Das verbotene Land 1 - Die Herrscherin der Drachen
es gibt mir Hinweise auf das Wesen dieses Drachen.«
Edward dachte einen kurzen Augenblick nach. »Es begann mit einem Angriff auf das Dorf Apfield im Westen des Reiches.«
»Aha«, folgerte Drakonas. »Dann können wir davon ausgehen, dass es sich um einen männlichen Drachen handelt. Drachenweibchen neigen nicht zu sinnloser Verwüstung. Sie gehen eher mit List und Tücke vor.«
»Da sind sich wohl alle weiblichen Wesen einig«, bemerkte Edward. Ein kurzes Lächeln stahl sich in seine Augen.
Drakonas reagierte nicht auf diese Bemerkung. »Einzelheiten spielen für mich eine große Rolle. Bitte fahrt fort.«
Mit einem Blick forderte Edward Gunderson auf, den Bericht fortzusetzen.
»Nach dem Angriff auf Apfield kamen Meldungen aus fast jedem Teil des Reiches: getötete Rinder, gestohlene Schafe, panische Menschen, zerstörte Häuser. Trotz gegenteiliger Gerüchte gab es bisher keine Todesopfer«, erzählte Gunderson, »aber das ist nur eine Frage der Zeit.«
»Aha. Und was habt Ihr bisher gegen den Drachen unternommen?«
»Wir haben die Ritter seiner Majestät zusammengerufen und darauf gewartet, dass das Ungeheuer erscheint. Daraufhin sind wir sofort auf Drachenjagd ausgezogen. Aber mit einem Drachen, der fliegt wie der Winterwind, können unsere Rösser nicht mithalten.«
»Wo wir auftauchten, tauchte der Drache ab«, warf Edward ein. »Er schien sich einen Spaß daraus zu machen, entweder kurz vor unserem Eintreffen oder gleich nach unserem Fortreiten in Erscheinung zu treten. Als wollte er uns zum Narren halten.«
»Aus der Luft kann der Drache Eure Wege beobachten«, pflichtete Drakonas seiner Einschätzung bei. »Eine große, berittene Truppe ist für ihn leicht zu erkennen, und er kann sich tatsächlich viel schneller fortbewegen als Ihr. Auf diese Weise erwischt Ihr ihn nie.«
»Wie dann?«, brauste Edward auf und schlug mit beiden Händen auf die Armlehnen seines Stuhls. »Was kann man denn machen? Jemand muss diesen Drachen in seine Schranken weisen!« Er sprang auf und begann, ruhelos im Zimmer auf und ab zu laufen.
Drakonas tat, als würde er intensiv über die Sache nachdenken. »Ich würde sagen, Ihr habt ein echtes Problem. Ein Drache – zweifellos ein junges Männchen – hat sich in Eurem Reich häuslich niedergelassen. Vermutlich in einer Höhle irgendwo am Fluss.«
»Häuslich niedergelassen?« Edward klappte der Kiefer herunter. »Ihr meint, er hat vor, auf Dauer hier zu bleiben?«
»Ich fürchte, ja. Drachen unterscheiden sich in ihren Vorstellungen und Handlungen gar nicht so sehr von den Menschen. Junge Männer sind im Grunde überall gleich. Gewiss habt Ihr in Eurer Jugend auch die eine oder andere übereilte oder tollkühne Tat gewagt.«
Edward wechselte ein verlegenes Lächeln mit Gunderson. Alle beide schienen an bestimmte, lieb gewordene Erinnerungen zurückzudenken. »Schon möglich.«
Er kehrte zu seinem Stuhl zurück, warf sich darauf, streckte die Beine lang aus und starrte trübsinnig auf seine Stiefel.
»Ich verstehe, was Ihr meint, Meister Drakonas. Dieser Drache ist jung, unbekümmert und tollkühn.«
»Genau. Er hat keine Ahnung, was er anrichtet, allerdings dürfte es für ihn auch keine große Rolle spielen. Er denkt nur an sein persönliches Vergnügen und daran, die jungen Weibchen auf sich aufmerksam zu machen.«
»Und wie lange geht das noch so weiter?«, wollte Edward wissen.
»Drachen werden sehr alt, Eure Majestät. Die Jugend eines Drachen kann sich über Jahrhunderte hinziehen.«
»Gott bewahre! Ihr müsst etwas unternehmen! Wir müssen seine Höhle ausfindig machen und ihn im Schlaf erwischen. Ihr schüttelt den Kopf, aber …«
»Unmöglich. Erstens könntet Ihr Euer Leben lang suchen, ohne sie zu finden. Drachen sind sehr gewitzt darin, ihren Hort zu verbergen. Zweitens brauchtet Ihr eine gewaltige Streitmacht, um ihn zu bekämpfen. Tausend Ritter wären nicht zu viel.«
»Tausend«, stöhnte Edward. »Ich hatte schon Mühe, zwanzig zusammenzutrommeln.«
»Und selbst wenn Ihr tausend hättet, würde Euch der Drache schon aus meilenweiter Entfernung hören und sehen. Dann hätte er genügend Zeit, seine Verteidigung vorzubereiten oder rechtzeitig zu fliehen. Es gibt allerdings einen Weg, dieser Bedrohung Herr zu werden«, fügte Drakonas eilig hinzu, als er sah, dass der König in Verzweiflung versank.
»Ja?« Edward schöpfte neue Hoffnung und setzte sich auf.
»Aber dazu braucht Ihr Mut. Mut und Opferbereitschaft.«
»Um mein Königreich
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