken. So ist uns wenigstens der eine Gefangene geblieben. Doch wir werden nicht aufhören, nach dem anderen zu suchen, da könnt Ihr sicher sein.«
»Wie verfahren wir denn jetzt mit Juna«, wollte Arkana wissen. »Wir müssen eine Entscheidung treffen.«
Edana reckte ihr Kinn vor. »Sie steht unter dringendem Verdacht, einen verurteilten Gefangenen begünstigt zu haben. Sie darf dieses Haus auf keinen Fall verlassen.«
»Das ist ungeheuerlich«, protestierte Juna. »Ich habe nichts getan. Ist das die neue Rechtsprechung, dass man Menschen einsperren darf, nur weil man sie irgendeiner Sache verdächtigt? Wenn das Euer Einfluss ist, Edana, dann ist es eine Saat des Bösen. Ihr wollt mich und meine Mutter gegeneinander ausspielen, um Eure Macht im Rat zu festigen.«
»Blasphemie!« Edana trat vor, als wolle sie Juna die Augen auskratzen. Sollte sie nur kommen. Juna würde ihr eine Lektion erteilen, die sie so bald nicht vergessen würde.
Doch sie schien es sich anders überlegt zu haben. »Wie kannst du es wagen, so mit mir zu sprechen? Ich bin ein angesehenes Mitglied des Hohen Rates.«
»Und wenn Ihr die Ratsvorsitzende persönlich wärt. Ich bin noch lange nicht fertig,
Ratsherrin.
« Juna spie das Wort aus, als bestünde es aus Gift und Galle. »Es ist eine Schande, wie mit den Gefangenen umgegangen wird, und es ist eine Schande, wie angesehene Bürgerinnen dieser Stadt verunglimpft werden. Habt Ihr vergessen, dass ich vor kurzem für mein heldenhaftes Verhalten in Alcmona ausgezeichnet wurde? Damals habt Ihr mich noch über den grünen Klee gelobt, und heute wollt Ihr mich einsperren, gerade wie es Euch beliebt. Ich war so dumm, mich vor Euren Karren spannen zu lassen, doch das ist nun vorbei, Edana. Ihr habt mir die Augen geöffnet.«
»Da hört Ihr’s«, empörte sich Edana. »So kann nur jemand sprechen, der verhext wurde. Ich erweitere meinen Antrag auf eine Gefängnisstrafe von mindestens einer Woche. Dann sehen wir weiter.«
Die Ratsvorsitzende Noreia hob ihre Hände. »Würdet ihr wohl bitte beide schweigen. Es hat keinen Sinn, dass wir so weitermachen. Hier steht Aussage gegen Aussage. Ohne Zeugin werden wir hier nicht weiterkommen.« Sie wandte sich nach rechts. »Gwen, würdest du bitte vortreten?«
Juna konnte
Weitere Kostenlose Bücher