Das verbotene Eden 02 - Logan & Gwen
letzter Blick in den Spiegel, die Fingernägel gereinigt, dann verließ sie das Haus.
2
V or der Haustür wurde sie bereits erwartet. Mit stolz erhobenem Haupt präsentierte Füchschen ihren neuesten Fang: eine wohlgenährte Maus mit weißem Bauch und langem Schwanz.
Zum ersten Mal an diesem Morgen musste Gwen lächeln. Sie liebte ihre Katze über alles, aber was dieser rotgestreifte Tiger jeden Tag an Mäusen erbeutete, ging auf keine Kuhhaut. Sie hatte ja gehört, dass die Roten besonders gute Mäusefänger seien, aber die Wirklichkeit übertraf die Geschichten bei weitem. Wenn sie gewusst hätte, was da auf sie zukam, hätte sie es sich an diesem schicksalhaften Tag vor einigen Wochen, als sie mit Juna über den großen Markt von Glânmor geschlendert war, vielleicht anders überlegt.
Andererseits – nein.
Füchschen war ihr Ein und Alles. Niemals hätte sie eine andere Katze haben wollen. Sie kniete sich hin und kraulte ihr das Kinn. Füchschen brummte und schnurrte, dass man glauben konnte, sie habe eines dieser mechanischen Wunderwerke verschluckt, wie sie drüben in der Schmiede von Meisterin Helma hergestellt wurden. Ihre Mundwinkel waren zu einem breiten Katzengrinsen verzogen.
»Was hast du mir denn heute wieder Schönes mitgebracht? Lass mal sehen. Ah, ein saftiger Braten. Nichts für mich, das weißt du ja. Aber es gibt sicher andere, die sich riesig über so einen Happen freuen würden.« Gwen packte die Maus am Schwanz und hob sie in die Höhe. »Also, was soll ich damit machen?«
Füchschen blickte sie erwartungsvoll an. Sie war noch zu klein, um einen ganzen Nager zu verdrücken, was sie aber nicht davon abhielt, dauernd neue zu erbeuten.
»Weißt du was«, schlug Gwen vor, »ich bringe sie Freya. Magdalenas alte Katze kann selbst keine Mäuse mehr fangen und wird sich über das Geschenk bestimmt freuen. Im Gegenzug überlässt mir Magdalena vielleicht etwas Sahne. Da stehst du doch drauf, oder? Sahne gegen Maus, kein schlechter Tausch.«
Füchschen fing an, Gwen um die Beine zu streichen. Ihre ganze Haltung drückte Wohlbefinden aus. Nur mit Mühe konnte sich Gwen losreißen. Wie gerne hätte sie jetzt mit ihrer kleinen Freundin den Tag verbracht, aber die Arbeit rief. Sie war eh schon spät dran, und Magdalena hasste Unpünktlichkeit.
»Tut mir leid, ich muss los«, sagte sie. »Ich werde nicht zu lange fortbleiben, versprochen. Pass in der Zwischenzeit ein bisschen aufs Haus auf, und bitte, tu mir einen Gefallen …«, sie lächelte gequält, »keine Mäuse mehr. Mein Bedarf für heute ist gedeckt.«
Von ferne erklang der erste Morgengruß.
Gwen sprang auf, strich ihr Kleid glatt und marschierte los.
Die Häuser der Heilung lagen im Osten, gleich gegenüber den Kasernen, in denen die Brigantinnen ausgebildet wurden. Sie selbst wohnte im Westen, so dass sie einen langen Fußweg vor sich hatte. Zum Glück musste sie nicht außen herumlaufen, sondern konnte die Abkürzung über die Insel nehmen. Das wurde zwar von den Wachen nicht gerne gesehen, sparte aber eine Menge Zeit. Gwen schulterte ihre Tasche und eilte halb laufend, halb gehend die Straße hinunter.
Das Tal lag im Nebel. Die Sonne hatte den unteren Teil des Kraters noch nicht erreicht und lediglich den See in ein geheimnisvolles Zwielicht getaucht. Gwen blickte zum heiligen Berg hinauf. Auf seinen Flanken schimmerte golden der junge Morgen. Der Tempel selbst lag bereits im Licht, so dass die Strahlen von den Fenstern reflektiert wurden. Gwen konnte die aufwendigen Glasarbeiten sehen, mit denen der Eingangsbereich rechts und links der Säulen verziert worden war. Auf ihnen – das wusste sie – war in farbigen Bildern die Schöpfungsgeschichte dargestellt. Das Leben in Unschuld, der Sündenfall des Mannes sowie die Vertreibung aus dem Paradies. Man sah, wie der Mann der Erbsünde anheimfiel, als er an den Grundfesten der Schöpfung rüttelte. Doch die heilige Dreifaltigkeit Ambeth, Borbeth und Wilbeth, die Göttinnen der Fruchtbarkeit, der Heilung und des Lichts, schoben der Sache einen Riegel vor. Sie verbannten die Männer in die Ruinenstädte und zwangen sie, zwischen Ratten und alten Steinen ein jammervolles Dasein zu fristen. Den Frauen aber boten sie die Möglichkeit, ihr Schicksal selbst zu bestimmen und ein neues Leben zu beginnen.
Die Geschichte hatte Gwen immer beeindruckt, zeigte sie doch, zu was Männer fähig waren. Seit Junas Verschwinden fand sie zunehmend Trost im Glauben. Das tägliche Gebet, die
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