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Das verbotene Eden: Magda und Ben: Roman (German Edition)

Das verbotene Eden: Magda und Ben: Roman (German Edition)

Titel: Das verbotene Eden: Magda und Ben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Krankenschwester an der Rezeption bat sie, einen Zettel auszufüllen und dann im Wartesaal Platz zu nehmen. Der Raum war brechend voll. Vor ihnen warteten sechzig bis siebzig Personen, und das waren noch längst nicht alle. Immer mehr Leute strömten nach ihnen in den Saal. Zum Glück ging es zügig voran. Am anderen Ende des Saals waren fünf Tische aufgebaut, an denen Mitarbeiter des Krankenhauses saßen und im Akkord arbeiteten, um dem Andrang Herr zu werden. Sie überflogen die Zettel, stellten Fragen und jagten jedem eine Spritze in den Arm.
    »Meinst du, wir tun das Richtige?« Ben war immer noch erschüttert über die Nachricht von seinem Dad. »Meinst du, wir sollen das Risiko wirklich eingehen?«
    Magda nickte entschlossen: »Unbedingt, ja. Du hast Dr. Steffens doch gehört, das Serum ist sicher. Ich verstehe, dass du Angst hast, aber glaube mir: Das geht jedem von uns so. Die Sache mit der Pandemie hat uns alle kalt erwischt.«
    Ben nickte. »Zu blöd, dass wir nicht mehr mit meinem Vater sprechen konnten. Ich hätte zu gerne gewusst, was er gemeint hat.«
    »Möglich, dass wir das nie erfahren werden«, sagte Magda. »Möglich, dass es auch gar nicht mehr wichtig ist. Du hast Steffens ja gehört, die neuen Tests konnten alle Bedenken zerstreuen. Und sieh selbst, wohin die Skepsis deines Vaters ihn gebracht hat. Hätte er sich impfen lassen, läge er jetzt nicht in Quarantäne.«
    »Vermutlich hast du recht«, sagte Ben nachdenklich. »Aber es ist schon komisch. Gestern war ich derjenige, der auf die Impfung gedrängt hat, heute du. Ich weiß auch nicht, warum ich heute zögere …«
    »Hauptsache, wir machen es. Sieh nur, du bist gleich dran. Bist du bereit?«
    »Mehr oder weniger.«
    »Na, dann los.«
    Die Angestellte vom Gesundheitsamt sah sichtlich mitgenommen aus. Vermutlich tat sie schon seit Stunden nichts anderes, als Leuten wie Ben Nadeln in den Arm zu jagen. Ohne ihn eines Blickes zu würdigen, streckte sie die Hand aus und nahm seinen Zettel im Empfang. Sie überflog die Angaben, dann griff sie neben sich in einen Pappkarton und nahm eine versiegelte Spritze heraus. »Bitte mal den Oberarm frei machen.«
    Ben öffnete sein Hemd, zog sein T-Shirt aus und hielt ihr die rechte Schulter hin. Sie träufelte etwas Äther auf einen Wattebausch, rieb über den Deltamuskel, dann riss sie die Verpackung der Spritze auf, drückte, bis keine Luft mehr in dem Glaskörper war, und stach ihm in den Oberarm. Danach klebte sie noch ein Pflaster darauf und bat ihn, sich wieder anzuziehen.
    »Der Impfschutz wird in ein bis zwei Wochen aktiv sein. Meiden Sie bis dahin größere Menschenansammlungen, waschen und desinfizieren Sie häufig die Hände, fassen Sie sich nicht ins Gesicht, und wenn Sie niesen müssen, bitte in die Armbeuge. Das wär’s. Der Nächste, bitte.«
    Ben stand auf und ging in Richtung Ausgang. Dort, wo die Nadel in den Muskel eingedrungen war, spürte er einen dumpfen Schmerz. Er glaubte zu fühlen, wie das Serum seinen Körper durchströmte. Kurz vor der Tür blieb er stehen, drehte sich um und wartete auf Magda. Sie zwinkerte ihm zu und öffnete dann ihre Bluse. Ben versuchte zu lächeln, doch es fiel ihm schwer. Er konnte sich nicht helfen, aber er hatte das Gefühl, einen riesengroßen Fehler begangen zu haben.

8
    Zwei Wochen später
    D er Monat September zeigte sich zum Ende hin noch einmal von seiner schönsten Seite. Spätsommerliche Temperaturen und ein strahlend blauer Himmel lockten die Menschen zu Tausenden nach draußen. Vorbei das graue Wetter und der Regen, vorbei aber auch die Angst vor der großen Pandemie. Die Krankheit war weitergezogen – zuerst in den Norden und Osten Europas, später dann nach Nord- und Südamerika, wo es zu einigen hundert Todesfällen gekommen war. Im Großen und Ganzen waren sie noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen. Dank einer lückenlosen und globalen Versorgung mit Impfstoff war man überall auf das Eintreffen der Krankheitserreger vorbereitet und konnte größeren Schaden von der Bevölkerung abwenden. Ärmere Länder, die sich das Medikament nicht leisten konnten, wurden großzügig beschenkt und mit Hilfslieferungen aus den Industrieländern versorgt. Zwar kursierte das Virus noch immer in einigen Teilen der Welt, doch der große Ansturm war überstanden.
    Bens Vater war wieder zu Hause, musste aber noch für einige Zeit das Bett hüten. Die Krankheit hatte ihn schwer mitgenommen. Er war abgemagert, blass und kraftlos, und Ben hatte

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