Das verbotene Land 1 - Die Herrscherin der Drachen
er zu sagen hat. Aber doch nicht allein mit ihm in die Wildnis ziehen!«
»Da fällt mir etwas ein«, sagte Edward. »Du hast die Magie erwähnt. Stellen wir ihn doch auf die Probe.« Er erhob die Stimme. »Meister Drakonas, Ihr sagtet, ich müsse mich mit Magie rüsten. Was ist das für Magie? Und wer soll mich damit ausrüsten?«
»Ich, Majestät.«
»Es erscheint Euch sicher nicht vermessen, wenn ich um ein Zeugnis Eurer Kunst bitte.« Er warf einen Blick auf Gunderson, als wollte er sagen: »Jetzt haben wir ihn.«
Drakonas zuckte mit den Schultern. Wieder einmal nahm er den Lederbeutel vom Ende seines Stabes, schob die Hand hinein und zog diesmal einen hühnereigroßen, gelben Topas hervor. Der Edelstein war so geschliffen, dass er oben glatt abgerundet, an den Seiten facettiert und unten flach war. Drakonas ging zu dem Tisch, an dem der König gearbeitet hatte, und platzierte den Stein auf einen Bogen Pergament.
»Ein hübsches Kleinod«, bemerkte Edward, der herüberkam, um ihn zu begutachten. »Wollt Ihr ihn fliegen lassen? Durchs Fenster schweben?«
Drakonas antwortete nicht. Er hielt eine Hand über den Edelstein und sprach ein leises Wort. Der Topas begann, ein unheimliches, gelbes Licht auszustrahlen. Amüsiert betrachteten der König und Gunderson den leuchtenden Stein, ohne sich ihm zu nähern.
»Bemerkenswert«, meinte Edward. »Wozu soll das gut sein?«
»Ihr habt das Fenster erwähnt«, antwortete Drakonas. »Dieser Topas ist ein Fenster, ein magisches Tor, das ich allein zu öffnen vermag. Tretet näher, und seht hindurch.«
Edward schaute Gunderson an, der ein sehr finsteres Gesicht machte und murrte: »Das ist doch ein Trick.«
»Wenn ja, dann ein sehr guter«, räumte Edward ein. Er sah Drakonas an. »Kommt schon. Wie kriegt Ihr ihn so zum Leuchten? Ah, ich weiß! Ist das eines dieser Prismen, die in der Lage sind, Sonnenlicht zu speichern?«
»Er kann mehr als leuchten«, mahnte Drakonas. »Seht hinein.«
Edward lachte, zuckte mit den Achseln, bückte sich und schaute in den Stein.
Dann wurden seine Augen groß. Erschüttert kam er näher an den Stein heran. Das merkwürdige, gelbe Licht verbreitete einen strahlenden Glanz auf seinem Gesicht.
»Da … da ist jemand drin!« Ungläubig, aber beeindruckt hob er den Kopf. »Wer ist das?«
»Ihren Namen kenne ich nicht«, gab Drakonas zu. »Ich weiß nur, dass sie eine Priesterin ist, die der Drachenmeisterin dient. Eine schöne Frau, nicht wahr?«
»So etwas habe ich wahrlich noch nie gesehen«, murmelte Edward, den es wieder zu dem Edelstein zog. »Sie bewegt die Lippen. Sie will etwas sagen …«
Rasch legte Drakonas seine Hand auf den Topas, um den Zauber zu brechen. Das Licht verschwand und mit ihm auch das Bild der Priesterin, die in die magische Steinschale geblickt und über dieses Medium mit dem Drachen Bran gesprochen hatte. Diese Unterhaltung wollte Drakonas den König nicht hören lassen. Obwohl das Reich Seth seit Jahrhunderten von Idlyswylde abgeschottet war – so viele Jahre, dass beide Reiche ihren Nachbarn vergessen hatten –, hatte es einstmals Handel zwischen ihnen gegeben, und sie bedienten sich der gleichen Sprache.
»Ich will hören, was sie sagt!«, beharrte Edward.
»Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt dafür.«
»Es war ein Trick, Majestät«, knurrte Gunderson. »Gebt den Stein einmal her.«
Bereitwillig händigte Drakonas ihm den Edelstein aus. Gunderson schüttelte ihn und spähte hinein. Dann nahm er eine Lupe und inspizierte den Stein aus jeder Richtung. »Ein ganz gewöhnlicher Topas«, konstatierte er schließlich. »Nicht einmal besonders wertvoll. Der Stein hat ein paar Mängel.«
Er bot ihn Edward an, der jedoch den Kopf schüttelte. Dann gab er ihn Drakonas zurück, welcher ihn wieder in den Beutel steckte.
»Wie habt Ihr das gemacht?«, erkundigte sich Gunderson erneut.
»Wie ich schon sagte: Magie.« Drakonas zuckte mit den Schultern. »Meine Magie. Die Magie, die Euch in das verzauberte Königreich einlassen wird.«
Edward holte hörbar Luft und ließ sie langsam wieder entweichen. »Wie lautet Euer Plan?«
»Alles zu seiner Zeit, König Edward. Zunächst müssen wir über meine Entlohnung reden. Einhundert Goldstücke. Fünfzig gleich, fünfzig, sobald der Drache erfolgreich vertrieben ist.«
Edward blinzelte verwundert. »Das ist eine enorme Summe!«
»Man möchte beinahe sagen, ein kleines Vermögen«, bestätigte Drakonas. »Andererseits – was ist das schon, verglichen mit
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