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Das verbotene Glück der anderen

Das verbotene Glück der anderen

Titel: Das verbotene Glück der anderen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manu Joseph
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an sein Gesicht. Ein gut aussehender Junge. Sein Gesicht, sein Blick hatten etwas Besonderes. Er war jünger als Alpha. Er sagte mir, er sei siebzehn.»
    Der Junge unterhält sich mit dem Arzt über den Zweierwahn. «Dieser Junge wusste sehr viel über das Thema. Ganz offensichtlich hatte er etwas darüber gelesen. Er kannte sogar meine Haltung zum Massenwahn.»
    Irgendwann erzählt der Junge dem Arzt von seiner Hypothese – dass jeder menschliche Wahn darauf abzielt, sich in anderen Gehirnen auszubreiten. Selbstverständlich nimmt Iyengar die Theorie eines Teenagers nicht so ernst, dass er ihm seine wissenschaftliche Meinung kundgetan hätte, doch das anschließende Gespräch macht ihm Spaß.
    «Es war ein anregendes Gespräch. Es machte mir Spaß, mich mit ihm zu unterhalten.»
    Der Junge fragt ihn, ob die Möglichkeit bestehe, dass die Erleuchtung nichts als ein schizophrener Zustand sei. All die Weisen, die auf ihrer Wahrheitssuche unter tropischen Bäumen zu Ameisenhaufen wurden, und all die Heiligen und Götter könnten doch einfach Schizophrene gewesen sein. Iyengar erkennt unter komplizierten Einschränkungen an, dass er Patienten gesehen hat, die das Erleuchtungssyndrom zeigen, die glauben, sie seien eins mit dem Universum, und meinen, ihre Körper seien nur Vehikel eines ewigen Zustands. Iyengar hat Leute gesehen, die glauben, sie seien Götter mit vielen Armen und Händen, Dämonen mit vielen Köpfen, Riesen von astronomischer Größe, ja, sogar erleuchtete, weiße, sprechende Tauben. Er ist Menschen begegnet, deren Träume kodierte Botschaften aus dem Himmel enthielten. Dass Männer und Frauen, deren Geisteskrankheiten in der heutigen Neuropsychiatrie präzise Namen haben, zu anderen Zeiten Götter gewesen sind, findet der Junge witzig. Dass das Streben nach der Wahrheit aller Wahrscheinlichkeit nach ein Weg ist, den Schizophrene aus alten Zeiten hinterlassen haben, findet er witzig und seltsam befriedigend.
    «Während wir plauderten, wurde dem Jungen wahrscheinlich irgendwann klar, dass ich das Gespräch nicht weiterführen konnte. Meine Arbeit wartete auf mich. Doch er wollte meine Aufmerksamkeit nicht verlieren und musste sich deshalb etwas einfallen lassen. Er hatte über mich recherchiert, Ousep, und wusste eine Menge über mich, auch, auf was ich hereinfallen würde. Er sagte zu mir: ‹Doktor, ich kenne jemanden mit dem Cotard-Syndrom.› Ich war total begeistert. Der Junge hatte mich an meiner Schwachstelle erwischt. Das Cotard-Syndrom ist eine sehr seltene Form der Schizophrenie, die auch Lebende-Leiche-Syndrom genannt wird. Jemand mit diesem Leiden hat das Gefühl, eine lebende Leiche zu sein, innerlich zu verfaulen und in Wirklichkeit tot und daher im Zustand der Ewigkeit zu sein. Es ist ein seltsamer, philosophischer Zustand, doch gleichzeitig eine extrem schwere Depression. Der Selbstmord unterbleibt nur deswegen, weil die Leiche denkt, sie sei sowieso bereits tot. Ich hatte noch nie direkt mit jemandem gesprochen, der das Cotard-Syndrom hat. Nicht viele Ärzte auf der Welt haben Gelegenheit dazu. Und hier saß ein Junge in meinem Zimmer, der behauptete, er kenne jemanden mit diesem Leiden. Jemand, der ihm sehr nahestehe, sagte er, gab aber keine weiteren Details preis.»
    Über einen Zeitraum von vier Wochen treffen sich der Junge und Iyengar mehrmals. Der Junge möchte die Welt des Wahns verstehen, und Iyengar will die Leiche treffen. Sie sind stundenlang zusammen, Iyengar lässt ihn sogar ein paar seiner Patienten treffen. Die beiden bilden ein seltsames Gespann. Jedes Mal, wenn sie sich sehen, fragt Iyengar den Jungen nach der Leiche, und der Junge sagt, die Leiche sei noch nicht bereit, den Arzt zu treffen. «Eines Tages verschwand der Junge einfach. Er kam nicht mehr hierher. Ich habe ihn nie mehr gesehen. Das ist drei Jahre her.»
    Iyengar lehnt sich im Sessel zurück und verschränkt die Finger.«Jetzt habe ich Ihnen alles gesagt, was Sie wissen wollten. Haben Sie etwas, das Sie mir gerne erzählen würden?»
    «Der Junge heißt Unni.»
    «Unni, ja, so hieß er. Unni Chacko.»
    Der Arzt beugt sich vor und fragt leise, jedoch ohne Mitleid oder Neugier oder Angst: «Wo ist Unni?»
    «Er ist tot.»
    Iyengar nickt. «Wie ist er gestorben?»
    «Er hat sich umgebracht.»
    Iyengar nickt wieder. «Wann war das, Ousep?»
    «Vor drei Jahren. Am sechzehnten Mai 1987.»
    «Und Sie haben versucht, herauszufinden, warum er gestorben ist?»
    «Ja. Alpha war einer von denjenigen, die ich traf. Er

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